Der Zauber des Faun (Gay Romantic Fantasy) (German Edition)
anders", beharrte der Spanier und schaute seinen Freund fragend an. Dieser bemerkte, dass sie sich immer noch an den Händen hielten. Er nickte. "Ja, irgendwie anders", gab er zu. Doch seine Stimme enthielt einen merkwürdigen Unterton, der sich nicht auf das eben Gesehene bezog. Angelo lächelte.
"So wie wir?", fragte er dann und blickte Nicolas nun geradewegs in die Augen. Er musste den Kopf dazu heben, denn der Franzose war einen halben Kopf größer als er. Nicolas schluckte, als ihm bewusst wurde, was Angelos Frage bedeutete, doch er wich seinem Blick nicht aus. Diese lachenden, braunen Augen hielten ihn gefangen, und er konnte nicht anders, als sich hinunter zu beugen und diesen weichen, vollen Mund zu küssen. Der Spanier erwiderte ihn erst zärtlich, dann immer leidenschaftlicher. Dabei schlang er seine Arme um den schlanken Freund und schmiegte sich an ihn. Sie sanken in das Smaragdgrün des Grases und stürzten sich gleichzeitig in die Wogen ihrer auflebenden Gefühle.
Als sie wieder voneinander abließen, hütete der Wald ein Geheimnis mehr. Sie lagen nackt auf der kleinen Wiese, über der der Duft des nahenden Sommers schwebte und blickten verträumt in das schimmernde Hellblau des Himmels, das über den schweren, hohen Wipfeln zu sehen war.
Angelo kaute verträumt auf einem Grashalm. "Wir dürfen es niemandem sagen", meinte er nachdenklich.
Nicolas sah ihn verwirrt an. "Was? Das mit uns?"
Angelo lächelte. "Das auch. Aber ich meine das weiße Reh. Sie würden es jagen und töten."
"Hm. Da könntest du wohl recht haben. Der Fürst würde ein solches Fell vielleicht gerne besitzen, weil es so selten ist". Er überlegte kurz, bevor er fortfuhr: "Aber als Jäger ist es meine Pflicht, solche Dinge zu melden."
Angelo stützte sich auf seinen Arm und sah zu seinem neben ihm liegenden Freund und Geliebten hinüber. Seine braunen Augen blickten ernst. "Das darfst du nicht. Solche Tiere sind magisch", sagte er.
Nicolas lachte und gab ihm einen Stups auf die Nase. "Sag bloß, du bist abergläubisch, Angelo."
Der junge Spanier ließ sich wieder ins Gras fallen. "Ich weiß, was ich weiß", sagte er wie ein trotziger kleiner Junge. Nicolas beließ es dabei. Er wollte diesen schönen Tag nicht mit unsinnigen Diskussionen verderben. Stattdessen hing er lieber seinen Gedanken nach. Als sie sich geliebt hatten, war Jarins Bild in seinem Herzen verblasst und hatte Angelos Züge angenommen. Das war einerseits ein gutes Zeichen, dass er über den Verlust hinweggekommen war, doch ein wenig schlechtes Gewissen blieb. Was soll´s. Das Leben geht weiter. Es muss ja weiter gehen. Ich sollte diesen Sommer hier genießen und dann zurückkehren nach Frankreich. Vielleicht bleiben Angelo und ich ja zusammen. Dieses Land hier ist einfach zu - wild. Ja, genau. Hier ist die Zeit seit Jahrhunderten stehen geblieben, dachte er, während er die wärmenden Sonnenstrahlen auf seiner Haut genoss.
Er wandte sich noch einmal zu Angelo. Das Sonnenlicht überzog die leicht gebräunte Haut des jugendlichen Körpers mit einem satten Bronzeton. Er sieht einfach zum Anbeißen aus, dachte Nicolas und streichelte sanft über die unbehaarte Brust seines Freundes. "Was hältst du davon, wenn ich dich im Herbst begleite? Wir gehen zusammen von hier fort und fangen in deinem oder meinem Land ein neues Leben an."
Angelo strahlte ihn an wie ein Junge am Weihnachtsmorgen. Dann nahm er Nicolas´ Gesicht in beide Hände, zog es an sich und küsste ihn als Antwort.
In dieser Nacht hatte der heimatlose Franzose einen noch seltsameren Traum. Es war eine milde Vollmondnacht. Wieder hörte er die hypnotischen Klänge, die ihn hinaus in den Wald lockten. Sie führten ihn zu genau derselben Lichtung, auf der sie sich geliebt hatten. Doch diesmal stand anstelle der weißen Ricke ein wunderschönes Mädchen dort im kniehohen Gras. Ein silberig schimmernder Nebel lag über der gesamten Wiese, der Wald erhob sich dahinter wie eine massige, dunkelgrüne Wand. Sie trug ein langes, weißes Kleid und offene schwarze Haare. Ihre Augen sprühten Funken vor Lebensfreude, dennoch lag ein Schatten über ihrem Gesicht. Nicolas erkannte die junge Frau von dem Bildnis, dass Prinz Radu ihm gezeigt hatte: es war Caralina, die Tochter von Fürst Valeriu. Und sie sprach zu ihm.
"Sag meinem Vater, es ginge mir gut und er möge mit dem Abholzen des Waldes aufhören", mahnte sie eindringlich.
"Aber darauf habe ich keinen Einfluss.
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