Der Zauber eines fruehen Morgens
sie die Arbeit als Hilfsschwester nicht mehr aushalten könnte; noch nie im Leben hatte sie so hart gearbeitet oder so schreckliche Dinge gesehen. Aber Mogs Bemerkung verscheuchte diesen Gedanken. »Hast du schon je erlebt, dass ich eine Sache aufgebe, die ich wirklich will?«
Es war Ende April, und seit einem Monat, seit sie Mog und Garth mitgeteilt hatte, dass sie den Mietvertrag für den Ladennicht verlängern würde, und im Krankenhaus als freiwillige Hilfskraft aufgenommen worden war, regte sich Mog über ihre Pläne auf. Manchmal war sie so ausfallend geworden, dass Belle ernsthaft daran gedacht hatte, sich irgendwo ein Zimmer zu mieten und auszuziehen. Aber weil sie wusste, wie bestürzt Jimmy darauf reagieren würde, harrte sie aus und tröstete sich mit dem Gedanken, dass Mog sich irgendwann wieder beruhigen würde.
»Bei dir muss wohl eine Schraube locker sein, wenn du sechzehn Stunden am Tag arbeitest – für nichts!«, gab Mog zurück.
»Du findest, es ist nichts, dazu beizutragen, Soldaten das Leben zu retten?« Belle seufzte. »Mir erscheint es wesentlich sinnvoller, als Hüte für Frauen anzufertigen, die mehr Geld als Verstand haben.«
»Und wie sieht’s mit dem Geldverdienen aus? Bald wird nichts mehr von deinen Ersparnissen da sein, und ohne deinen Laden verdienst du nichts mehr.«
»Das ist meine Sache«, sagte Belle.
»Mag sein, doch ich wette, wenn du mit der hochnäsigen Miss darüber redest, fällt ihr wieder irgendein Blödsinn ein, der noch alberner ist als deine Arbeit im Krankenhaus.«
Es tat Belle weh, wie viel Bosheit und Eifersucht in dieser Bemerkung lag. »Ich habe dir schon hundert Mal gesagt, dass es meine, nicht Mirandas Idee war, und rede bitte nicht so abfällig von ihr! Sie ist nicht hochnäsig, und sie ist mir eine gute Freundin gewesen. Und jetzt gehe ich zu Bett. Ich hoffe, du hast dich bis morgen Abend damit abgefunden, dass ich genau das mache, was ich mir wünsche.«
Mog schnaubte abfällig. »Es sind Frauen wie sie, die nach Frankreich abrauschen, um allen auf die Nerven zu gehen. Ich bin sicher, dass sie das als Nächstes vorhat.«
»Diese Frauen gehen in Frankreich niemandem auf die Nerven. Sie leisten Großartiges.«
Mog zog sich in die Küche zurück und knallte die Tür hinter sich zu. Belle war zu müde, um ihr zu folgen und sich mit ihr zu versöhnen. Müde ging sie nach oben in ihr Schlafzimmer.
Sie wusste, dass der wahre Grund für Mogs Missbilligung in der Sorge bestand, Belle könnte vergessen, dass sie eine verheiratete Frau war. Für Mog war eine Eheschließung etwas Endgültiges. Sowie die Trauung vollzogen war, sollte eine Frau sich einzig und allein wünschen, für ihren Ehemann da zu sein und ihn glücklich zu machen. Ihrer Meinung nach sollte Belle abends zu Hause sein, um Socken für Jimmy zu stricken, ihm Briefe zu schreiben und Pläne für die Zeit nach seiner Heimkehr zu schmieden.
Belle hatte ganz und gar nicht vergessen, dass sie verheiratet war; sie wünschte sich mehr als alles andere das Ende des Krieges und Jimmys Rückkehr herbei. Doch es stand fest, dass der Krieg nicht in absehbarer Zeit zu Ende gehen würde, und sie wusste nicht einmal, ob Jimmy überleben würde. Es lag nicht in ihrer Natur, einfach die Hände in den Schoß zu legen und Däumchen zu drehen.
Jimmy hielt zu ihr. Sie hatte ihm geschrieben, dass sie unentgeltlich als Krankenschwester arbeiten wollte, und in seinem Antwortbrief wurden seine Ansichten unmissverständlich klar.
Der Gedanke, dass du deinen Teil beitragen willst, um verwundeten Soldaten zu helfen, macht mich stolz, schrieb er. Die Verwundeten, die ich hier gesehen habe, brauchen weiß Gott alles, was sie an Hilfe bekommen können, um sich zu erholen. Onkel Garth und Mog lehnen sicher jede Tätigkeit ab, die dich aus dem heimischen Nest entführt, doch kümmere dich einfach nicht darum! Sie haben aufgrund ihrer Erfahrungen sehr starre Ansichten.
Ich denke, wenn ich zurückkomme, sollten wir unser eigenes Heim gründen. Wir lassen schon zu lange unser Leben von den Wünschen und Vorstellungen anderer bestimmen. Ich stelle mir oft vor, wie es wäre, mit dir an der See zu leben, vielleicht eine Pension zu führen statt einer Schenke. Ich würde alles geben, um an einem stillen, friedlichen Ort zu sein. Auch wenn wir aus der Schusslinie sind – das Artilleriefeuer hört nie auf, und ich kann all diese Gräuel nur verkraften, indem ich mir ausmale, mit dir unter weichem, frischem Bettzeug zu liegen, in
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