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Der Zauber der ersten Seite - Cossé, L: Zauber der ersten Seite - Au bon roman

Titel: Der Zauber der ersten Seite - Cossé, L: Zauber der ersten Seite - Au bon roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurence Cossé
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blitzte Freude in Francescas Augen auf, und diese Blitze brachen durch ihre übliche Zurückhaltung wie ein Sonnenstrahl durch dunkle Wolken.
    »Wir haben wohl beide alle Brücken hinter uns abgebrochen, was das angeht.« Francesca strahlte vor Dankbarkeit. »Das ist unsere Stärke. Ivan, zu wem geht man, wenn man der Polizei Attentate auf die Literatur melden will?«
    Nun lächelte Van.
    »Über diese Frage habe ich eine Stunde lang nachgedacht, bevor ich Sie anrief. Ich glaube, man wendet sich an die Kriminalpolizei, aber das ist eine Armee von achttausend Mann.«
    »Wir sollten nicht gleich den obersten General ins Auge fassen«, sagte Francesca, vermutlich, weil genau das ihr erster Gedanke gewesen war. »Damit würden wir nur Zeit verlieren. Was wir brauchen, das ist ein findiger und einfühlsamer Kommissar – in Kriminalromanen kommen solche Leute vor.«
    Ivan holte die beiden Bogen von seinem Schreibtisch, die er vor Francescas Eintreffen ausgedruckt hatte, das farbige Organigramm der Kriminalpolizei und die genauen Mitarbeiterzahlen.
    »Vierundachtzig Kommissare und tausendeinhundertzweiundvierzig Polizeioffiziere nur für die Region Paris. Und allein für die Vizedirektion ›Straftaten‹ sieben Zentralbüros, drei Abteilungen und etwa dreißig auf verschiedene Verbrechen und Straftaten spezialisierte Gruppen. Wie soll man da an die richtige Tür klopfen?«
    Francesca hatte sich an ihren Schreibtisch gesetzt und blätterte jetzt in ihrem Adressbüchlein.
    »Ich habe keine Kontakte zur Polizei aufrechterhalten«, sagte sie mit leicht veränderter Stimme. »Meine Kontakte mit der Polizei sind mit dem schlimmsten Augenblick meines Lebens verbunden.«
    »Denken Sie nicht daran.«
    »Nein, aber ein Neffe von mir – eigentlich ist er ein Neffe meines Mannes – ist Präfekt und war einige Jahre lang in leitender Position in der Hauptabteilung für die Überwachung des Staatsgebiets, er hat bestimmt Freunde bei der Polizei. Er hat das Herz auf dem rechten Fleck. Ein wenig ein Brummbär, ziemlich wortkarg, aber ein durch und durch feiner Mensch. Ich habe mich immer darüber gewundert. Man stellt sich Präfekten ja immer als hartherzige Menschen vor. Ich kann ihn anrufen.«
    »Damit er uns sagt, an wen wir uns wenden sollen?«
    »Ja. Der gute Roman ist ihm vertraut. Ich habe ihm von unseren Sorgen erzählt, als ich ihn das letzte Mal sah, im Juni, bei einer Hochzeit. Das waren ja damals noch Sorgen, über die man mit einem Glas Wein in der Hand plaudern konnte.«
    »Es fragt sich nur, wie man ihn um Rat bitten kann, ohne ihm zu viel zu verraten. Es darf nicht das Geringste an die Öffentlichkeit dringen. Stellen Sie sich vor, die übrigen Komiteemitglieder erfahren es aus der Zeitung.«
    Francesca nickte. Zwanzig Sekunden lang konzentrierte sie sich, reglos, die Hand schon auf dem Hörer, dann rief sie den Präfekten an, erweichte eine hartgesottene Sekretärin, bekam ihren Neffen an die Strippe und erläuterte ihm ihr Anliegen in wenigen ebenso wohlformulierten wie meisterlich vagen Sätzen.
    Der Neffe und Präfekt schien Fragen zu stellen, denn Van hörte danach nur noch: »Ja, gewissermaßen, ja, so könnte man sagen.«
    »Rufst du mich dann zurück?«, fragte Francesca schließlich.
    Sie legte auf.
    Der Neffe werde sich erkundigen, einen Gesprächspartner finden, diesen zu überzeugen versuchen und dann zurückrufen, fasste sie das Gespräch für Van zusammen.

12
    Z ehn Minuten später hatte er es geschafft. Um zwanzig nach neun. Van rief nur noch kurz bei Anis an und fragte, ob sie ihn vertreten könne, denn um zehn öffnete die Buchhandlung, dann machten sie sich auf den Weg.
    Francesca und er gingen zu Fuß zum Quai des Orfèvres, durch die Rue Danton und dann über den Pont Saint-Michel. In der Kripo wurden sie schon erwartet, von einem gewissen Gonzague Heffner.
    Ein Mann in den Vierzigern, mit dunklem Haar und schon sehr hoher Stirn, mager und muskulös, der eher wie ein Sporttrainer wirkte. Und der, nachdem er sich kurz vergewissert hatte, dass es sich bei ihnen um die angekündigten Besucher handelte, mit ein wenig Ironie in der Stimme und Geziertheit in der Sprache mitteilte, er sei neugierig zu erfahren, was denn das dringende Anliegen sei, denn sein Freund Dolmen habe ihm nichts darüber gesagt, nur, dass er ein besonderes Interesse daran nehme.
    »Lesen Sie gern einmal einen Roman?«, fragte Francesca.
    »Einen guten Roman«, antwortete Heffner.
    Van runzelte die Stirn. Francesca legte den Kopf

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