Der Zauber des weissen Wolfes
begann ihn auf den gesenkten Kopf zuzuziehen - und auf die Hörner, die der Stirn entsprangen.
Elric wehrte sich, hackte mit jener zusätzlichen Kraft, welche von der Todesgefahr geweckt wird, auf die dünnen Arme des Wesens ein.
Im nächsten Augenblick hörte er hinter sich einen Schrei und nahm aus den Augenwinkeln eine Gestalt wahr, eine Gestalt, die in jeder Hand eine schimmernde Klinge hielt. Die Schwerter hieben auf die Krallen ein, und kreischend wandte sich das Wesen dem Retter Elrics zu.
Es war Mondmatt. Elric fiel schweratmend auf den Rücken und sah zu, wie der kleine rothaarige Freund gegen das Monstrum kämpfte.
Ohne Hilfe hatte er allerdings keine große Chance.
Elric zermarterte sich das Gehirn nach einem Zauber, der auf die Situation passen mochte, doch er war zu schwach. Selbst wenn ihm ein Spruch eingefallen wäre, hätte er nicht die Kraft gehabt, übernatürliche Hilfe herbeizurufen.
Dann fiel ihm die Lösung ein! Yishana! Sie war nicht so erschöpft wie er. Aber würde sie es schaffen?
Er wandte sich um, während die Luft vom Flügelschlag des Wesens zu stöhnen begann. Mondmatt vermochte sich das Geschöpf nur mühsam vom Halse zu halten, seine beiden Schwerter zuckten in schneller Folge, in dem Bemühen, alle Angriffe des Schmetterlingswesens abzuwehren.
»Yishana!« krächzte der Albino.
Sie eilte zu ihm und legte eine Hand auf die seine. »Wir könnten fliehen, Elric, und uns vor
dem Ding vielleicht verstecken.«
»Nein. Ich muß Mondmatt helfen. Hör zu - du siehst doch, wie verzweifelt unsere Lage ist. Denk daran, während du den Zauberspruch mit mir aufsagst! Vielleicht schaffen wir es gemeinsam. In dieser Gegend gibt es doch viele Echsen, oder?«
»Ja, Elric - sehr viele.«
»Dann mußt du folgendes sagen - und denk daran, daß wir alle Theleb K'aarnas Helfer zum Opfer fallen, wenn du es nicht schaffst!«
In den Halbwelten, in denen die führenden Wesen aller Rassen außer den Menschen hausen, regte sich ein Wesen, als es seinen Namen vernahm. Das Wesen hieß Haaashaastaak und war schuppig und kalt und besaß keinen wirklichen Verstand, wie ihn Menschen und Götter hatten, sondern nur eine Bewußtheit, die ihm jedoch genügte. Auf dieser Ebene war es verwandt mit Wesen wie Meerclar, dem Lord der Katzen, Roofdrak, dem Lord der Hunde, Nuruah, dem Lord des Viehs, und vielen, vielen anderen Geschöpfen. Er war Haaashaastaak, Lord der Echsen. Er vernahm keine Worte im eigentlichen Sinne, sondern nur einen Rhythmus, der ihm viel bedeutete, obwohl er den Grund nicht kannte. Diese Rhythmen wurden andauernd wiederholt, schienen aber zu schwach zu sein, um Beachtung zu lohnen. Das Geschöpf regte sich und gähnte, unternahm aber nichts...
Haaashaastaak, Lord der Echsen! Deine Kinder waren die Väter von Menschen, Haaashaastaak, Prinz der Reptilien. Komm, hilf einem Enkel!
Haaashaastaak, Vater der Schuppen, Kaltblütiger Lebensspender...
Es war eine bizarre Szene: Elric und Yishana sangen in verzweifelter Hast ständig denselben Zauberspruch, während Mondmatt weiterkämpfte und langsam erlahmte.
Haaashaastaak erbebte und fühlte seine Neugier stärker werden. Die Rhythmen waren nicht kräftiger geworden, wirkten aber dringlicher auf ihn ein. Er beschloß, an den Ort zu reisen, an dem jene lebten, die er bewachte. Wenn er den Rhythmen gehorchte, das wußte er, mußte er ihrer Ursache gehorchen. Natürlich wußte er nicht, daß ihm solche Entscheidungen in einem weit zurückliegenden Zeitalter eingegeben worden waren - in der Zeit vor der Schöpfung der Erde, da die Lords der Ordnung und des Chaos, damals Bewohner eines einzigen Reiches und unter einem anderen Namen bekannt, die Entstehung aller Dinge beobachtet und die Art und Weise und Logik festgelegt hatten, nach der sie sich benehmen sollten, im Gefolge des großen Ediktes der Stimme des Kosmischen Gleichgewichts -der Stimme, die seither nie wieder erklungen war.
Haaashaastaak begab sich gemächlich zur Erde.
Elric und Yishana sangen noch immer mit heiseren Stimmen, als Haaashaastaak urplötzlich auftauchte. Er war geformt wie ein riesiger Le- guan, und seine Augen waren bunte, facettenreiche Edelsteine, seine Schuppen schienen aus Gold, Silber und anderen Edelmetallen zu bestehen. Ein vager Dunst umgab ihn, als bringe er einen Teil seiner ureigenen Umgebung mit.
Yishana hielt die Luft an, und Elric seufzte laut. Als Kind hatte er die Sprachen aller Tierherren gelernt, und jetzt mußte er sich an die einfache Sprache der
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