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Der Wunsch des Re

Der Wunsch des Re

Titel: Der Wunsch des Re Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Dietrich
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mich«, log sie dreist, als sich Amunhoteps Schreiber ihr zuwandte. »Ich soll für ihn zwei, drei Blatt Papyrus holen, aber alte, solche, die schon einmal benutzt worden sind. Außerdem benötigt er eine Palette und Tintensteine, ein Wassergefäß sowie Binsen zum Schreiben.«
    Verwirrt sah Ki die junge Frau an. »Gibt es in den königlichen Arbeitsräumen kein Schreibmaterial?«, rutschte es ihm heraus, und entschuldigend huschte sein Blick zu dem königlichen Beamten. Er deutete eine knappe Verneigung in dessen Richtung an und gab Satra ein Zeichen, ihm zu seinem Quartier zu folgen. Dort gab er ihr das Gewünschte und fragte, ob Amunhotep ihr mitgeteilt habe, wann er wieder zurück sein würde.
    »Nein, das hat er nicht«, antwortete Satra und griff hastig die Schreibutensilien, um sich aus dem Staub zu machen, bevor Ki womöglich den Schwindel bemerken oder Amunhotep mit einem Mal auftauchen würde.
    Sie eilte ins Freie und verschwand im Park, wo sie sich eine einsame Stelle weitab der hohen Herrschaften und der Diener suchte, um in Ruhe ihre Gedanken zu einem Plan reifen zu lassen.
    Satra hatte oft genug gesehen, wie Ki oder Amunhotep die Tintensteine mit Wasser befeuchtet hatten, doch mit der Handhabung der Schreibbinse tat sie sich ziemlich schwer. Es war gar nicht so leicht, die pinselartige Spitze mit der richtigen Menge Tinte zu benetzen, sodass die Binse, ohne zu klecksen, über die geglättete Oberfläche des Papyrus glitt. Bald gelang ihr auch das.
    Sie grübelte und überlegte und hatte schon die verschiedensten Möglichkeiten niedergezeichnet, doch immer wieder fielen ihr unüberwindbare Schwierigkeiten bei der praktischen Umsetzung ein.
    Das größte Problem bestand darin, die riesigen Wände für eine verschiebbare Sarkophagkammer in das Ewige Haus zu bringen. Gemauerte Wände kamen nicht in Betracht. Die Räume wurden normalerweise aus dem Felsen geschlagen und nicht um die Kammern herum aufgeschichtet. Sie war sich bewusst, dass eine solche Vorgehensweise jedem sagen würde, dass etwas mit dem Grab nicht stimmen konnte. Ernüchtert verwarf sie schon bald auch diese Variante.
    Die Sonne stand bereits tief am Himmel, und die Nacht senkte sich herab, als ihr endlich eine Lösung einfiel, die so einfach, aber dennoch genial war, dass Satra sich fragte, warum sie nicht schon viel früher darauf gekommen war. Sie barg allerdings ein winziges Problem in sich: Ramses’ Heiligtum konnte erst nach seinem Dahinscheiden komplett fertiggestellt werden.
    Satra nahm den dritten und letzten Papyrus und begann fein säuberlich zu zeichnen. Nachdem sie fertig war, rollte sie ihn zusammen und legte ihn neben sich zu den anderen beiden und dem Schreibzeug. Dann zog sie sich die Sandalen aus, streckte die Beine von sich und lehnte sich mit geschlossenen Augen an den Stamm der Sykomore, um noch einmal alles gedanklich durchzugehen.
     
    * * *
     
    Prinz Sethi hatte Satra schon eine ganze Weile beobachtet und war erstaunt, dass die zu lebenslanger Zwangsarbeit verurteilte Dienerin des Osiris-Oberpriesters mit einer Schriftrolle auf den Knien dasaß und etwas schrieb oder zeichnete. Er hatte nicht gewusst, dass sie das konnte. Es machte Satra für ihn aber um einiges begehrenswerter und interessanter.
    Sethi zog kluge Frauen den ungebildeten vor, wobei er bei der Wahl seiner Bettgefährtinnen darauf nicht sonderlich achtete. Sie mussten einfach nur hübsch sein und ihn erregen, doch ansonsten belächelte er die einfältigen, mit ihrem wertvollen Schmuck klimpernden Frauen, die am Hofe seines Neffen lebten.
    Er näherte sich der Leibeigenen. Erst als er beinahe vor ihr stand, bemerkte sie ihn.
    Erschrocken sprang sie auf und verneigte sich tief.
    »Was tust du hier im Bereich der Herrschaft?«, wollte er wissen. »Hat dein Gebieter dir erlaubt, dich zu entfernen und dir die Rollen und das Schreibzeug gegeben?« Diese Frage klang streng, deshalb fügte er freundlicher hinzu: »Amunhotep gönnt dir nicht allzu viele Freiheiten, habe ich recht?«
    »Nein, Hoher Herr ... doch ...«, stammelte Satra verlegen. »Er ist ein guter Gebieter. Ich kann mich nicht beschweren.« Sie errötete und biss sich auf die Lippe.
    Wie konnte sie es wagen, so über Amunhotep zu reden. Würde der Prinz es dem Priester erzählen, würde es sicherlich eine empfindliche Strafe nach sich ziehen. Amunhotep war ein gerechter Mann, ganz anders als der Kaufmann Senbi, bei dem Satra die bisher schlimmsten Tage ihres Lebens durchgemacht hatte. Er war

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