Der Wunsch des Re
nicht ...«
»Hast du sie überhaupt schon gefragt?«
»Nein. Sie weiß noch nicht einmal, dass ich mich in sie verliebt habe.«
»Dann solltest du es ihr vielleicht erst einmal sagen, bevor du mit einer solch törichten Bitte zu mir kommst!« Ramses war sichtlich verstimmt.
»Ich weiß.« Verzagt seufzte der Prinz und sah Verständnis heischend zu seinem Neffen. »Ich habe Amunhotep getroffen und ihn gefragt, ob Meritusir wieder zu ihm zurückgekehrt sei, um ihm zu dienen. Er hat bejaht. Ich habe ihn daraufhin gebeten, sie in meine Dienste zu geben, doch er lehnte ab. Er sagt, dass es Meritusirs eigener Wunsch wäre, mit ihm zurück nach Abydos zu gehen, um dort Priesterin des Osiris zu werden. Stimmt das?«
»Ja, es stimmt«, bestätigte der Pharao.
Unglaube machte sich auf Sethis Gesichtszügen breit. »Sie will tatsächlich Priesterin des Osiris werden, und du hast dem zugestimmt? Es sind doch nur Männer dazu auserkoren, einem Gott zu dienen.«
»Richtig, Sethi, aber wenn es mein Wunsch ist, wird auch eine Frau ihm zu Diensten sein dürfen.«
»Verstößt das nicht gegen die Maat?«, rutschte es dem Prinzen heraus, und Ramses’ Blick verfinsterte sich.
»Nein, Sethherchepeschef. Ich würde nie etwas tun, das gegen die göttliche Ordnung verstößt. Doch wenn eine Frau dem Gott dienen will, dem sie sich ergeben fühlt, warum sollte sie es dann nicht tun?«
Mürrisch zuckte Sethi mit den Schultern. Es war ihm nicht entgangen, dass er seinen Neffen verstimmt hatte. Trotzdem hatte er nicht vor, klein beizugeben.
»Vielleicht deshalb, weil demnächst alle Frauen, die sich Amun verpflichtet fühlen, im Tempel von Opet-sut die Ämter der Propheten übernehmen wollen«, hielt er trotzig dagegen, und mit Bestürzung stellte Ramses eine Seite an seinem Onkel fest, die ihm bisher völlig fremd gewesen war – Sarkasmus.
Nachdenklich kratzte er sich am Kinn. »Liebst du Meritusir denn wirklich?«
»Ja, das tue ich. Ich dachte immer, ich würde mich nie wieder so verlieben, wie ich mich damals in Nehis Tochter verliebt habe, aber da habe ich mich getäuscht. Seitdem ich Meritusir bei deinem Fest in Abydos gesehen habe, geht sie mir nicht mehr aus dem Sinn. Ich denke Tag und Nacht an sie und bin überglücklich, wenn ich sie zu Gesicht bekomme.«
»Aber warum hast du ihr dann noch nichts von deinen Gefühlen erzählt?«, fragte Ramses wieder etwas freundlicher.
»Ich weiß es nicht. Es erschien mir bisher nicht ratsam. Vorgestern, es war nach deinem Neujahrsempfang, hatte ich es vor. Ich sprach sie an, doch ich kam nicht so weit. Sie hat mich einfach stehen lassen und ist gegangen.«
Mitfühlend musterte Ramses den jüngeren Bruder seines zu Osiris gegangenen Vaters. Er gestand Sethi neidlos zu, ein äußerst attraktiver Mann zu sein. Trotzdem musste er innerlich grinsen, denn dass seinen überaus gut aussehenden Onkel eine Frau verschmähte, war wohl noch niemals vorgekommen.
Er räusperte sich und verscheuchte diesen Gedanken. »Es drängt sich mir eine Frage auf: Willst du Meritusir nur besitzen, so wie du deine Pferde und Hunde besitzt, oder gedenkst du sie tatsächlich zur Gemahlin zu nehmen?«
»Am Anfang wollte ich sie nur besitzen, inzwischen will ich sie zur Gemahlin.« Sethis Augen nahmen einen verträumten Blick an. »Meritusir ist so anders als die anderen Frauen, denen ich bisher begegnet bin. Ich weiß nicht, welches Geheimnis sie umgibt, ich fühle mich von ihr magisch angezogen und kann mir ein Leben ohne sie nicht mehr vorstellen.«
O nein, Ihr Götter, bitte nicht!, dachte Ramses bestürzt. Mein Onkel hat sich tatsächlich über beide Ohren verliebt. Warum aber muss es ausgerechnet Meritusir sein?
Ratlos musterte er Sethi, der versunken in seinen Weinkelch starrte.
Sethi hatte, genau wie er, eine hervorragende Ausbildung genossen, war aber niemals in das geheimste Wissen eingeweiht worden. Nur ihm, dem Pharao, und der obersten Priesterschaft war bekannt, was das Zeichen auf Meritusirs linkem Arm zu bedeuten hatte, und sie würden dieses Wissen mit niemandem teilen.
»Und was soll ich nun deiner Meinung nach tun?«, fragte er.
»Bitte befehle Amunhotep, dass er Meritusir aus seinen Diensten entlässt, und schicke sie in meinen Haushalt. Alles Weitere wird sich von allein ergeben.«
Ohne zu zögern, schüttelte Ramses den Kopf. »Nein, Sethi, das kann ich nicht tun.«
»Und warum nicht? Du bist der Herr der Beiden Länder. Was du befiehlst, ist Gesetz. Du hast die Macht, Meritusir
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