Der Wunschtraummann
bloß keins, also sollte ich wohl lieber hierbleiben. Irgendwie bin ich sowieso nicht in der richtigen Stimmung …«
Juhu, ich kann den Abend im Pyjama mit Flea auf dem Schoß vor dem Fernseher verbringen.
Aber die Freude währt nicht lange.
»Quatsch mit Soße. Natürlich kommst du mit«, sagt sie entschieden und wischt meine Einwände mit einem Schwung ihres Lipgloss-Applikators beiseite, als schwinge sie einen Zauberstab. »Du bist deprimiert. Wenn du zu der Party gehst, fühlst du dich garantiert gleich viel besser.« Aufmunternd strahlt sie mich an.
»Ich bin nicht deprimiert, ich habe Liebeskummer«, erkläre ich.
Das Lächeln weicht einer besorgten Miene. »Ach Tess, du musst endlich aufhören, Seb hinterherzuheulen. Vergiss ihn einfach. Tu, als gäbe es ihn nicht. Das ist doch jetzt schon Monate her …«
»Es ist nicht schon Monate her, bloß zwei Monate, eine Woche und drei Tage … oder so«, sage ich und versuche, betont unbeteiligt zu klingen, was mir kläglich misslingt, »und ich heule ihm auch nicht hinterher. Er fehlt mir halt.«
»Klar fehlt er dir«, sagt sie und drückt mir tröstend den Arm. »Und ich weiß ganz genau, wie das ist. Ich habe das auch schon alles durchgemacht. Weißt du noch, als Lawrence mit mir Schluss gemacht hat?«
»Das kann man ja wohl kaum vergleichen – ihr habt euch nur zweimal getroffen.«
»Trotzdem hat er mir das Herz gebrochen«, entgegnet sie gekränkt.
»Fiona, das Einzige, was dir je das Herz gebrochen hat, war, als bei L. K. Bennett im Schlussverkauf deine Größe nicht mehr da war«, erkläre ich bestimmt.
Es ist ja nicht so, als hätte Fiona keine Gefühle, aber wenn bei ihr eine Liebesbeziehung in die Brüche geht, gesteht sie sich gerade mal vierundzwanzig Stunden zu, um zu trauern, sämtliche SMS zu löschen und den Kühlschrank leerzufuttern. Danach legt sie ihre Tracy-Anderson-Fitness- DVD ein, ändert ihren Beziehungsstatus bei Facebook zu Single und geht wieder online.
»Liebe wird nicht in gemeinsamer Zeit gemessen, musst du wissen, Tess«, verkündet sie weise und tut, als habe sie meinen letzten Einwurf überhört. »Es gibt auch die Liebe auf den ersten Blick.«
»Ich glaube eher, das ist Lust auf den ersten Blick«, verbessere ich sie und muss an ihre beiden Verabredungen mit Lawrence denken, die, wenn ich mich recht entsinne, hauptsächlich unter ihrer Bettdecke stattfanden.
»Ich habe noch ein anderes Kostüm, das kann ich dir leihen«, sagt sie und überhört mich einfach. »Mir ist es ein bisschen zu eng, weil die Tom-Yam-Diät leider nicht so angeschlagen hat. Ich habe fast zwei Kilo zugenommen …« Missgestimmt schaut sie auf ihren Bauch und versucht, ihn einzuziehen, sodass ihr Brustkorb sich weitet und ihre Oberweite noch größer wirkt als ohnehin schon. »Dir passt es sicher wie angegossen«, fährt sie fort und guckt mich vielsagend an.
»Was ist das denn für ein Kostüm?«, erkundige ich mich misstrauisch.
»Du findest es bestimmt umwerfend! Ein sexy Miezekätzchen!«, meint sie strahlend.
Mir bleibt fast das Herz stehen. »Wie kann ein Miezekätzchen denn sexy sein?«, jaule ich, aber irgendwie bezweifele ich jetzt schon, ob ich die Antwort auf diese Frage hören will.
Ehe sie etwas darauf erwidern kann, werden wir vom Klingeln ihres BlackBerrys unterbrochen, das auf dem Tisch liegt, und sofort reißt sie es an sich und geht ran. »Pippa, Süße«, quiekt sie und schaltet um auf näselnden Singsang. »Wie geht’s?«
Pippa ist eine von Fionas vornehmen neuen Freundinnen, die sie letzten Sommer beim Cartier International Poloturnier kennengelernt hat. Fiona war dort, weil sie einen Artikel darüber schreiben sollte – Polo ist angeblich das neue Pilates –, und Pippa und ihre Clique waren dort, weil sie mit den Mitgliedern des Königshauses befreundet sind, die daran teilnahmen. Pippa hatte mal was mit Prinz Harry. Oder kannte eine, die was mit Prinz Harry hatte. Wie dem auch sei, irgendwie hat sie was mit ihm zu tun, ganz gleich, wie entfernt, und das hat die Marilyn Monroe in Fionas Norma Jean herausgekitzelt.
»Aber natürlich, ich freue mich schon so auf heute Abend. Kommen Tiggy und Rizzle auch?«
Das ist mir schon vorher an Fionas hochnäsigen Freundinnen aufgefallen: Keine von denen hat einen normalen Namen. Die klingen alle wie Figuren aus einem Kindercomic. Selbst Fiona heißt bei ihnen plötzlich nicht mehr einfach nur Fiona – nein, stattdessen verwandelt sie sich unversehens in »Fifi«. Was ich
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