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Der Zauber eines fruehen Morgens

Der Zauber eines fruehen Morgens

Titel: Der Zauber eines fruehen Morgens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lesley Pearse
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eine Tochter großgezogen, die auf Unabhängigkeit bestand.
    »Könnte es sein, dass Sie heute etwas unternommen haben, wovon Ihre Familie nichts erfahren soll?«, fragte sie beiläufig.
    »Sie sind sehr direkt, fast schon unhöflich«, gab Miranda zurück und rümpfte die schmale aristokratische Nase. »Ich weiß es zu schätzen, dass Sie mir geholfen haben, aber ich glaube, das gibt Ihnen nicht das Recht, mich auszufragen.«
    Belle zuckte mit den Schultern. Anscheinend war Miranda genauso hochnäsig wie ihre Mutter und vermutlich in der Überzeugung aufgewachsen, dass Leute, die im Handel tätig waren, vor der Oberschicht in die Knie gehen sollten. »Ich finde, jede Frau sollte einer anderen freundschaftlich raten können, wenn sie das Gefühl hat, dass diese andere ein Problem hat. Die Tatsache, dass Sie so die Stacheln aufstellen, legt die Vermutung nahe, dass Sie genau wissen, warum Sie ohnmächtig geworden sind, und Angst haben, Ihre Mutter könnte darauf bestehen, einen Arzt kommen zu lassen, wenn ich Sie nach Hause bringe.«
    Es war reine Spekulation, doch als Belle sah, was für ein erschrockenes Gesicht Miranda machte, wusste sie, sie hatte ins Schwarze getroffen.
    Vielleicht lag es einfach daran, dass ihr selbst in letzter Zeit auch oft schwindlig war. Ein paar Mal hatte sie sogar befürchtet, in Ohnmacht zu fallen. Und Miranda trug keinen Ehering, nicht einmal einen Verlobungsring. Ging es bei ihr um diese Art Schwierigkeiten?
    Belle war sich durchaus bewusst, dass sie Miranda möglicherweise schwer beleidigt hatte und sich damit eine Menge Ärger eingehandelt haben könnte, doch es entsprach nicht ihrer Natur, wegzuschauen, wenn ihr Instinkt ihr sagte, dass jemand Hilfe brauchte. Sie ging zu Miranda und kniete sich neben den Sessel. »Erwarten Sie ein Baby?«, fragte sie leise. »Sie können mir gern sagen, dass ich mich gefälligst um meine eigenen Angelegenheiten kümmern soll, aber falls ich recht habe, brauchen Sie jemanden, dem Sie sich anvertrauen können. Und mir können Sie vertrauen, ich werde es keiner Seele erzählen.«
    Miranda brauchte nicht zu antworten. Tränen traten ihr in die Augen, und sie verbarg das Gesicht in den Händen. Von ihrem Hochmut war nichts geblieben.
    Belle empfand tiefes Mitleid mit dem Mädchen. Sie kannte die Oberschicht gut genug, um zu wissen, dass ein uneheliches Kind einen furchtbaren Skandal hervorrufen würde.
    »Können Sie nicht ganz schnell heiraten?«, schlug sie vor und nahm Miranda tröstend in die Arme.
    »Er ist schon verheiratet«, schluchzte Miranda. »Das wusste ich damals, als es passiert ist, nicht. Und jetzt ist es auch egal, weil ich heute bei einer Frau war, die sich darum gekümmert hat.«
    Belle drehte sich der Magen um. Eines der Mädchen bei Martha in New Orleans war zu einer Frau gegangen, die sich um die unerwünschte Schwangerschaft »gekümmert« hatte. Belle wusste, was das bedeutete.
    »Heute? Hat die Frau eine Spülung mit Seifenwasser gemacht?«
    Miranda nickte. »Ich dachte, es würde bei ihr weggehen, aber sie hat mir gesagt, es sei erst in ein paar Stunden so weit, und mir geraten, nach Hause zu gehen. Als ich die Steigung vom Bahnhof hinaufgegangen bin, wurde mir schwindlig, und das Nächste, was ich weiß, ist, dass Sie da waren.«
    Belle spürte, dass Miranda unwissend genug war, um zu denken, ein Schwangerschaftsabbruch ginge schnell und schmerzlos vonstatten. Offensichtlich hatte die Frau, die die Abtreibung vorgenommen hatte, sie nicht über den weiteren Verlauf aufgeklärt, weil sie befürchtet hatte, ihr Honorar einzubüßen.
    »Wie geht es Ihnen jetzt?«, fragte Belle und legte eine Hand auf Mirandas Bauch.
    »Ich spüre einen dumpfen Schmerz.«
    Belle holte tief Luft. Sie wusste, dass es am vernünftigsten wäre, Miranda nach Hause zu schicken; schließlich ging sie das Mädchen nichts an. Aber sie bezweifelte, dass Miranda auch nur die geringste Ahnung hatte, dass sie starke Schmerzen haben und wahrscheinlich viel Blut verlieren würde. Ob sie das daheim in ihrem Schlafzimmer aushalten würde, ohne zu schreien, war mehr als fraglich. Und in einem Haus voller Dienstboten und noch dazu mit einer herrschsüchtigen Mutter würde ihr Geheimnis bald ans Licht kommen, und sie wäre ruiniert.
    Belle konnte die Vorstellung nicht ertragen, eine Frau in einer solchen Notlage sich selbst zu überlassen. »Haben Sie vielleicht eine Freundin, bei der Sie übernachten könnten?«
    Miranda machte ein verwirrtes Gesicht. »Warum sollte

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