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Der Wunsch des Re

Der Wunsch des Re

Titel: Der Wunsch des Re Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Dietrich
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enthoben, da es erneut Verzögerungen gegeben hatte, für die er verantwortlich gewesen war. Mit hängendem Kopf übergab der soeben degradierte Baumeister dem Wesir seinen Amtsstab und den vom Pharao einst verliehenen Siegelring.
    »Ich gewähre dir noch eine letzte Möglichkeit, um mir zu beweisen, dass du würdig bist, den Titel eines Baumeisters zu tragen«, knurrte Ramses. »Solltest du wieder versagen oder deiner Melde- und Überwachungspflicht nicht nachkommen, ist meine Geduld gänzlich am Ende. Ich schicke dich nach Siwa, damit du dort den Bau eines Tempels zu Ehren des Gottes Seth überwachst. Und vergiss nie meine Worte!«
    Der Mann fiel auf die Knie und presste die Stirn auf die Fliesen des Bodens. »Danke, Majestät, für deine Güte«, stammelte er. »Die Götter mögen dich beschützen, Mächtiger Horus. Mögest du Tausend mal Tausend Sed-Feste feiern.«
    Mit einer Handbewegung wischte Ramses ihn fort.
    »Amunhotep, tritt vor!«, befahl er, und der Hohepriester des Osiris trat mit gesenktem Haupt vor ihn hin. »Ich ernenne dich von heute an zum Obersten Vorsteher der Bauarbeiten Meiner Majestät. – Wesir, überreiche ihm die Zeichen seiner neuen Würde!«
    Nehi trat auf Amunhotep zu und reichte ihm lächelnd den Siegelring und den dazugehörigen Amtsstab.
    Dankbar verneigte sich Amunhotep vor seinem König und stellte sich ihm wieder zur Linken.
    Mit stolzgeschwellter Brust sah Satra zu ihrem Herrn und lachte ihm freudig zu, doch Amunhotep bemerkte es nicht. Also ließ sie den Blick wieder über die hohen Würdenträger und Höflinge schweifen, die gebannt an den Lippen des Königs hingen. Im Stillen amüsierte sie sich über sie.
    Den meisten von ihnen schien beim Nennen des ersten Namens ein Stein vom Herzen zu fallen, während sie beim zweiten lange und enttäuschte Gesichter machten, wenn nicht ihr eigener fiel. Sie selbst blieb völlig ruhig. Da sie kein verantwortungsvolles Amt innehatte, konnte sie es auch schlecht verlieren. Zudem war sie sich sicher, niemals eines zu bekommen.
    Als Letztes wurde der Oberste Polizeichef von Theben seines Amtes enthoben. An seine Stelle trat der umsichtige Nachtanch, dem es zu verdanken war, dass die Hintermänner des Gifthandels entlarvt und nebenbei noch der Mordanschlag auf den Osiris-Hohepriester aufgeklärt worden war.
    Der sonst so geschmeidige Medjai trat steifbeinig vor das königliche Podest und nahm aus den Händen des Wesirs die Zeichen seiner Würde entgegen. Er verneigte sich knapp und begab sich wieder zu seinem Platz zurück.
    Ramses’ Blick schweifte derweil über seine versammelten Untertanen. Satra hätte meinen können, dass er nach jemandem suchen würde. Auf einen Wink des Pharaos beugte sich Amunhotep ihm zu und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Die Augen des Königs wanderten daraufhin in die hinterste Ecke, wo sie sich an eine Säule presste, um nicht im Wege zu stehen.
    »Die Dienerin des Hohepriester des Osiris, die auf den Namen Satra hört, soll vor mir erscheinen!«, befahl Ramses mit kraftvoller Stimme.
    Ein erstauntes Raunen ging durch den Saal. Alle Anwesenden verdrehten sich die Hälse, um die Frau zu sehen, die soeben vor den Pharao befohlen worden war.
    Satra hingegen stand wie von einem Blitz des Gottes Seth gerührt in ihrer Ecke und konnte sich nicht bewegen.
    Würde sie jetzt für ihre Zweifel an Ramses’ Göttlichkeit bestraft werden?, fragte sie sich bang und wäre am liebsten auf der Stelle im Boden versunken.
    Langsam setzte sie den ersten Fuß vor und dann den nächsten. Sie glaubte sich einer Ohnmacht nahe, und ihr Magen rebellierte.
    Inzwischen war man auf sie aufmerksam geworden. Es bildete sich eine Gasse, durch die sie schleppend schritt. Als sie endlich das königliche Podest erreicht hatte, fiel sie auf die Knie, legte die Hände flach auf den Boden und berührte mit der Stirn den Boden.
    Ramses betrachtete Satra eine Weile, stand schließlich auf und kam die neun Stufen herunter, die ihn von den Sterblichen trennten.
    Erneut ging ein Raunen durch den Saal.
    »Du wurdest von einem Gericht zu Leibeigenschaft und Zwangsarbeit im Dienste Meiner Majestät auf Lebenszeit verurteilt«, stellte er laut genug fest, sodass es jeder hören konnte. »Seitdem hast du im Tempel des Osiris in Abydos gedient. Du wurdest verurteilt, weil dir niemand glauben wollte, dass du nie vorgehabt hattest, das zu tun, weswegen man dich angeklagt hatte. Heute weiß ich, dass du unschuldig bist.« Er sah auf die zu seinen Füßen kauernde

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