Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Wunsch des Re

Der Wunsch des Re

Titel: Der Wunsch des Re Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Dietrich
Vom Netzwerk:
kleinen Schrein standen.
    Weihrauchwölkchen schwängerten die Luft mit dem Wohlgeruch der Götter, doch für die Priesterin war es vielmehr eine Qual, da sie ihr die Luft zum Atmen nahmen. Glücklicherweise hatten die Götter Erbarmen und schenkten ihr eine schnelle und unkomplizierte Geburt. Als Amunhotep die Geburtslaube betrat, lag sie bereits mit erschöpftem, aber glücklichem Gesicht auf ihrem Bett und hielt ihr neugeborenes Kind im Arm.
    Der Hohepriester wechselte einen fragenden Blick mit dem Obersten Arzt des Lebenshauses, worauf dieser lächelnd nickte. Erleichtert atmete Amunhotep auf und ließ sich auf der Kante des Bettes nieder.
    »Meritusir, meine Liebe, wie geht es dir?«
    »Wir haben einen Sohn«, erwiderte sie matt, doch der Stolz in ihrer Stimme war nicht zu überhören.
    »Du hast es immer gewusst, nicht wahr?«
    »Ja, ich habe darum gebetet, und die Götter haben mich erhört.« Sie lächelte glücklich.
    Vorsichtig nahm Amunhotep das kleine schniefende Bündel aus der Armbeuge seiner Gemahlin und hielt es sich vors Gesicht. »Wie schön er ist, unser Sohn«, sagte er gerührt und konnte den Blick nicht von dem kleinen Wesen lassen, das die vergangenen neun Monate in Meritusirs Leib herangewachsen war. War das nicht ein Wunder der Götter? »Hast du ihm schon einen Namen gegeben?«
    »Ja, mein Gemahl. Er soll sowohl von dir als auch von mir einen Teil des Namens in seinem tragen und vor allem den des Gottes, dem wir unser Glück zu verdanken haben.« Meritusir strahlte übers ganze Gesicht. »Sein Name ist Usirhotep,
Osiris ist zufrieden

    »Das ist in der Tat ein schöner Name.« Amunhotep gab seinem Sohn einen zärtlichen Kuss auf die Stirn und legte ihn wieder seiner Mutter in den Arm. »Ruhe dich gut aus, liebe Schwester. Ich bin traurig, dass ich die kommenden Tage nicht hier bei dir verbringen kann. Ich muss Ramses’ Befehl Folge leisten und zum Neujahrsfest nach Theben reisen.« Er beugte sich zu seiner Frau hinab und küsste sie auf die Wange.
    Betroffen seufzte Meritusir. »Das Schlimmste weißt du noch nicht«, stammelte sie. Ihr eben noch so glückliches Lächeln war einem besorgten Ausdruck gewichen. »Die Wehen setzten in Ramses’ Ewigem Haus ein«, flüsterte sie und äugte zu den Frauen und Netnebu, die sich in eine Ecke der Geburtslaube zurückgezogen hatten und somit weit genug entfernt standen, sodass sie ihre Worte nicht vernehmen konnten. »Mir fiel die Lampe aus der Hand, und es brach ein Feuer aus. Ich bete, dass nicht allzu viel Schaden verursacht wurde.«
    »Ich habe davon bereits gehört.« Liebevoll strich Amunhotep ihr über den Kopf. »Auf dem Rückweg bin ich mit Theokrites zusammengetroffen. Er hat mir davon erzählt. Er sagt, dass dein Befehl, das Feuer mit Sand zu löschen, klug und weise war. Die Malereien haben nicht gelitten.«
    Erleichtert atmete Meritusir auf. »Wirst du Pharao davon berichten?«
    »Ja, das werde ich. Es wäre weitaus unangenehmer, wenn er es von jemand anderem erfahren würde. Und nun versuche zu schlafen, Meritusir, damit du dich von der Geburt erholst.« Er griff in die Falten seines Schurzes und holte ein kleines Amulett des Gottes Bes hervor, das er seinem Sohn um den Hals legte. »Bes wird Usirhotep beschützen.« Er gab Meritusir und seinem Sohn einen letzten Kuss und zog sich leise zurück.
    Nachdem Meritusir eingeschlafen war, nahm ihr eine der Frauen den Knaben aus dem Arm, um ihn seiner Amme zu übergeben. Diese würde sich in den folgenden drei Jahren um den Kleinen kümmern und ihn stillen.
     
    * * *
     
    »Ich freue mich, dass sowohl deine Gemahlin als auch euer Sohn wohlauf ist«, sagte Ramses, nachdem Amunhotep ihm von dem Unfall im Grab und von Meritusirs Niederkunft berichtet hatte. Er forderte seinen Freund auf, sich zu setzen und von dem kühlen Wein zu probieren. »Trotzdem kann ich dir nicht das Glück gewähren, das Heranwachsen deines Sohns in seinen ersten Lebensmonaten zu beobachten. Ich habe beschlossen, eine Expedition nach Nubien anzutreten, um neue Goldvorkommen ausfindig zu machen. Das letzte Jahr hat mir gezeigt, dass ich mehr Gold benötige, wenn ich meiner von den Göttern übertragenen Aufgabe gerecht werden will, mich um die Beiden Länder und deren Bewohner zu kümmern. Es kann nicht angehen, dass sie hungern, weil sie sich kein Korn mehr leisten können. Ich werde nicht zulassen, dass die Adligen ein rauschendes Fest nach dem anderen feiern, wenn auch nur ein einziger Kinderbauch ungesättigt

Weitere Kostenlose Bücher