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Der wundersame Fall des Uhrwerkmanns: Roman (German Edition)

Der wundersame Fall des Uhrwerkmanns: Roman (German Edition)

Titel: Der wundersame Fall des Uhrwerkmanns: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Hodder
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sagte er beschwichtigend.
    »Sie sind nicht menschlich! Sie kriechen in meinen Kopf! O lieber Herr Jesus, hol sie aus mir raus, Dick! Hol sie raus! Sie schlagen ihre Krallen in mich! Sie schleifen mich an den Beinen durch die Höhle davon weg!«
    Wovon weg? , fragte sich Burton.
    Spekes Körper bäumte sich auf und erzitterte heftig, erfasst von einem epileptischen Anfall. Burton rief Sidi Bombay herbei, und zusammen zwängten sie die Lederscheide eines Messers zwischen die Zähne des Lieutenants, um zu verhindern, dass er sich die Zunge abbiss. Sie hielten ihn fest, während ihn Krämpfe schüttelten und verrenkten. Schließlich verfiel Speke in einen Halbschlaf, lag mehr oder minder bewusstlos da und murmelte zusammenhanglos vor sich hin.
    »Kobolde«, flüsterte er. »Ganze Scharen davon strömen aus dem Tempel. Der Himmel steh’ mir bei, ich habe sie in meiner Seele! Sie entfesseln ihre Drachen!«
    Plötzlich verzerrte ein heftiger Krampf seine Züge, seine Augen wurden glasig, und er begann zu bellen wie ein Hund. Sein Antlitz hatte sich vollkommen verändert, er sah fremd aus, nicht wie der Speke, den sie kannten, und Sidi Bombay wich mit einem Ausdruck abergläubischer Furcht hastig zurück.
    »Das ist Kichyomachyoma «, zischte der Inder ehrfürchtig. »Er ist angegriffen von böse Geister! Er stirbt!«
    Speke schrie. Einen gesamten Tag lang schrie er unaufhörlich – aber er starb nicht. Stattdessen beruhigte er sich, verlor im Stundentakt das Bewusstsein und erlangte es wieder und schlief letztlich ein.
    Eine weitere Woche zog ins Land.
    John Speke saß aufrecht da und nippte an einer Tasse Tee, als Burton das Zelt betrat.
    »Wie fühlst du dich, John?«
    »Besser, Dick. Ich denke, wir können bald weiterreisen. Vielleicht in ein paar Tagen.«
    »Wenn du bereit dafür bist, nicht eher.«
    Speke stellte seine Tasse ab und sah Burton unverwandt in die Augen. »Du hättest das nicht sagen sollen.«
    Verwirrt runzelte Burton die Stirn. »Was sagen?«
    »In Berbera. Als wir angegriffen wurden. Du hast gesagt: ›Nicht zurück! Sonst glauben die, wir geben auf!‹ Ich bin kein Feigling.«
    »Ein Feigling? Wovon redest du? Berbera war vor drei Jahren!«
    »Du hast gedacht, ich wollte vor Angst zurückweichen.«
    Burton zog die Augenbrauen hoch. Er war erstaunt und entsetzt. »Ich … was? Ich habe nie …«
    »Du hast mich beschuldigt.«
    »John! Das siehst du völlig falsch. Ich habe nichts dergleichen getan. Nie habe ich dich auch nur einen einzigen Moment lang für etwas anderes als mutig im Angesicht von Gefahr gehalten!«
    Speke schüttelte den Kopf. »Ich weiß, was du denkst.«
    »John …«, setzte Burton an.
    Aber Speke schnitt ihm das Wort ab. »Ich ruhe mich jetzt aus.«
    Damit legte er sich hin und wandte das Gesicht ab. Burton stand noch kurz da und betrachtete ihn, dann verließ er das Zelt, ohne ein weiteres Wort zu verlieren.
    Nach weiteren drei Tagen setzte sich die Expedition wieder in Bewegung, wobei der Lieutenant auf einer Bahre getragen wurde. Die lange Kolonne der Männer – die zwei Entdecker und ihre Träger – wand sich wie eine Schlange durch die hügelige Landschaft. Sie schienen überhaupt nicht voranzukommen und sahen Meile um Meile um Meile immer nur von der Sonne versengtes Gras.
    In Wirklichkeit bahnten sie sich den Weg auf höher gelegenes Gelände, und die allmähliche Veränderung der Luft tat sowohl Burton als auch Speke ausgesprochen gut. Sie vertrieb Fieber, Krankheiten, Unpässlichkeiten und Infektionen aus ihren übel zugerichteten Körpern, wenngleich beide Männer weiterhin unter schrecklichen Kopfschmerzen litten.
    Weihnachten kam und ging. Mittlerweile wahrten sie eine höfliche, aber nüchterne Beziehung. Über Spekes Ausflug zu dem großen See wurde nie gesprochen.
    Desertionen und Ungehorsam unter den Trägern hielten sie weitere zwei Wochen auf. Burton warnte die Männer, dass sie ihren Lohn verwirken würden, wenn sie ihre Lasten nicht wieder aufhöben und sich in Bewegung setzten. Sie weigerten sich trotzdem. Er forschte die Rädelsführer aus, entließ sie und warb von einer vorbeiziehenden Karawane neun neue Männer an.
    Sie zogen weiter. Marschieren, marschieren, marschieren. Würde es denn niemals enden?
    Doch es endete.
    Am 2. Februar 1859 erklommen sie die Kuppe eines Hügels und erblickten in weiter Ferne das funkelnde blaue Meer.
    Sie warfen ihre Mützen in die Luft und jubelten.
    »Hip, hip, hurra!«, brüllte John Speke. »Verschwinden wir von

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