Der Zauber des Faun (Gay Romantic Fantasy) (German Edition)
Vater."
Dieser letzte Satz irritierte Nicolas doch sehr. Wer oder was trieb sich dort draußen in den dunklen Wäldern herum?
* * *
Nach einer Woche hatte sich der französische Hauptmann in dem einsam gelegenen Holzhaus eingelebt. Es bestand aus schweren Bohlen und einem festen Schilfdach, das Wind und Wetter trotzte. Ein großer Teich befand sich in der Nähe auf einer Lichtung. Dort gab es Wasser und auch Fische im Überfluss. Eine Scheune diente als Unterstand für sein Pferd. Deren Dachboden war reich mit Heu und Stroh gefüllt. Eine kleine Wiese sorgte für frisches Gras. Einmal in der Woche kam eine Magd mit einem Korb frischem Brot, Eiern, Obst und Gemüse vorbei. Es war an alles gedacht worden, und eigentlich hätte er den Sommer hier unbeschwert verbringen können, wenn da nicht dieses dunkle Geheimnis gewesen wäre, von dem nun auch er wusste.
Radu hatte ihm noch ein Gemälde von seiner Schwester gezeigt, bevor er die Burg Codrea verlassen hatte. Eine wunderschöne junge Frau mit langen, pechschwarzen Haaren und funkelnden Augen hatte ihn darauf angelächelt. Sie besaß eine deutliche Ähnlichkeit mit ihrem Bruder. Der junge Prinz war ebenfalls sehr hübsch, doch Nicolas hatte noch keinen Blick für andere Männer seit Jarins Tod. Wie lange war das nochmal her? Über vier Monate. Wo war die Zeit geblieben?
In der Abgeschiedenheit der Jagdhütte kam Nicolas wieder zur Besinnung und zur Ruhe. Er schlief nachts besser, und die Wunde in seinem Herzen begann zu heilen. Doch die Melancholie der Bewohner hier schien auf ihn abzufärben, obwohl rings um ihn die Natur explodierte mit Farben, Düften, Gesang und Sonnenschein. Die warme Jahreszeit weckte auch in Nicolas wieder die Sehnsucht nach einem Gefährten. Mit dieser Sehnsucht kamen neue Träume. Es begann in einer Vollmondnacht kurz vor dem Osterfest. Er hörte Musik in seinem Traum, seltsam lockende, zärtliche Klänge, die ihn umschlangen wie eine Ranke wilden Efeus die starken Bäume in seinem Wald. Am nächsten Morgen, als ihm wieder einmal die Vorräte gebracht wurden, fragte er die Magd: "Habt Ihr ein Fest gefeiert in Eurem Dorfe?"
Die grauhaarige Frau verstand ihn nicht und schüttelte wild den Kopf. Bislang sprach Nicolas nur sehr wenig Rumänisch. Natürlich wusste Nicolas, dass das Dorf viel zu weit entfernt war, um durch den dichten Wald noch die Musik zu hören. Er musste sich getäuscht haben. Am Nachmittag traf ein weiterer Besucher an seiner Jagdhütte ein, als er gerade dabei, eine Flinte zu reinigen. "Du bist ja immer noch hier", lachte er, als er den dunkelhaarigen Lockenkopf erkannte.
Es war Angelo. Erfreut, den jungen Spanier wiederzusehen, holte Nicolas eine Flasche Wein und ein Brot, um seinen Gast zu bewirten. Die Gesellschaft des fröhlichen Artisten behagte ihm und ließ ihn für eine Weile seine eigene Traurigkeit vergessen. Angelo teilte ihm mit, dass sich ihre Abfahrt wohl bis zum Herbst verzögern würde, da sein Vater hier gutes Geld im Sägewerk verdiente. Aus Langeweile hatte er sich nach dem Franzosen erkundigt und erfahren, dass dieser nun der Jäger des Fürsten war.
"Denk dir nur, Fürst Valeriu hat befohlen, die Wälder rund um das Dorf abzuholzen. Obwohl es Unsinn ist, sagt Vater. Die Bäume stehen voll im Saft und brauchen elend lange, um zu trocknen und weiter bearbeitet zu werden. Er sagt, der Fürst hasst den Wald", sagte der Spanier und ließ sich dabei Brot und Wein schmecken.
"Hm", machte Nicolas nur nachdenklich, obwohl er die Reaktion überzogen fand.
"Im Herbst kommen die Händler und kaufen die besten Stämme. Der Rest wird als Feuerholz in die Städte verkauft", berichtete Angelo eifrig weiter, als sei er der Besitzer des Sägewerkes. Nicolas musste lächeln. Angelos Französisch war wesentlich besser als bei ihrer ersten Begegnung. Offenbar hatte er heimlich geübt, um ihn zu beeindrucken. Dabei kam ihm der Gedanke, dass der Junge ja auch ihm vielleicht ein wenig mehr Rumänisch beibringen konnte. Er fragte ihn und Angelo nickte eifrig. "Si, kann ich tun. Ich komme jeden Tag und gebe dir Unterricht." Jetzt klang er wie ein Professor. In seiner Gegenwart musste man einfach gute Laune bekommen. Nicolas lachte. "Abgemacht. Ich freue mich. Dann sehen wir uns morgen wieder."
Angelo hielt sein Versprechen und tauchte tatsächlich jeden Tag um die Mittagszeit auf, um mit Nicolas zu lernen. Eigentlich lernten sie voneinander. Nicolas brachte ihm mehr Französisch bei, und er lernte
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