Der Wuestenplanet - Paul Atreides
während Letos tiefster Trauer nach Victors Tod war Jessica schwanger geworden. Paul begriff, dass er sein Leben, seine gesamte Existenz, in gewisser Weise dieser Tragödie verdankte ...
Er sah seine Mutter die schwarzen Felsstufen heraufkommen, und wenig später stand sie neben ihm auf der Freifläche am Fuß der Statuen. Der salzige Wind wehte ihr bronzene Haarsträhnen ins Gesicht. »Ich dachte mir, dass du vielleicht hier bist, Paul. Manchmal komme ich selbst an diesen Ort, um mich mit meinen eigenen Fragen zu beschäftigen.«
Er blickte zu den Steinfiguren und auf die hellen Flammen in den Kohlepfannen. »Geben sie dir manchmal Antworten?«
»Nein, die Antworten müssen von uns selber kommen.« Sie lächelte ihn an. »Es sei denn, du möchtest mit mir sprechen.«
Er platzte ohne nachzudenken mit einer Erwiderung heraus. »Wenn mein Vater Ilesa Ecaz heiratet, bleibe ich dann sein Erbe? Was ist meine Stellung im Haus Atreides?«
»Leto hat dich zum Nachfolger bestimmt, Paul. Du bist sein Sohn.«
»Ich weiß, aber wenn er ein weiteres Kind mit Ilesa zeugt, seiner legalen Ehefrau, wird dieser Junge mich dann nicht als rechtmäßigen Erben ablösen?«
»Träumst du von der Thronfolge, Paul?«, fragte Jessica sanft. »Willst du Herzog werden?«
»Thufir sagt, dass jemand, der Herzog werden will, kein besonders guter Herzog wäre.«
»Das ist die Ironie der politischen Realitäten. Dein Vater hat versprochen, dass sich nichts an deinem und meinem Status ändern wird. Vertrau ihm.«
»Aber wie kann er das versprechen? Hat er nicht auch dem Erzherzog Ecaz Versprechungen gemacht?«
»Dein Vater hat vielen Menschen etwas versprochen. Die Herausforderung für ihn wird darin bestehen, all diese Versprechen ins Gleichgewicht zu bringen und zu halten – und du weißt, dass er das versuchen wird. Sein Ehrgefühl ist sein wertvollstes Kapital.«
»Findest du, dass mein Vater dich oder uns betrügt, indem er eine andere Frau heiratet?« Paul beobachtete aufmerksam den Gesichtsausdruck seiner Mutter. Er sah die unmerklichen Anzeichen von Verwirrung und Unschlüssigkeit, als ihr von den Bene Gesserit trainierter Verstand sich darum bemühte, das Notwendige zu akzeptieren. Doch ganz gleich, wie sehr Jessica versuchte, sich selbst zu überzeugen, war sie doch auch eine Frau, ein menschliches Wesen. Sie hatte Gefühle.
»Ich habe mich unter ähnlichen Umständen schließlich auch mit Kailea Vernius abgefunden«, sagte sie. »Ich kannte meinen Platz, und Leto kannte seinen.«
»Aber Kailea hat das nicht akzeptiert. Ich weiß, was geschehen ist.«
»Deine Großmutter Helena auch nicht. Dein Vater weiß, dass er sich auf dünnes Eis begibt, aber ich werde nicht versuchen, es ihm auszureden.«
Jessica wandte sich von den Statuen ab und überraschte Paul, indem sie ihn stürmisch umarmte. Tränen standen in ihren Augen, doch sie wischte die Feuchtigkeit weg. »Denk immer an eines, Paul. Dein Vater liebt dich wirklich.«
Ja, das wusste er auf eine Art und Weise, die jenseits von Politik oder Logik lag. »Das werde ich nie vergessen.«
Ein Monat verging, und die Hochzeit rückte näher. Paul gab sich alle Mühe, sich auf seine zahlreichen Pflichten und Verantwortlichkeiten als Sohn des Herzogs zu konzentrieren.
Täglich trainierte Paul mit Thufir Hawat. Nach und nach stellte der Waffenmeister den Trainingsmek auf immer höhere Fertigkeitsstufen ein, als wollte er damit seiner eigenen Wut Ausdruck verleihen. Der alte Mentat hatte dem Haus Atreides mehrere Generationen lang gedient. Er hatte den alten Paulus und Helena bei ihren legendären Streitereien beobachtet und zugesehen, wie die Beziehung von Leto und Kailea der Katastrophe entgegengeschlingert war. Doch in seiner Position als Assassinenmeister der Atreides ignorierte er die persönlichen Angelegenheiten des Hauses, es sei denn, sie konnten die herzogliche Sicherheit beeinträchtigen.
Paul kämpfte gegen den Mek, duckte sich unter seinen peitschenden Metallarmen hindurch und parierte mit dem Kurzschwert. Da das geistlos reagierende Gerät einen eigenen Schild erzeugte, konnte er den langsamen Messerstich durch den Widerstand üben, bei dem er seine Stoßgeschwindigkeit anpasste, damit die Klinge durchdrang. Nach jedem erschöpfenden Übungskampf spielte Thufir Pauls Bewegungen noch einmal als Holobild ab, damit er die Stärken und Schwächen des Jungen kritisieren und einschätzen konnte.
Nun partitionierte Paul seinen Geist, wie seine Mutter es ihm
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