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Der wundersame Fall des Uhrwerkmanns: Roman (German Edition)

Der wundersame Fall des Uhrwerkmanns: Roman (German Edition)

Titel: Der wundersame Fall des Uhrwerkmanns: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Hodder
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davon, wenn ich eine kleine Gruppe hinführe? Ich kann schnell und mit leichtem Gepäck reisen, während du dich hier ausruhst und wieder zu Kräften kommst.«
    Burton, der auf einer Pritsche lag, wollte sich aufsetzen, was ihm misslang.
    »Wo ist deine Medizin?«, fragte Speke. »Ich bereite dir eine Dosis vor.«
    »Danke, John. Glaubst du wirklich, hin- und zurückreisen zu können, ohne zu viel von unserem Proviant zu verbrauchen?«
    »Davon bin ich überzeugt.«
    »Na schön. Dann organisiere die Tour und zieh los.«
    Insgeheim empfand Burton Erleichterung bei der Aussicht, eine Zeit lang von seinem Kollegen erlöst zu sein. Seit dem Besuch bei Scheich Hamed war ihm Speke ein Dorn im Auge, undwährend ihres Aufenthalts in Kazeh hatte der Lieutenant keinerlei Zugeständnisse an die Sitten und Gebräuche des Ostens gemacht, ihre arabischen Gastgeber mehrfach beleidigt und es Burton überlassen, sein Verhalten zu erklären und sich dafür zu entschuldigen. Durch seinen Aufbruch fiel Burton eine Last von den Schultern. Der Entdecker stellte seine Arznei beiseite und begann, ein Wörterverzeichnis der regionalen Dialekte für künftige Reisende zusammenzustellen. Die Tätigkeit belebte seinen Geist, wie es akademische Unterfangen für gewöhnlich taten.
    Sechs Wochen später kehrte Lieutenant John Hanning Speke zurück.
    »Dort ist ein Binnensee!«, verkündete er triumphierend. »Die Eingeborenen nennen ihn Nyanza oder Nassa oder Ziwa oder Ukerewe oder so ähnlich …«
    » Nyanza ist das Wort der Bantu für See , John.«
    »Ja, ja, – spielt keine Rolle. Ich habe ihn nach dem König benannt. Ich schwöre bei Gott, Dick, ich habe die Quelle des Nils entdeckt!«
    Burton ersuchte seinen Gefährten, ihm alles zu beschreiben, was er gesehen hatte. Aber wie sich herausstellte, hatte Speke herzlich wenig mitbekommen. Seine Folgerung basierte eher auf Spekulationen denn auf Wissenschaft. Er hatte nur drei Tage in Sichtweite des Wassers verbracht, war nicht auf dem See gesegelt und hatte tatsächlich nur einen kleinen Abschnitt des südöstlichen Ufers beobachtet.
    »Woher also kennst du seine Größe? Wie rechtfertigst du es, ihn als Binnensee zu bezeichnen? Und woher weißt du, dass der Nil daraus entspringt?«
    »Ich habe mit einem Mann aus der Gegend gesprochen, einem großen Reisenden.«
    »Gesprochen?«
    »Kommuniziert. Durch Gesten.«
    Burton sah sich die Karte an, die sein Gefährte skizziert hatte.
    »Großer Himmel, Mann! Du hast das ferne Ufer auf vier Gradnördlicher Breite festgelegt. Beruht das nur auf der Handbewegung eines Eingeborenen?«
    Speke schnappte ein. Er wurde immer übellauniger, verursachte Streit unter den Trägern und wechselte kaum noch ein Wort mit Burton. Bald wurde offenbar, dass er mehr als abgesprochen von ihren Vorräten verbraucht hatte. Sie konnten es sich unmöglich leisten, einen Umweg nach Norden einzuschlagen. So groß der See sein und so wahrscheinlich er die Quelle des Nils darstellen mochte, er würde warten müssen.
    Der September kam, und sie brachen aus Kazeh auf und traten den langen Marsch zurück an Afrikas Ostküste an. Die folgenden Wochen wurden äußerst unangenehm. Es gab Kämpfe, Streitigkeiten, Diebstähle, Unfälle, und es wurde desertiert. Burton war gezwungen, einige der Träger zu bestrafen und andere zu bestechen. Sie trieben ihn zur Weißglut, und einmal benutzte er einen Ledergürtel, um einen Mann zu verprügeln, bis er keuchend über ihm stand, verwirrt und desorientiert, mit pochendem Schädel, kaum gewahr, was er getan hatte. Er musste die Expedition jeden Schritt des Weges Richtung Heimat antreiben, und Speke tat nichts, um ihm zu helfen. Im Gegenteil, seine Einstellung gegenüber den Eingeborenen verschlimmerte die Lage nur zusätzlich.
    Die beiden Entdecker wechselten kaum ein Wort miteinander, bis Speke einen Monat nach ihrem Aufbruch schwer erkrankte. Sie hielten an, und Burton pflegte ihn, als Spekes erhöhte Temperatur unverhofft in ein lebensbedrohliches Fieber ausartete. Der auf einer Pritsche liegende Lieutenant brabbelte und fantasierte vor sich hin. Offensichtlich befand er sich in den Klauen eines grauenhaften Deliriums.
    »Sie haben die Krallen in meine Beine geschlagen!«, heulte er auf. »Lieber Gott, rette mich! Ich kann es im Raum oben hören, aber sie lassen mich nicht hin! Ich kann nicht hin! Meine Beine! Meine Beine!«
    Burton tupfte Speke die Stirn ab und spürte die Hitze, die von seiner Haut ausging.
    »Alles in Ordnung, John«,

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