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Der wundersame Fall des Uhrwerkmanns: Roman (German Edition)

Der wundersame Fall des Uhrwerkmanns: Roman (German Edition)

Titel: Der wundersame Fall des Uhrwerkmanns: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Hodder
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James Hunt, Thomas Bendyshe, Charles Bradlaugh und, wie sollte es anders sein, Richard Monckton Milnes.
    Milnes, ein großer, gut aussehender, geheimnisvoller und düster wirkender Mann, war einer von Sir Richard Francis Burtons besten Freunden und unerschütterlichsten Unterstützern. Er war reich, besaß Einfluss und hatte in der Vergangenheit schon viele Male eingegriffen, wenn unbedeutendere Männer versucht hatten, dem berühmten Entdecker zuzusetzen. Außerdem besaß er die größte Sammlung von Erotika, die je ein privater Sammler angehäuft hatte. Dazu gehörten sämtliche Werke des Marquis de Sade sowie Tausende verbotene Bücher, die sich mit Hexerei und Okkultismus befassten. Natürlich war er ein Libertin. Allerdings war er auch ein Mann, der sich auf emotionaler Ebene von anderen distanzierte und es vorzog, all seine Beziehungen auf rein intellektueller Basis zu pflegen. Manche hielten ihn für kalt. Andere wie Burton erkannten, dass er lediglich einer der Beobachter des Lebens war, ein Mann, der alles studierte, aber sich nie völlig auf etwas einließ. Das galt ebenso für die Bewegung der Libertins, die zwar seinem Temperament entgegenkam, ihn jedoch nicht allzu tief in ihren Bann zu schlagen vermochte. Er ließ sich selten in ihre Politik oder ihre verschiedenen Ansichten einbeziehen.
    Als Burton und Swinburne den Raum betraten, stand Milnes in dessen Mitte und dozierte über die neuesten Entwicklungen der Technokraten: »… also greifen sie auf die Spezies Scarabaeus sacer zurück«, sagte er gerade, »geläufiger bekannt als Heiliger Pillendreher, und ihre Eugeniker züchten ihn auf die Größe eines Milchwagens heran.«
    »Hol mich der Teufel!«, entfuhr es Charles Bradlaugh.
    »Ich bin sicher, er wird sich die Technokraten holen, denn sobald die Käfer ausgewachsen sind, werden die armen Geschöpfe von den Ingenieuren getötet und ausgekratzt. Dann werden vorne ein Sitz und Bedienelemente eingebaut, hinten eine Bank und ein Dampfmotor. Dadurch kann ein Mann mit seiner Familie an Bord in dem Käfer sitzen und mit dem Ding herumfahren.«
    »Heiliger Strohsack!«, rief Henry Murray. »Wieder eine neue Fahrzeugspezies!«
    »Mein lieber Freund«, entgegnete Milnes. »Du verkennst den springenden Punkt völlig. Es ist keine Fahrzeugspezies, sondern eine Insektenspezies ; und nicht bloß irgendein Insekt, sondern eines, das den alten Ägyptern heilig war. Heute werden sie auf eigens dafür eingerichteten Höfen gezüchtet und kaltblütig umgebracht – zum ausschließlichen Zweck, dadurch ein vorgefertigtes Fahrgestell zu erlangen. Und dann besitzen die Technokraten noch die Frechheit, dieses Fahrzeug Volkswagen zu nennen. Es ist kein Wagen! Es ist ein Käfer! Es ist ein Lebewesen, das die Menschheit gnadenlos für ihre eigenen Zwecke ausbeutet. Ein Sakrileg!«
    »Interessant, dass du gegen die Ausbeutung von Insekten durch Wissenschaftler wetterst, während anscheinend gerade der Großteil der Londoner Bevölkerung wegen der Ausbeutung der Arbeiterklasse durch den Adel auf die Barrikaden steigt«, unterbrach Burton die Diskussion. »Sind Arbeiter denn in deinen Augen nicht besser als Insekten?«
    »Richard!«, rief Milnes und drehte sich zu den Neuankömmlingen um. »Wie schön, dich zu sehen. Wie lange stehst du schon da? Und herrje, wieso ist deine hässliche Visage blutüberströmt? Sag bloß, du warst schon wieder in eine Schlägerei verwickelt. Bist du betrunken? Hallo, Swinburne.«
    »Wir sind vollkommen nüchtern.«
    »Eigentlich bin ich noch ein wenig verkatert«, fügte der Dichter hinzu.
    »Ihr Armen. Hunt, alter Zosse, gib den beiden sofort etwas zu trinken, und zwar reichlich. Es ist ein medizinischer Notfall! Murray, sei so gut und hol eine Schüssel mit Wasser.«
    Burton und Swinburne ließen sich in große Lehnsessel plumpsen und nahmen dankbar die ihnen angebotenen Getränke entgegen.
    »Was ist passiert?«, fragte Bendyshe. »Bist du wie Brabrooke in den allgemeinen Aufruhr geraten?«
    »Brabrooke? Was ist ihm widerfahren?«
    »Ihm wurde ein Spaten über den Schädel gezogen. Ein Straßenkehrer hat ihn aus heiterem Himmel und ohne ersichtlichen Grund angegriffen.«
    »Es geht ihm gut«, fügte Bradlaugh hinzu. »Er hat zwar eine leichte Gehirnerschütterung und eine garstige Platzwunde, aber in ein paar Tagen ist er wieder auf den Beinen.«
    »Der arme alte Brabrooke!«, entfuhr es Swinburne.
    »Also seid ihr da auch hineingeraten?«, fragte Milnes.
    »In gewisser Weise«, antwortete

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