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Der Wunsch des Re

Der Wunsch des Re

Titel: Der Wunsch des Re Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Dietrich
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darf.« Sie stand auf und zog sich ihre Kleidung zurecht, die ihr nicht einmal gehörte, wie ihr in jenem Moment schlagartig bewusst wurde. »Bitte, entschuldige mich, Hoheit, ich muss jetzt los. Sicher erwartet mich der Hohepriester bereits.« Sie verneigte sich und wollte gehen, doch der Prinz hielt sie zurück.
    »Erinnerst du dich noch daran, was ich dir in Memphis gesagt habe?«
    »Aber natürlich, Hoheit. Du wolltest mir schöne Kleider schenken und Schmuck, wenn ich dir dienen würde, doch verzeih meine Kühnheit, mein Prinz. Ich bin inzwischen nicht mehr das Eigentum des Hohepriesters, wie du dich damals auszudrücken pflegtest. Ich bin ein freier Mensch und habe meinen eigenen Willen. Und ich werde jetzt zu meinem Herrn zurückkehren und ihn bitten, mich auch weiterhin in seinen Diensten zu behalten.«
    Abermals verneigte sie sich vor Sethi und ließ den verblüfft dreinschauenden Prinzen allein.
    Sethi musste wenig später schallend lachen. Jede andere wäre für diese Worte bestraft worden, denn selbst wenn er ein freundlicher und netter Mensch war, so war er trotzdem ein königlicher Prinz und forderte den ihm zustehenden Respekt. Doch aus dem Munde dieser von ihm heiß begehrten Frau waren es keine Respektlosigkeiten. Im Gegenteil, Meritusirs Worte fachten seine Begierde und seine Liebe zu ihr nur noch stärker an. Er wollte sie besitzen – um jeden Preis.
     
    * * *
     
    Meritusir eilte aus dem Palastbezirk zum Anwesen des Hohepriesters, immer darauf bedacht, mit ihrer Hand die helle, nicht gebräunte Haut auf ihrem linken Oberarm zu verdecken. Sie war froh, als die hohen Mauern in Sichtweite kamen, die Amunhoteps Besitz vor fremden Blicken schützten. Sie stürmte zum Tor hinein, und der wachhabende Soldat hielt sie nicht auf. Also war sie wohl noch willkommen und gehörte zum Haushalt des Hohepriesters.
    Im Hof traf sie mit Hekaib zusammen und fragte, ob der Gebieter schon wieder zu Hause sei.
    Fragend sah sie Amunhoteps Haushofmeister an. »Was willst du denn hier? Bist du nicht von Seiner Majestät begnadigt worden und kannst gehen, wohin du willst?«
    »Stimmt, Hekaib!«, entgegnete sie kühn. Zum ersten Mal sprach sie den obersten Hausdiener mit seinem Namen an, und er erwiderte nichts darauf. »Und weil ich gehen kann, wohin ich will, und von nun an machen kann, was mir beliebt, bin ich hier, wo mein Gebieter ist.« Sie sah Hekaib herausfordernd an, doch der Hausverweser erwiderte nichts darauf. »Ist der Hohepriester nun da oder nicht?«
    »Da ist er, aber er schläft und will nicht gestört werden«, erwiderte Hekaib knapp.
    »Gut, dann werde ich warten, bis er wieder wach ist. Das wirst du mir doch nicht verbieten, oder?« Bittend ruhte ihr Blick auf ihrem Gegenüber. Von einem Moment auf den anderen hatte sie wieder die unterwürfige Haltung der Leibeigenen angenommen, die sie noch am Morgen gewesen war.
    »Meinetwegen, Meritusir«, erwiderte Hekaib, und ihre Augen leuchteten auf, als sie ihren neuen Namen aus dem Mund des Hausverweser vernahm. »Anscheinend ist es dein voller Ernst, dass du auch weiterhin dem Gebieter dienen willst.«
    Sie strahlte übers ganze Gesicht. »Darf ich mir in der Zwischenzeit etwas zu essen aus der Küche holen?«
    Hekaib bejahte, und sie verschwand im hinteren Teil des Anwesens, wo sich die Unterkünfte der Dienerschaft, die Vorratslager, Werkstätten und Küchen befanden.
    Die Sonne stand schon tief, als Moses erschien, um sie zu Amunhotep zu führen. Er freute sich, als er sie sah, und plapperte sofort los. »Piay hat gesagt, dass du sicher nicht zurückkommen wirst, weil du jetzt frei bist, Satra.« Er biss sich auf die Unterlippe und senkte verlegen den Blick auf seine nackten Füße. »Bitte verzeih«, entschuldigte er sich errötend. »Der Gebieter hat uns gesagt, dass du ab heute Meritusir heißt.«
    »Ja, Moses, das stimmt. Pharao selbst hat mir diesen Namen gegeben und gesagt, dass mich ab jetzt jeder so anzureden hat ... also auch du, du kleiner Schlingel!« Sie zupfte ihn sanft am Ohr, und er kreischte fröhlich auf.
    »Lass das, das kitzelt!«, protestierte er. Er griff nach ihrer Hand und führte sie hinein in die wunderschöne Haupthalle, wo Amunhotep bereits auf sie wartete.
    Der Hohepriester war fein herausgeputzt, sein Gesicht sogar geschminkt, was recht selten vorkam. Er trug edles Leinen, und goldener Schmuck funkelte an seinem Körper, was Meritusir ahnen ließ, dass Amunhotep sicher zu dem Fest gehen wollte, welches der König am heutigen

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