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Der wundersame Fall des Uhrwerkmanns: Roman (German Edition)

Der wundersame Fall des Uhrwerkmanns: Roman (German Edition)

Titel: Der wundersame Fall des Uhrwerkmanns: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Hodder
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buschigem Bart und Drahtgestellbrille.«
    Milnes schüttelte den Kopf. »Da klingelt bei mir nichts.«
    »Meinst du vielleicht Doyle?«, fragte Bradlaugh.
    »Weiß ich nicht, sag du es mir.«
    »Auf ihn passt die Beschreibung, und er ist ein Aufrührer, dessen bin ich mir sicher. Er war vor einigen Monaten bei einer Feier bei mir zu Hause. Kurz vor Weihnachten. Du warst damals betrunken. Ich auch, wenn ich so zurückdenke.«
    Swinburne warf die Hände an die Zimmerdecke. »Ich war bei einer Feier bei dir zu Hause?«
    Bradlaugh kicherte. »Dein Mangel an Erinnerung wundert mich nicht. Du hattest ganz offensichtlich schon lange vor deiner Ankunft losgelegt. Mein Diener hat die Tür deiner Kutsche geöffnet, und du bist mit dem Gesicht voraus auf die Straße geplatscht, während dein Hut an den Rinnstein gekullert ist. Aber falls es dich tröstet, Doyle ist ein noch viel schlimmerer Trunkenbold, als du es je sein wirst.«
    Bendyshe schnaubte. »Da wäre ich mir nicht so sicher! Ich kann mich noch erinnern, als …« Er verstummte, als Burtons Hand sich fest um seinen Arm legte.
    »Tut mir leid, Tom, aber das könnte wichtig sein. Bradlaugh, dieser Doyle – wer ist er?«
    »Ein Bilderbuchillustrator. Aus Edinburgh. Charles AltamontDoyle. Er ist der Bruder meines Freundes Richard Doyle, der ebenfalls Künstler ist – wahrscheinlich hast du seine Arbeiten schon gesehen, er ist recht erfolgreich. Charles hingegen – zumindest demzufolge, was ich von ihm weiß – ist schlichtweg zu weltfremd, um viel aus sich zu machen. Er ist ein schrecklich morbider Bursche mit einem Hang zu düsterer Stimmung und Verzweiflungsanfällen. Ich glaube, das treibt ihn auch zur Flasche. Es ist wirklich eine Tragödie. Er hat eine junge Frau und weiß Gott wie viele Kinder zu ernähren, doch das bisschen, das er verdient, wirft er dem Dämon Alkohol in den Rachen. Er hat eine Vorliebe für Burgunder und lässt sich zu so gut wie allem herab, um welchen zu bekommen. Und wenn ihm das nicht gelingt, begnügt er sich mit so ziemlich allem anderen, was er in die Finger kriegen kann. Gerüchten zufolge hat er mal bei einer besonders verzweifelten Gelegenheit eine Flasche Möbelpolitur getrunken.«
    »Großer Gott!«, stieß James Hunt hervor. »Der Mann gehört in eine Anstalt!«
    »Ich hege keinen Zweifel daran, dass er bald in einer landen wird«, erwiderte Bradlaugh. »Bei der zuvor erwähnten Feier schien er jedenfalls hart am Rand des Irrsinns zu wandeln. Er hat eine kleine Besessenheit, einen Wahn, der ihn in jeder wachen Stunde heimzusuchen scheint. In jener Nacht hat er unablässig davon geschwafelt und nicht damit aufgehört, bis er die Besinnung verlor.«
    »Was für eine Besessenheit?«, fragte Swinburne.
    »Er glaubt felsenfest an die Existenz von Feen, die aus einer unsichtbaren Welt mit ihm kommunizieren.«
    Sir Richard Francis Burton spürte, wie eine Gänsehaut seine Unterarme überzog.
    Bismillah! Schon wieder Feen!
    »Du meinst, er hört Stimmen in seinem Kopf?«, hakte Swinburne nach.
    »Haargenau. Ich würde sagen, sein Gehirn ist durch den übermäßigen Alkoholgenuss geschädigt.«
    »Wo ist er jetzt?«, wollte Burton wissen. »Wo lebt er?«
    »Nicht mehr bei seiner Frau. Sie hat ihn hinausgeworfen, nachdem er seinen eigenen Kindern das Taschengeld gestohlen hatte. Ich glaube, er hat irgendwo in der Stadt eine Unterkunft, aber ich weiß nicht, wo.«
    »Und die Adresse seiner Frau?«
    Bradlaugh nannte sie, und Burton schrieb sie in sein Notizbuch. Der königliche Agent betrachtete das blutfleckige Handtuch in seinen Händen.
    »Wenn ihr uns eine Weile entschuldigt, ich denke, Algy und ich sollten uns in den Waschraum zurückziehen, um uns ordentlich sauber zu machen. Wir sind in wenigen Minuten wieder da.«
    »Natürlich, natürlich! Braucht ihr sonst noch irgendetwas?«, fragte Milnes.
    »Ich könnte einen Gürtel gebrauchen«, antwortete Swinburne und hielt seine Hose fest, als er aufstand.
    »Das scheint ein Dauerzustand bei dir zu sein«, meinte Bendyshe mit einem Grinsen.
    *
    Während Algernon Swinburne am folgenden Morgen unterwegs war, um Charles Doyles Gemahlin aufzusuchen, erhielt Sir Richard Francis Burton Besuch von Burke und Hare. Palmerstons Männer für allfällige Arbeiten erinnerten stark an Totengräber aus dem vorangegangenen Jahrhundert. Trotz des heißen Wetters trugen sie ihre üblichen schwarzen Surtouts mit schwarzen Westen und weißen Hemden darunter. Die Vatermörder der Letzteren wiesen über die

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