Der Zauber eines fruehen Morgens
wünschte. Aber nach dem sehnsüchtigen Ausdruck in den Augen der Älteren zu schließen, hatte sie genau das erhofft, als sie Garth geheiratet hatte.
»Du bist nicht zu alt«, sagte Belle rasch. »Frauen können bis Mitte vierzig Kinder bekommen. Doch ich bin mir nicht sicher, ob für uns beide jetzt mit dem Krieg der richtige Zeitpunkt dafür ist.«
»Na, ich erwarte jedenfalls keins«, seufzte Mog. »Du jedoch vielleicht schon, und Krieg hin oder her, Zuwachs für die Familie wäre schön. Denk bloß, wie Jimmy sich freuen würde!«
»Sag ihm nichts!«, ermahnte Belle sie. »Ich glaube nicht, dass ich schwanger bin.«
Mog sah Belle mit der überlegenen Miene an, die sie immer aufsetzte, wenn sie meinte, es besser zu wissen. »Ich würde nicht im Traum dran denken, Jimmy etwas weiterzuerzählen, was wir unter vier Augen besprochen haben. So, ich glaube, ich gehe jetzt lieber wieder nach unten und spüle noch ein paar Gläser ab.«
Als Mog weg war, legte Belle eine Hand auf ihren Bauch. Er war so flach wie immer, doch es war schön, sich vorzustellen, dass in ihrem Inneren vielleicht ein winziges Baby heranwuchs. Damals in New Orleans und auch in Paris hätte ihr der Gedanke Angstgemacht, und sie hatte alle Vorsichtsmaßnahmen getroffen, die sie kannte, um so etwas zu verhindern.
Auch die ersten Symptome einer Schwangerschaft waren ihr bekannt, weil die anderen Mädchen in New Orleans ständig darüber geredet hatten. Plötzliche Aversionen gegen bestimmte Gerüche waren ebenso an der Tagesordnung wie empfindliche Brüste und Morgenübelkeit. Aber ihre Brüste waren nicht empfindlich, und ihr war morgens auch nicht schlecht.
Ein Baby zu bekommen war der normale Lauf der Dinge, wenn man glücklich verheiratet war, doch aus irgendeinem Grund hatte Belle nicht damit gerechnet.
Sie griff nach ihrem Stift und fing wieder an zu zeichnen, aber sie war nicht recht bei der Sache, und als sie hörte, wie Garth unten zur letzten Runde läutete, war sie froh, dass der Abend fast vorbei war.
Es dauerte eine ganze Weile, bis Garth und Jimmy auch noch den letzten Gast hinauskomplimentiert hatten. Belle schaute aus dem Wohnzimmerfenster und beobachtete, wie die Männer auf wackeligen Beinen zu zweit oder dritt über die Straße wankten und einer von ihnen der Länge nach hinschlug. Sie hatte keine Ahnung, ob sie schon morgen auf dem Weg ins Ausbildungslager in Frankreich sein würden oder ob es länger dauern würde, alles zu regeln; aber der Gedanke, dass sie in wenigen Wochen Gewehre in den Händen halten würden, war beklemmend. Es waren Verkäufer, Büroangestellte, Maurer und Gärtner, die höchstens einmal an einer Schießbude auf dem Jahrmarkt in die Nähe einer Waffe gekommen waren. Belles Magen schnürte sich angstvoll zusammen, und sie hatte die dunkle Vorahnung, dass einige dieser Männer ihren nächsten Geburtstag nicht erleben würden.
Sie schüttelte die trüben Gedanken ab und ging nach unten, um zu helfen. Nach all dem Betrieb gab es bestimmt viel zu tun.
Eine halbe Stunde später waren Theke und Tische abgewischt, Stühle und Hocker daraufgestellt und die meisten Gläser abgewaschen und abgetrocknet. Mog sah erschöpft aus. Garth, der hintenim Hof den Boden mit einem Wasserschlauch abspritzte, schimpfte leise über das Erbrochene und die völlig verdreckte Toilette.
»Heute Abend haben wir mehr eingenommen als sonst in einer ganzen Woche«, sagte Jimmy, während er nach einem Tablett mit sauberen Gläsern griff und sie in das Regal unter der Theke einräumte. »Aber ich hoffe, dass wir nicht noch so einen Abend erleben.«
»Du wirst dich doch nicht melden, oder?«, fragte Belle ihn ängstlich.
Er lachte, hielt inne und tätschelte ihre Wange. »Was – und dich, das hübscheste Mädchen in London, allein lassen? Natürlich nicht, jedenfalls nicht, bevor es zu Zwangsrekrutierungen kommt. Und das ist eher unwahrscheinlich. Wer soll sich denn in England um alles kümmern, wenn jeder unter vierzig nach Frankreich geschickt wird?«
»Alte Knacker wie ich«, rief Garth aus dem Hof. »Und wenn ich noch einmal so einen Saustall sauber machen muss, gebe ich ein falsches Alter an und melde mich freiwillig.«
Jimmy schlief an diesem Abend fast im selben Moment ein, in dem er ins Bett fiel, aber wie immer hatte er einen Arm um Belle gelegt und schmiegte sich an ihren Rücken. Sie lag in der Dunkelheit wach da, lauschte seinen leisen Atemzügen und schob seine Hand auf ihren Bauch. Mittlerweile hatte sie den
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