Der wundersame Fall des Uhrwerkmanns: Roman (German Edition)
wässrige Augen, gebärdete sich stets zögerlich und stotterte bei Unterhaltungen. Außer beim Jagen schien er nie in Einklang mit sich selbst zu sein.
Lieutenant Speke schoss auf alles. Er jagte Kugeln in Flusspferde und Antilopen, in Giraffen und Löwen, in Elefanten und Rhinozerosse. Er tötete mit Freude und wahllos und hatte aus Sansibar eine siebenhundert Meilen lange Spur von Kadavern hinter sich hergezogen.
Während sich die Tage in Ujiji hinzogen, ließen ihn die flimmernde Landschaft, der endlose Überfluss an verdorrtem Gras und abgestorbenen Bäumen und die harte staubige, rissige Erde zunehmend reizbarer werden.
»Braun! Wo man auch hinsieht, überall nur verdammtes Braun. Nirgendwo ein Fleckchen Grün! Ich halte das nicht mehr aus. Selbst die Jagd ist in dieser elenden Drecksgegend ermüdend. Können wir nicht weiterziehen? Ich habe das Gefühl, allmählich den Verstand zu verlieren.«
»Bald, John, aber ich brauche noch ein wenig Zeit«, antwortete Burton, dessen Sicht noch immer beeinträchtigt und dessen Beine nach wie vor gelähmt waren.
Speke stöhnte. »Erlaubst du mir wenigstens, ein Kanu zu nehmen und mit Sidi Bombay über den See zu fahren? Wir wissen, dass sich Scheich Hamed auf der anderen Seite aufhält und eine Dau hat. Vielleicht kann ich ihn dazu überreden, sie uns zu vermieten. Und er könnte etwas über den Fluss im Norden wissen.«
»Das ist zu gefährlich. Die Regenzeit steht unmittelbar bevor. Die Einheimischen sagen, dass sie auf dem Wasser heftige Stürme verursacht.«
Aber Speke war besessen von der Idee und überzeugte Burton letztlich, ihm den Ausflug zu gestatten. Er brach am dritten März auf und blieb fast einen Monat fort. In dieser Zeit verabreichte sich Burton morgens, mittags und abends Saltzmanns Tinktur und gab sich etwas hin, das er später als ›Träume von der Vergangenheit und Visionen von der Zukunft‹ bezeichnen sollte.
Als der Lieutenant zurückkehrte, fühlte sich Burton etwas besser. Seine Augenentzündung hatte sich gelegt, und er konnte ohne Hilfe umherhumpeln.
»Der Fluss?«, fragte er wissbegierig.
»Er heißt Rusizi. Hamed hat mir Stein und Bein geschworen, dass er aus dem See fließt. Die Stämme in der Region sind freundlich und werden uns hinführen.«
Burton streckte eine Faust in die Luft. »Allah sei gepriesen! Hast du uns die Dau gesichert?«
»Er leiht sie uns zum Preis von fünfhundert Dollar für drei Monate ab heute.«
»Was? Das ist lächerlich! Hast du nicht gefeilscht?«
»Dafür mangelt es mir an Sprachkenntnissen, Dick.«
Burton schäumte vor Wut. Was für eine Verschwendung von Zeit und Mitteln! Verflucht sollte Spekes Inkompetenz sein! An sich hätte sich der Lieutenant für seine Unfähigkeit, die Dau zu beschaffen, schämen müssen, doch das tat er nicht. Stattdessen wurde sein Verhalten merkwürdig, kühl – fast hinterhältig.
Einige Tage später trat er an Burton heran und sagte: »Alter Kamerad, wärst du wohl so freundlich, mir zu helfen, meine Tagebücher in Ordnung zu bringen? Du weißt ja, wie verflixt laienhaft ich mich beim Schreiben anstelle.«
»Gewiss«, antwortete Burton, und die beiden Männer ließen sich an einem behelfsmäßigen Tisch nieder, auf dem sie Spekes Tagebücher vor sich aufschlugen.
Sie gingen die Notizen durch, und Burton wies darauf hin, wo eine umfassendere Beschreibung von Vorteil wäre, wo Querverweise eingefügt werden sollten, und, sehr oft, wo Rechtschreib- und Grammatikfehler korrigiert werden mussten.
Dann blätterte er eine Seite um und stieß auf eine skizzierte Karte. »Was ist das?«
»Das Nordufer des Sees.«
»Du meinst dieses Sees? Des Tanganjikasees?«
»Ja.«
»Aber John – was sind das für hufeisenförmige Berge im Norden?«
»Meiner Ansicht nach sind das die Mondberge.«
»Das ist unmöglich. Alle Eingeborenen sagen, dass die Mondberge von hier aus weit im Nordosten liegen.«
»Scheich Hameds Leute sagen etwas anderes. Sie sind am Nordufer im Schatten dieser Gebirgskette gewesen.«
»Und der Rusizi? Willst du etwa behaupten, dass er aus dem Tanganjikasee und hinauf in die Berge fließt?«
Speke verlagerte auf seinem Sitz das Gewicht. »Ich weiß es nicht«, murmelte er.
»Außerdem müssten wir die fernen Gipfel von hier aus sehen können, wenn sie so groß sind, wie die Legende vermuten lässt.«
»Vielleicht fällt das Gelände jenseits des Nordufers ab, sodass sich die Gipfel unterhalb des Horizonts befinden.«
Burton konnte seinen Ohren kaum
Weitere Kostenlose Bücher