Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Zauber eines fruehen Morgens

Der Zauber eines fruehen Morgens

Titel: Der Zauber eines fruehen Morgens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lesley Pearse
Vom Netzwerk:
verwundet wurden«, bemerkte Schwester May. »Ich hoffe, Ihr Ehemann kommt mit heiler Haut davon.«
    »Danke, Schwester«, sagte Belle, bevor sie ihre Aufmerksamkeit wieder Lomax zuwandte. »Was haben Sie jetzt vor?«, fragte sie. Er war noch so jung, höchstens neunzehn, obwohl sein unverletzter Arm muskulös war, wirkte sein Körper schlank und gelenkig.
    »Nach Sussex zurückkehren und Dad auf der Farm helfen. Zum Glück bin ich Linkshänder und kann den Großteil der Arbeit noch verrichten.«
    Sein Mut und das Fehlen jedes Selbstmitleids schnürten Belle die Kehle zu.
    Als Schwester May und sie die eine Seite des Saals erledigt hatten, war Belle klar, dass es unter den Verwundeten eine Art Ehrenkodex zu sein schien, nicht über Schmerzen zu jammern. Nicht ein einziger von ihnen beschwerte sich oder schrie beim Anlegen der frischen Verbände auf. Ein Mann hatte beide Beine verloren, ein anderer musste auf dem Bauch liegen, weil sein Rücken eine einzige riesige Wunde war. Wieder ein anderer hatte an diesem Morgen erfahren, dass er Wundbrand bekommen hatte und sein Bein oberhalb des Knies amputiert werden musste.
    Der Geruch seiner Wunde war das Einzige an diesem Tag, bei dem Belle schlecht geworden war. Sie leerte unzählige Bettpfannen und musste dreimal einen Patienten säubern, der an Durchfall litt. Sie putzte Blut und Erbrochenes weg und half, einen Mann aufzubahren, der letzten Endes seiner schrecklichen Bauchwunde erlegen war. Aber nur der Geruch des Wundbrands bereitete ihr wirklich Übelkeit.
    Schwester May war ungefähr achtundzwanzig, groß und gut gebaut und mit den rosigen Wangen eines Mädchens vom Lande. Sie war energisch und professionell, doch Belle spürte ihre angeborene Güte, als sie rasch und geschickt und ohne viel Aufhebens ihre Arbeit erledigte. Von ihr konnte man viel lernen, weil sie zu jedem Patienten ein paar Informationen gab und genau erklärte, was er brauchte. Sie hatte gesagt, sie und die anderen Krankenschwestern seien sehr froh über freiwillige Hilfe, und sie sei der Meinung, dass Belle aus dem richtigen Holz geschnitzt war, um von Nutzen zu sein.
    Am Nachmittag traf ein Konvoi von Rettungswagen mit über hundert weiteren Verwundeten auf Tragen ein. Belle ging mit Schwester May und Schwester Adams nach draußen, um die Leute in Empfang zu nehmen und den Sanitätern zu zeigen, auf welche Station sie die Männer jeweils bringen sollten.
    Mindestens die Hälfte der Neuankömmlinge war in sehr schlechter Verfassung. In Frankreich waren sie von ihren Uniformen befreit und an den Verbandstationen versorgt worden, doch jetzt mussten sie operiert werden, um eine Überlebenschance zu haben.
    Belle hatte sich noch nie im Leben so hilflos gefühlt. Alles, was sie tun konnte, war, den Schwestern zuzusehen und von ihnen zu lernen, während sie mit den Patienten sprachen und sie beruhigten. Schwester May trug ihr auf, den Männern, die trinken durften, Wasser zu bringen, und anderen, die rauchen wollten, eine Zigarette anzuzünden und sie ihnen an die Lippen zu halten, und irgendwann nahm sie Belle beiseite und fragte sie, ob sie für einen Mann, der sein Augenlicht verloren hatte, einen Brief nach Hause schreiben könne.
    »Sein Name ist Albert Fellows, und er wird die Nacht vermutlich nicht überstehen«, sagte sie leise. »Er hat zusätzlich zu den Verletzungen im Gesicht eine furchtbare Wunde in der Brust. Er behauptet, achtzehn zu sein, also alt genug, um sich zu melden, doch ichschätze ihn auf siebzehn. Er möchte, dass seine Mutter weiß, dass er an sie gedacht hat, als es zu Ende ging.«
    Albert Fellows’ Kopf und Augen waren verbunden, und was sonst noch von seinem Gesicht zu sehen war, war eine einzige Masse von zerfetztem Gewebe. Belle nahm seine Hand, als sie sich, mit Notizblock und Stift bewaffnet, an sein Bett setzte. »Hallo, Albert. Ich bin Mrs. Reilly«, stellte sie sich vor. »Ich bin keine Krankenschwester, nur eine Freiwillige, doch Schwester May hat gesagt, dass Sie Ihrer Mutter einen Brief schicken wollen. Was möchten Sie ihr denn schreiben?«
    Es war unmöglich zu erkennen, wie sein Gesicht vor der Verwundung ausgesehen hatte, aber die Hand, die in ihrer lag, war zwar schwielig und rau, aber klein und erinnerte Belle daran, dass Albert Fellows noch ein Junge war.
    »Hab nie viel geschrieben«, krächzte er. »Der Sergeant hat das immer für mich gemacht. Schreiben Sie einfach, was Sie für das Beste halten!«
    »Dann also ›Liebe Mutter‹«, schlug Belle

Weitere Kostenlose Bücher