Der Zauber des Engels
sie unterbrach ihn und bestand darauf, dass ich mit zu ihnen kam und im Zimmer ihrer ältesten Tochter schlief. Sie würde mir auch etwas Frisches zum Anziehen raussuchen, versprach sie. Bemuttert zu werden war genau das, was ich jetzt brauchte. Ich informierte einen Polizisten und gab den Feuerwehrleuten ihre Decke zurück. In diesem Augenblick registrierte ich, dass ich noch immer den Mantel des Fremden anhatte. Ich schaute mich nach dem jungen Mann mit dem goldblonden Haar um, aber er war nirgends zu sehen.
»Komm jetzt«, sagte Sarah mit fester Stimme. Ich gehorchte und ließ mich wegführen. Ben und der Pfarrer folgten uns in einiger Entfernung.
Als wir Bens Haus erreichten, sagte er: »Gute Nacht, Fran. Es tut mir so leid. Das mit deinem Laden … und alles. Ich weiß, ich war nicht …« Aber ich unterbrach ihn einfach und umarmte ihn zum Abschied kurz. Jedes weitere Wort war jetzt zu viel.
Es war drei Uhr morgens, und ich war hellwach. Meine Nerven waren aufs Äußerste gespannt. Als ich bei den Quentins am Tisch saß und eine Tasse Tee trank, sprang Luzifer auf den Stuhl neben mir und schaute mich aufmerksam an. Es hat keinen Sinn, wieder ins Bett zu gehen, dachte ich. Aber offenbar hatte Sarah mir was in den Tee getan, denn nachdem sie mich nach oben in ein hübsches rosa-weißes Zimmer gebracht und mit einer Wärmflasche versorgt hatte, schlüpfte ich ins Bett und war sofort tief und fest eingeschlafen.
32. KAPITEL
Es erschien ihm aber ein Engel vom Himmel und stärkte ihn.
Lukas 22,43
Meine Träume waren schrecklich, voller Geschrei und Rauch und dämonischem Lachen. Als ich erwachte, war es bereits hell. Meine Hände und das Gesicht waren knallrot und brannten. Als ich sie im Bad unter kaltes Wasser hielt, dachte ich an Zac. Ich musste ihn dringend anrufen, um ihm zu berichten, was geschehen war. Mein nächster Gedanke galt Raphael. Wir durften ihn auf keinen Fall in der Werkstatt lassen; dort war er nicht sicher.
Sarah war schon aufgestanden und bereitete das Frühstück, als ich in einem Morgenmantel, den ich an einem Haken an der Schlafzimmertür gefunden hatte, herunterkam. Ich warf einen Blick auf die Küchenuhr: kurz vor acht.
»Amber hat angerufen«, sagte sie. »Wir wollten dich nicht wecken, deshalb ist Jeremy zu ihr ins Heim gegangen.«
»Wieso?«, fragte ich verwirrt.
»Sie war völlig außer sich«, erklärte Sarah. »Irgendwer im Heim hat ihr von dem Brand erzählt. Sie glaubt, dieses Mädchen, diese Lisa, hätte was damit zu tun. Jeremy wollte die Wogen glätten.«
»Glaubt er etwa auch, Lisa könnte das Feuer gelegt habe?«
»Ich bin sicher, dass Amber voreilige Schlüsse zieht. Die Polizei geht offensichtlich von einem bösen Streich aus, oder? So, Fran, jetzt werfen wir erst einmal einen Blick in Fenellas Kleiderschrank. Da finden wir bestimmt was Passendes zum Anziehen für dich.«
Die älteste Tochter der Quentins war um einiges fülliger als ich, und ich kam mir in den zu weiten Klamotten ein bisschen komisch vor. Aber für den Moment musste es reichen. Inzwischen war es neun Uhr, und ich sagte Sarah, ich müsse dringend zum Laden, um Zac zu treffen.
Wahrscheinlich war er noch nie in seinem Leben so schockiert gewesen. Sein Lieferwagen hielt draußen, und ich lief sofort zu ihm, als er heraussprang. »Wie um alles in der Welt ist das passiert?«, fragte er.
»Oh, Zac«, war alles, was ich herausbekam, dann fing ich schon wieder an zu weinen.
Er zog mich an sich. »Ich kann es nicht glauben«, flüsterte er.
Stotternd erzählte ich ihm die Geschichte, dann sahen wir uns zusammen die Überreste von Minster Glass an.
Auch die Passanten blieben stehen, um sich das heruntergebrannte Haus anzusehen. Es war ein schrecklicher, desolater Anblick: eine rußgeschwärzte Masse aus verzogenen Holzbalken, zerbrochenem Glas und verbogenem Metall, die in der kühlen Morgenluft immer noch leicht vor sich hin qualmte. Irgendwer hatte die Scherben auf dem Gehweg zusammengekehrt, sie lagen nun auf einem Haufen im Eingang. Zac bückte sich, um ein Teil von Dads Engel herauszuziehen, das aus dem Haufen ragte, warf ihn dann jedoch frustriert zurück. Das Bild war nicht mehr zu retten. Amber würde am Boden zerstört sein.
»Zac«, bat ich leise. »Können wir mal nach hinten gehen? Ich möchte gern sehen, in welchem Zustand sich die Werkstatt befindet.«
Er sah mich an. »Du denkst dasselbe wie ich, oder?« Ich nickte.
Ich steckte den Schlüssel in die Werkstatttür. Dabei stellte ich
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