Der wundersame Fall des Uhrwerkmanns: Roman (German Edition)
du nicht einfach deine blöde Fresse?«
»Betsy, unmittelbar hinter dir ist eine Müll-Krabbe«, rief Swinburne mit schriller Stimme.
Betsy kicherte irr. »Dämliche feine Pinkel!«
»Sie werden …«, setzte Burton an.
Die Prostituierte stieß einen durchdringenden Schrei aus und riss die Peitsche hoch, um damit zuzuschlagen. Burton zuckte in Erwartung eines Treffers zusammen, doch der Riemen der Knute verfing sich bei seinem Schwung nach hinten an einem der Sammelarme, der aus dem Bauch der schwerfälligen Maschine ragte. Der Peitsche wurde ein heftiger Ruck versetzt, der das Freudenmädchen von den Beinen riss. Sie fiel ausgestreckt nach hinten und rollte unter die stetig vorrückende Krabbe. Die vierundzwanzig Metallarme schlugen und hieben im selben Moment wild auf sie ein. Sie kreischte, wand sich und verlor die Besinnung. Sekunden später erstarrte die Müll-Krabbe, als das Sicherheitssystem ansprach. Auf dem Rücken der Maschine öffnete sich ein Ventil, und unter hohem Druck stehender Dampf entwich pfeifend. Die Notsirene begann zu heulen.
Burton ging auf den Mechanismus zu und bückte sich, um zu dem ausgestreckt darunterliegenden Körper zu spähen.
»Ist sie tot?«, fragte Swinburne, die Stimme über den Lärm erhoben.
»Nein, sie hat nur Kratzer und blaue Flecken.«
Der Dichter seufzte erleichtert. »Gott sei Dank! Sie gehört zu meinen Lieblingsdirnen.«
»Immer noch?«
Swinburne nickte, lächelte und zuckte mit den Schultern. Seine Hose rutschte nach unten.
»Zuck nicht noch mal mit den Schultern, bis du einen neuen Gürtel hast«, riet ihm Burton. »Komm, lass uns von diesem verdammten Lärm verschwinden. Die Frau kommt bereits wieder zu sich, und die Sirene der Krabbe wird in Kürze die Aufmerksamkeit der Polizei erregen. Soll die sich darum kümmern. Ich habe genug davon.«
Sie kehrten zu ihren Hochrädern zurück, ließen die Motoren wieder an und lenkten an dem sperrigen Straßenreinigungsgerät vorbei.
»Au! Ha! Ja! Oh!«, rief Swinburne. »Meine Güte, Richard! Diese Knochenschüttler sind eine höllische Wohltat für ein wundgeschlagenes Hinterteil.«
»Erspar mir die Einzelheiten.«
Sie fuhren auf eine größere Straße.
»Aber das bestätigt deine – autsch! – Theorie«, sagte der Dichter.
»Was?«
»Die Mädchen der Verbena – aua! – Lodge sind allesamt Opfer des – argh! – üblichen traurigen Ablaufs. Du kennst das ja: Sie haben als Dienstmädchen gearbeitet, wurden von ihren – oh! Ha! – Herren verführt, geschwängert, erbarmungslos auf die Straße geworfen und sich selbst überlassen.«
»Verachtenswert!«, stieß Burton angewidert hervor.
»In der Tat. Aber leider – autsch! – nur allzu verbreitet.«
»Fühlst du dich nicht schuldig, wenn du dir ihr Ungemach zunutze machst?«
»Bitte, Richard. Ich berühre sie – au! – doch nicht mal! Ich bezahle sie lediglich dafür, mich mit der Rute zu züchtigen, mehr nicht.«
»Hmpf.«
»Na, jedenfalls weiß ich zufällig, dass Betsy eine Ausnahme ist. Sie hat nicht dieses grausame Schicksal erlitten. Sie ist die Einzige, die – huch! – in einem Bordell geboren wurde. Als Tochter einer – aua! – Freudenhausbetreiberin. Mit anderen Worten, sie hat nie – uff! – etwas anderes gekannt und demzufolge wahrscheinlich nie Erwartungen gehabt, die – oh herrje! – darüber hinausgingen, eine Liebesdienerin zu sein.«
»Ein eingeschränkter Geist.«
»Genau – auweh!«
Keine weiteren Zwischenfälle unterbrachen ihre Reise, und sie trafen fünfzehn Minuten später bei Bartolinis italienischem Restaurant am Leicester Square ein. Es war geschlossen, und das Fenster, das anscheinend zerbrochen war, hatte man mit Brettern vernagelt.
Bartolini kam an die Tür, als Burton klopfte. Seine Augen weiteten sich vor Überraschung, als er das Blut im Gesicht seines Besuchers sah, doch er erlangte rasch die Fassung wieder und tat so, als hätte er nichts bemerkt.
» Vi prego di entrare, signori «, sagte er und verneigte sich leicht. » Il ristorante è chiuso ma i vostri amici sono al piano di sopra .«
» Grazie, signore «, erwiderte Burton.
Nachdem sie das Lokal durchquert hatten, traten der königliche Agent und sein Assistent durch eine als »privat« gekennzeichnete Tür und erklommen eine Treppe zu den oberen Räumlichkeiten.
In einem großen holzgetäfelten, behaglich eingerichteten Raum mit eigener Bar trafen sie andere Mitglieder des Cannibal Clubs an: Captain Henry Murray, Dr
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