Der Wunsch des Re
bleibt. Für das kommende Jahr habe ich die Steuern erhöht, aber nur für die, denen es kein Ungemach bereitet. Dennoch will ich Vorsorge treffen. Ich benötige mehr Gold, um nicht nur die verbliebenen Fremdherrscher damit zu beschenken, damit sie mir die die Treue halten, sondern auch um mein Haus für die Ewigkeit und meinen Tempel der Millionen Jahre weiterbauen zu können. Doch vor allem brauche ich das Gold, um dem Getreidewucher entgegenzuwirken.«
Ramses’ Miene hatte sich bei den letzten Worten verhärtet.
»Diese elenden Kaufleute!«, schimpfte er. »Sie denken nur an ihren eigenen Vorteil. Es interessiert sie nicht, ob ein kleines Kind hungers stirbt, während sie auf ihrem Getreide hocken und es lieber verschimmeln lassen, als es an die Bedürftigen zu verteilen. Ich werde ihnen einen Strich durch die Rechnung machen, das verspreche ich dir! Ich erhöhe die jährlichen Abgaben an Getreide, die in meinen Speichern eingelagert werden sollen. Mit dem Gold kaufe ich die Überschüsse auf und lagere sie ebenfalls ein, um sie in schlechten Zeiten unter das Volk verteilen zu können. Weiterhin gedenke ich, die Priesterschaften des Landes strenger zu überwachen, denn inzwischen ist jeder Wab-Priester doppelt so fett wie ein Bauer.«
Verlegen schluckte Amunhotep bei diesen Worten, was Ramses nicht entging.
»Mein Freund, ich gedenke nicht, den Göttern ihre Domänen zu nehmen oder die Tempel von ihrer Steuerbefreiung zu entbinden; inzwischen gehört aber den Tempeln bald mehr Land als Meiner Majestät, und ich, der Pharao, bin der Herr über Kemi. Mir gaben die Götter das Schwarze und das Rote Land, nicht ihren Priestern! Nur ich bin der alleinige Hohepriester aller Götter. Du und alle anderen – ihr seid nur durch mich zu meinen Vertretern ernannt worden, doch allmählich scheinen das einige Propheten vergessen zu haben.
Verstehe mich nicht falsch, Amunhotep. Nicht alle sind so anmaßend. Du gehörst zu jenen, die redlich sind. Ich muss aber das Übel an der Wurzel packen, wenn Kemi nicht dem Untergang geweiht werden soll. Unsere Feinde lauern seit Jahren darauf, die Beiden Länder in ihren Besitz zu bekommen. Immer öfter greifen sie Kemi an und werden immer dreister. Ich habe ihnen eine Lektion in der westlichen Wüste erteilt, aber das wird sie sicher nicht auf ewig davon abhalten, es erneut zu versuchen. Und je schwächer mein Volk ist, umso größer sind ihre Aussichten auf Erfolg. In gut zwei Monaten werde ich deshalb nach Nubien aufbrechen. Bis dahin wird sich deine Frau wieder erholt haben und allein über die Arbeiten an meiner Grabstätte wachen können.«
Ramses machte eine Pause und musterte seinen Freund.
»Doch zuvor will ich dir und deiner Gemahlin ein Geschenk für eure Ergebenheit und Treue machen. Ich verdanke Meritusir mein Leben und durch ihr Wissen auch mein sicheres Hinaufsteigen zu den Göttern. Dafür will ich euch beiden eine Grabstätte schenken. Es soll jene sein, die für mich im Königstal begonnen, später aber aus baulichen Gründen aufgegeben werden musste. Die andere werde ich als Scheingrab in der Nähe meiner Vorfahren behalten, doch das erste Grab soll euch gehören.«
Amunhotep stand der Mund vor Überraschung offen. Er war unfähig, einen zusammenhängenden Satz des Dankes an den König zu richten. »Ich ... ähm ... danke ...«
Ramses grinste amüsiert. »Du musst dich nicht bedanken, mein Freund. Dein Gesicht sagt alles.« Er lachte schallend, und allmählich fand Amunhotep seine Sprache wieder.
»Danke, Majestät. Das ... das ist eine Auszeichnung, die einfach unglaublich ist. Meritusir wird, genau wie ich, schlicht überwältigt sein von der Ehre, die du uns beiden zuteilwerden lässt.«
Geschmeichelt lächelte der König. »Kehre morgen nach Abydos zurück und kümmere dich um die Baustelle und deine Familie. Doch halte dich bereit, damit du an meiner Seite nach Nubien aufbrechen kannst.«
* * *
Zehn Tage nach ihrer Niederkunft ging es Meritusir schon wieder so gut, dass sie ihren Pflichten auf der Baustelle nachkam, obwohl es üblich war, dass sich eine Frau nach der Geburt ihres Kindes für vierzehn Tage erholte. Meritusir war aber recht schnell wieder bei Kräften und hielt es in der Isolation der Laube nicht länger aus. Dennoch wirkte sie verstört, als Amunhotep kurz nach seiner Ankunft zu ihr eilte, um ihr über die Geschehnisse in Theben und das Geschenk des Pharaos zu erzählen.
»Was ist geschehen?«, wollte er von ihr wissen und
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