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Der Wunsch des Re

Der Wunsch des Re

Titel: Der Wunsch des Re Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Dietrich
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Abend gab.
    »Ich wollte es gar nicht glauben, dass du das wirklich bist, als Hekaib mir mitteilte, meine Dienerin wolle mich sprechen«, begrüßte er sie und grinste.
    »Warum denn nicht?«, erwiderte Meritusir leicht verstimmt. »Du hast mich doch nicht aus deinen Diensten entlassen. Also musste ich zurückkommen.«
    Amunhoteps Grinsen verschwand, und er wurde wieder ernst. »Also willst du jetzt von mir deine Entlassung aus meinem Haushalt erhalten«, neckte er sie.
    Hekaib hatte ihm bereits erzählt, dass sie ihm auch weiterhin dienen wolle. Er sah da zwar einige Probleme auf sich zukommen, aber auch die würden zu lösen sein. Eigentlich wollte er sie nur noch ein wenig hinhalten und ihre Treue testen, obwohl er wusste, dass sie ihm blind ergeben war.
    »Nein, Gebieter!« Meritusir machte ein langes Gesicht. »Warum denken bloß alle, dass ich dich verlassen will?« Sie stand da und hatte eine beleidigte Miene aufgesetzt. »Du weißt genau, dass ich das gar nicht könnte.« Sie deutete mit dem Kopf auf die Tätowierung auf ihrem linken Oberarm. »Außerdem will ich es auch nicht. Ich möchte zusammen mit dir das zu einem erfolgreichen Ende bringen, was wir gemeinsam begonnen haben.« Trotzig starrte sie ihm ins Gesicht, und Amunhotep gelang es nur dank seiner ausgezeichneten Beherrschung, nicht erneut zu grinsen.
    »Du weißt, dass es im Osiris-Tempel nur Priester und Unfreie gibt?«
    »Ja, Gebieter, das ist mir bekannt.«
    »Du bist nun eine Freie, Meritusir. Du bist weder eine Priesterin noch eine Unfreie. Was soll ich deiner Meinung nach tun?«
    »Diese Regel ändern«, erwiderte sie prompt, und Amunhotep schüttelte entschieden den Kopf.
    »Das geht nicht. Ich selbst habe sie aufgestellt, um eine bessere Kontrolle über das Tempelpersonal zu erlangen. Ich werde jetzt nicht als Erster gegen diese Anordnung verstoßen.«
    Unbeeindruckt zuckte Meritusir mit den Schultern. »Dann muss ich eben Priesterin des Osiris werden«, stellte sie nüchtern fest, und Amunhotep klappte die Kinnlade herunter.
    »Du willst Priesterin des Osiris werden?«, fragte er verwirrt. »Das weibliche Tempelpersonal besteht nur aus Musikerinnen, Sängerinnen und Tänzerinnen. Kannst du denn singen, tanzen oder ein Musikinstrument spielen?«
    »Sowohl als auch, mein Herr. Ich hatte aber eigentlich mehr an jene Laufbahn gedacht, die das männliche Personal einzuschlagen pflegt.«
    Amunhotep blieb die Spucke weg. »Ich glaube kaum, dass das möglich sein wird«, stieß er mühselig hervor.
    »Dann bitte ich dich, frage Pharao. Wer, wenn nicht er, kann es möglich machen?«
    Jetzt war Amunhotep gänzlich sprachlos. Eigentlich hatte er Meritusir nur etwas ärgern wollen. Sie aber hatte ihm den Wind aus den Segeln genommen.
    »Meinetwegen«, entgegnete er, nachdem er sich wieder gefasst hatte. »Du darfst, solange ich noch in Theben weile, deinen Dienst auch weiterhin als meine Dienerin versehen. Wenn ich jedoch nach Abydos zurückkehre, muss alles geklärt sein. Denn wie ich bereits sagte, und das war mein voller Ernst, ich werde nicht gegen meine eigenen Regeln verstoßen.«
    Ergeben neigte Meritusir den Kopf. »Ja, mein Gebieter, ich verstehe. Doch bitte glaube auch mir, es war auch mein voller Ernst, als ich sagte, dass ich dann Priesterin werden will.«

ZEHN
     
     
     
     
     
     
     
    Amunhotep sprach zwei Tage später mit dem Pharao, und nachdem Ramses ihn erst ungläubig angesehen und dann schallend gelacht hatte, wurde er wieder ernst und dachte nach.
    »Und sie hat gesagt, sie will Priesterin des Osiris werden?«, fragte er und faltete die Hände vor dem Bauch.
    Es war zwar nicht ungewöhnlich, dass auch Frauen den Tempeldienst versahen, aber für gewöhnlich taten sie es eher für Göttinnen als für Götter. Meritusir war jedoch von Osiris erwählt worden, einem Gott. Warum sollte sie dann ihm nicht auch dienen?
    »Meinetwegen. Soll sie der Priesterschaft des Osiris beitreten, aber ...«, Er machte eine Pause und sah Amunhotep eindringlich an, »sie wird, wie alle anderen auch, alle Stufen durchlaufen. Mir ist zwar bewusst, dass sie von ihrem Wissen und Können den meisten Wab-Priestern weit überlegen sein wird, dafür hat sie auf dem Gebiet ihres Glaubens einigen Nachholbedarf.«
    »Wie du wünschst«, entgegnete Amunhotep. »Ich kann jedoch bestätigen, dass Meritusir allmählich zu ihrem Glauben gefunden hat. Inzwischen betet sie regelmäßig zu Osiris, auch wenn sie versucht, es heimlich zu tun, sodass ich es nicht

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