Der Wunschzettel - Be Careful What You Wish For
nicht.
Heather! Niemand macht allein eine Flasche Champagner auf. Du musst ihn mit jemandem trinken. Müßig nehme ich eine Mandarine und schäle sie, wobei ich meine ganze Aufmerksamkeit darauf richte, die harten weißen Fasern von jedem Schnitz abzulösen, ehe ich den Geschmack des Fruchtfleisches genieße, als ich mir einen nach dem anderen in den Mund schiebe.
Was etwa drei Minuten dauert.
Nicht mal ein winziges, lächerlich kleines Schlückchen?
Lüstern beäuge ich die Moët-Flasche. Ich spüre, wie meine Entschlossenheit ins Wanken gerät. Warum darf ich eigentlich Champagner nicht allein trinken? Warum sollte mir die Gesellschaft vorschreiben, dass das eine reine Zweieraktivität ist? Ich packe die Flasche und reiße die Goldfolie ab. Außerdem trinke ich ja nicht die ganze Flasche, sondern möchte nur einen Schluck probieren. Ich löse den Korken mit dem Daumen, worauf er mit einem lauten Ploppen herausspringt. Eilig schnappe ich mein Glas und halte es darunter, um die bernsteinfarbene Flüssigkeit aufzufangen.
Drei Gläser später habe ich einen Schwips. Ich singe mit Michael Crawford im Duett, drehe in meinen Satinstilettos Pirouetten in der Küche, schließe die Augen und breite die Arme aus, als wir dem Crescendo entgegenstreben. Ich fühle mich herrlich. Lebendig. So glücklich, dass ich am liebsten laut schreien würde. Ich hole tief Luft, lege den Kopf in den Nacken und lege mich so richtig ins Zeug. Zugegebenermaßen glaube ich, dass ich eine wirklich gute Stimme habe. Ich bin ein Naturtalent. Eigentlich gehöre ich auf eine Bühne. Mit ein bisschen Unterricht würde ich eine gute Tänzerin abgeben. Ich meine, sehen Sie sich mal Catherine Zeta-Jones an. Alles, was man braucht, ist ein bisschen Übung und ein Paar Netzstrümpfe. Und bei all den Kicks hätte ich am Ende garantiert erstklassige Oberschenkel.
So wie jetzt … Champagner schwappt über den Glasrand, als ich das Bein in die Luft werfe. Ta-daaah! Ich rutsche mit dem Absatz auf dem Linoleumboden aus und lande mit einem dumpfen Poltern auf dem Hintern. Aua. Tja, offenbar muss ich noch ein wenig üben.
Mühsam rapple ich mich hoch, humple zu einem Stuhl und schenke mir noch ein Glas Champagner ein. Ich winde mich vor Schmerz und trinke ihn aus medizinischen Gründen. Verdammt, ich könnte töten für eine Zigarette. Ich überlege, ob ich kurz zum Laden an der Ecke laufen und eine Schachtel Marlboro Lights kaufen soll, aber mein Knöchel tut weh. Ach, verdammt, vergiss es. Zum Trost trinke ich noch einen Schluck.
Aber das macht es auch nicht besser.
Ich wünschte, ich hätte eine Zigarette.
Plötzlich fällt es mir wieder ein. Gabe raucht doch.
Freudig erregt humple ich den Flur entlang zu seinem Zimmer. Ich bin sicher, es macht ihm nichts aus - Raucher in Not und so. Ich will gerade die Tür öffnen, als etwas in der Nische unter der Treppe meine Aufmerksamkeit auf sich zieht. Es ist das grüne Lämpchen am Anruf beantworter, der hinter der Vase mit den welkenden roten Rosen steht. Das Lämpchen blinkt, was bedeutet, dass jemand eine Nachricht hinterlassen hat. Im Eifer des Gefechts muss ich es beim Nachhausekommen übersehen haben.
Ich humple hinüber und sehe auf das Display. Drei Nachrichten. Ich drücke die Abspieltaste und warte gespannt. Es piept. »Hallo, bitte legen Sie nicht auf. Hier spricht IPC Finance. Wir können Ihnen helfen, tausende Pfund an Steuern zu sparen …« Ungeduldig drücke ich die Löschtaste, worauf der Anrufbeantworter erneut piept, um die nächste Nachricht anzuzeigen. »Hey, Schatz, ich bin’s. Ich liege gerade am Pool …«
Jess! Begeistert lausche ich ihrer Schilderung, wie gut sie sich in Kapstadt amüsiert und dass sie beschlossen hat, eine Zeit lang die Finger von den Männern zu lassen. Ich höre sie an einer Zigarette ziehen. Was mich an meine eigene Lust auf Nikotin erinnert. Ich öffne die Tür zu Gabes Zimmer.
»… also habe ich mir gedacht: ›Was soll’s, Jess. Wenn es passieren soll, passiert es auch …‹«
Ich höre sie im Hintergrund plappern, während ich den Raum nach dem vertrauten rotweißen Päckchen absuche. Am Bücherregal in der Ecke bleibt mein Blick hängen. Aha! Triumphierend stürze ich mich auf die Marlboro und nehme eine aus der Schachtel.
»… weil du Recht hast. Besser geliebt und dann alles verloren zu haben als -«
Piep.
Der Anruf beantworter schneidet ihr mitten im Satz das Wort ab. Typisch Jess. Ich kann mich nicht erinnern, dass sie es jemals
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