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Der Zauber eines fruehen Morgens

Der Zauber eines fruehen Morgens

Titel: Der Zauber eines fruehen Morgens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lesley Pearse
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See fahren. Es musste himmlisch sein, eine kühle Brise zu spüren und dem Gestank der Gullys zu entkommen, der ihr regelmäßig Übelkeit bereitete. Aber der Jahrmarkt würde zusätzlich Kundschaft für die Schenke bringen, und Jimmy konnte unmöglich Garth und Mog die ganze Arbeit überlassen.
    In der Hoffnung auf ein wenig kühlere Luft stellte Belle sich in die offene Ladentür, lehnte sich an den Türrahmen und überlegte, ob sie Jimmy heute Abend von dem Baby erzählen sollte. Vor zwei Tagen war sie endlich zu Dr. Towle auf der Lee Park gegangen, und er hatte bestätigt, dass sie tatsächlich ungefähr in der vierzehnten Woche schwanger war. Sowie Mog diese Möglichkeit angedeutet hatte, waren prompt die typischen Symptome aufgetreten. Als Erstes verursachten ihr manche Gerüche Übelkeit, und sie hörte auf, Tee zu trinken. Doch inzwischen waren ihre Brüste empfindlich und voller, und ihr Unterrock spannte um die Taille.
    Bisher wusste nur Mog Bescheid, die es noch nicht für angebracht hielt, Garth und Jimmy zu informieren. Belle fand das ausgesprochen albern. Was wäre natürlicher, als ihrem Mann mitzuteilen, dass er einen Sohn oder eine Tochter bekommen würde? Aber ihr war bereits aufgefallen, dass die Frauen hier in der Gegend nieüber Schwangerschaften sprachen, und weil sie Angst hatte, einen gesellschaftlichen Fauxpas zu begehen, schwieg auch Belle.
    Ein junges Pärchen schlenderte die Straße herauf. Das Mädchen, das vermutlich jünger als Belle war, war klein und zierlich und trug ein blassrosa Rüschenkleid und einen Strohhut. Sie hing am Arm eines Mannes, der ein paar Jahre älter war als sie und mit seinem korrekten dunklen Anzug und dem steifen Kragen wie ein Bankangestellter wirkte. Das Mädchen blickte zu ihm auf, während er sprach, und lauschte andächtig. Da sie viel zu jung schien, um verheiratet zu sein, war es ungewöhnlich, dass niemand bei ihnen war, um dem Anstand Genüge zu leisten. Belle fand es insgeheim absurd, dass ein junges Pärchen nicht einmal spazieren gehen konnte, ohne für Klatsch zu sorgen, doch so ging es hier nun einmal zu.
    Als Mog und sie nach Blackheath gezogen waren, hatten sie sich all diesen eigenartigen Anstandsregeln und Zwängen beugen müssen, um sich anzupassen und Gerede zu vermeiden. Belle spielte mit, aber insgeheim fühlte sie sich ihrer Umgebung ein klein wenig überlegen, weil sie so viel mehr über Männer und das Leben im Allgemeinen wusste als all die gezierten Damen, für die sie Hüte anfertigte.
    Nun, da sie Mutter werden sollte, war sie ein bisschen bedrückt und verunsichert wegen ihrer einschlägigen Erfahrungen. Wie sollte sie einer Tochter beibringen, keusch und züchtig zu sein, ihrem Mann zu gehorchen und sich an sämtliche Regeln der Etikette zu halten, um in guter Gesellschaft bestehen zu können, wenn Belle selbst all das nicht getan hatte?
    Sie sah dem jungen Pärchen nach, bis die beiden um eine Ecke bogen, schaute dann nach links und spielte mit dem Gedanken, den Laden zu schließen, weil die Straße jetzt menschenleer war. Weiter unten flimmerte die Luft so stark in der Hitze, dass sie fast wie eine Wasserfläche aussah. Belle fragte sich, ob das eine Fata Morgana war, denn sie hatte gehört, dass Leute in der Wüste oft Wasser vor sich sahen, das in Wirklichkeit gar nicht da war.
    Plötzlich wurde sie von einem gellenden Schrei und dem Rumpeln von Wagenrädern aus ihren Tagträumen gerissen.
    Als sie nach rechts schaute, sah sie, wie eine kleine, von zwei braunen Pferden gezogene Kutsche von dem Fahrer abrupt gestoppt wurde. Eine Frau lag direkt vor den Hufen der Rösser auf dem Boden. Der Fahrer musste ziemlich schnell unterwegs gewesen sein, und offenbar war ihm die Frau direkt in den Weg gelaufen.
    Während Belle sich in Bewegung setzte, um zu helfen, kletterte der Fahrer vom Kutschbock.
    »Sie ist vom Bürgersteig getreten, ohne nach links oder rechts zu schauen. Ich hätte sie glatt überfahren können«, keuchte er, das Gesicht aschfahl vor Schreck.
    »Zum Glück konnten Sie noch rechtzeitig anhalten«, sagte Belle und kniete sich neben die Frau.
    Der Hut war ihr vom Kopf gefallen, und blondes Haar fiel über ihr Gesicht. Belle strich die Haare vorsichtig zurück, weil sie halb und halb befürchtete, einer der Hufe könnte die Frau getroffen und ihr eine schwere Verletzung zugefügt haben. Aber es war kein Blut zu sehen, nur eine Schramme auf der Stirn, die vom Straßenpflaster zu stammen schien. Ob sie gestolpert war und

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