Der Wuestenplanet - Paul Atreides
traten durch das Tor und zwischen die dicken Mauern des Klosters.
Im Namen des Herzogs erbaten sie Asyl, und widerwillig versorgten die Einsamen Schwestern sie mit einer Unterkunft, jedoch ohne allzu freundliches Willkommen. Die Frauen trugen unbequeme schwarze Kleider, und viele hatten dunkle Kopftücher auf, während andere die Gesichter hinter grobmaschigen Schleiern verbargen. Wenn überhaupt, sprachen sie wenig, und offenbar waren sie besser darin, Mauern zu errichten als Brücken.
Die Einsamen Schwestern hatten praktisch keinen Kontakt mit der Außenwelt, obwohl sie für ihre handgefertigten Wandteppiche bekannt waren. Den meisten Frauen sagte man nach, dass sie aufgrund psychischer Verletzungen hierhergekommen waren, wegen Narben, mit denen sie anderswo nicht leben konnten. Paul hatte den Verdacht, dass sie einfach nur gemeinsam in ihrem Kummer schwelgten und sich so gegenseitig schützten.
Bei Sonnenuntergang zerriss ein blecherner Glockenklang die unheimliche Stille über dem Kloster und rief alle zum Abendessen in einer großen Messe zusammen. Es war ein einfaches Mahl: Brot, Früchte, Gemüse und konservierter Fisch. Sie tranken Wasser, das aus Urwaldquellen hervorsprudelte und in die Abtei gepumpt wurde.
Goire setzte sich allein an einen kleinen Tisch am anderen Ende der Halle und ging selbst den beiden Neuankömmlingen aus dem Weg. Offenbar durfte er nicht gemeinsam mit den Schwestern essen. Man hatte ihn nach dem Tod von Victor und Kailea dazu verurteilt, hier zu leben, als einer der wenigen Männer im Kloster.
Der große Stuhl am Kopf der langen Tafel blieb leer, und Paul fragte sich, ob seine Großmutter noch erscheinen oder sie mit Nichtachtung strafen würde. Er war begierig darauf, diese Frau kennenzulernen, deren Name in der Burg nur selten laut ausgesprochen wurde. Obwohl er versucht hatte, Einzelheiten aus Duncan, Gurney und Thufir herauszuquetschen, hatten sie ihm nur mit knappen, abweisenden Bemerkungen geantwortet.
Schließlich, als gäbe es eine telepathische Verbindung zwischen ihnen, drehten sich alle schweigenden Schwestern zu einer Holztür am anderen Ende des Speisesaals um. Die Tür öffnete sich, und eine hochgewachsene, verhüllte Frau trat ein.
Sie trug einen schwarzen Schleier vor dem Gesicht, und ihr Halstuch war mit richesischen Schaltkreis-Stickereien verziert. Die Frau ging lautlos durch den Saal und blieb mit geradem Rücken neben ihrem Stuhl stehen. Paul fand ihren Anblick unheilverkündend – sie sah aus wie eine alte, abergläubische Darstellung des Sensenmannes. Als sie den beiden Besuchern ihr verhülltes Gesicht zuwandte, fiel Paul auf, dass sich Swain Goire an seinem Wandplatz von ihr weggedreht hatte.
Die Äbtissin nahm ohne ein Wort ihren Platz ein. Paul überlegte, ob er sich vorstellen und seine Fragen vorbringen sollte. Duncans Hand, die auf dem Tisch lag, verkrampfte sich.
Nach einem langen, unangenehmen Moment hob die Frau die Hände in den schwarzen Handschuhen, fasste an die Seiten ihrer Kapuze, zögerte, als hätte sie Angst, und schlug dann den Stoff zurück, so dass ihr dunkles, braunlockiges, von Silbersträhnen durchzogenes Haar zum Vorschein kam. Sie rollte den Schleier herunter, der ihr Gesicht verbarg, und Paul sah zum ersten Mal seine Großmutter väterlicherseits.
Ihre Gesichtszüge waren hager und streng, doch er erkannte Andeutungen der Züge seines Vaters. Lady Helena aus dem Haus Richese hatte Herzog Paulus Atreides geheiratet, und ganz offensichtlich hatte sie ihre fürstliche Haltung nicht vergessen. Ihre Stimme wirkte gebrochen und rostig, als hätte sie sie lange nicht benutzt. »Bei diesem Mahl erkenne ich dich vorläufig als meinen Enkel an, Junge. Aber erwarte kein liebevolles Willkommen und kein feierliches Bankett.«
»Trotzdem erwarten wir Höflichkeit und Ihre Garantie für unsere Sicherheit«, warnte Duncan sie.
»Höflichkeit ...« Helena schien zu überlegen. »Da verlangen Sie eine ganze Menge.«
Goire stand auf, und die versammelten Frauen zuckten zusammen. »Und Sie werden es ihnen gewähren. Sie haben jedes Recht, uns darum zu bitten, und wir sind in jeder Hinsicht dazu verpflichtet, ihre Bitte zu erfüllen.«
Helena schürzte missbilligend die Lippen. »Nun gut. Sie sind hier, und ich werde erfahren, warum ... aber später. Vorerst lasst uns in Ruhe essen. Schweigend.«
50
Die Politik ist ein verworrenes Netz, ein kompliziertes Labyrinth, ein sich ständig veränderndes Kaleidoskop. Und sie ist keine
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