Der Zauber von Avalon 01 - Sieben Sterne und die dunkle Prophezeiung
nicht . . . so wie zuvor. Schon seit langem. Sie sind verschwommen, unklar – wenn sie überhaupt auftreten. Kannst du mir vielleicht mit einigen Ratschlägen helfen?«
Der Alte überlegte einen Augenblick. »Vielleicht, Llynia, ist deine ungeheure Sensibilität für deine Umgebung – die Wurzel deiner Gabe – sowohl ein Segen wie ein Fluch. Ein Segen für die große Weisheit, die sie dir gibt, und für die Gemeinschaft, die du eines Tages führen wirst. Und auch ein Fluch, denn sie vergrößert vielleicht jede Torheit oder Unfähigkeit in eurer Mitte. Drücke ich mich klar aus?«
Langsam schüttelte sie den Kopf. Tamwyn sah, dass sie zwar nicht dumm erscheinen wollte, aber verzweifelt den Rat des Gärtners suchte. »Nein. Es tut mir Leid.«
»Mein Fehler«, sagte Belamir. »Dann werde ich deutlicher sein.« Er stieß einen Seufzer aus. »Ich glaube, dein Problem ist vielleicht die Gemeinschaft selbst.«
Llynia setzte sich in ihrem Stuhl zurück. »Wirklich?«
»Wirklich.« Er legte die Hand auf ihren Unterarm. »Sie könnte zu rückständig sein, zu befangen in alten Gebräu chen für jemanden mit deinen außerordentlichen Fähigkei ten . Das, fürchte ich, könnte deine Gabe beeinträchtigen.«
Sie schluckte. »Soll das heißen . . .«
»Nur dass du unbegrenzt eingeladen bist hierher in die Akademie zu kommen, wann immer du willst. Du kannstnur kurz kommen als mein Ehrengast, um deinen Geist von Ablenkungen zu befreien. Oder du kannst länger bleiben. Ja, Llynia! Du könntest mir sogar helfen einen neuen und größeren Glauben zu gründen.«
Sie starrte ihn unsicher an. »Du hältst wirklich . . . so viel von mir?«
»Aber gewiss.« Er lächelte ihr zu. »Jetzt, glaube ich, habe ich dich lange genug aufgehalten. Sollen wir deine Vorräte und deine . . . äh, Gefährten zusammensuchen?«
Sie erwiderte das Lächeln. »Ja, Hanwan. Und danke für das, was du gerade gesagt hast.«
»Es war mir ein Vergnügen.«
Damit standen beide auf. Belamir streckte den Arm aus und Llynia nahm ihn. Gemeinsam gingen sie aus dem Raum ohne zu Tamwyn zurückzuschauen.
28
Illusion
D ie schweren Holztore der Siedlung Gedeihen schwangen mit lautem Quietschen auf. Unter dem starken Sternenlicht des frühen Nachmittags gingen die Reisenden hinaus und ließen das Dorf hinter sich. Vor ihnen schienen die großen Bäume des Waldes nervös zu flüstern.
Belamir verabschiedete sie, neben ihm stand Morrigon, dessen blutunterlaufenes Auge schmerzhaft geschwollen schien. Mit sorgenvoller Miene stand der alte Lehrer am Tor und hob die Hand mit dem abgebrochenen Daumennagel zum Winken. Auf ihrem Weg zwischen den Bäumen schauten nur zwei der Wanderer zurück: Henni, der bereits sehnsüchtig an den Schmaus in diesen Gärten dachte, und Llynia, die etwas anderes zu vermissen schien.
Tamwyn hatte Llynia zugestimmt, die auf dem höchsten Berg der Gegend die Aussicht betrachten und etwas suchen wollte, das sie an ihre Vision von der Herrin vom See erinnerte. Normalerweise wäre das keine schwere Aufgabe für einen Führer durch die Wildnis. Doch Tamwyn wurde selbst von Gedanken geplagt, die dem alten Kirschbaum galten, dem seltsamen weißen See, dem tödlichen grauen Nebel und seinen gemischten Gefühlen gegenüber Belamir.
Peng!
Sein Fuß verfing sich in der Wurzel einer Eberesche und Tamwyn fiel vornüber. Er rollte über den moosigen Boden und schüttelte den Kopf über seine Ungeschicktheit.
»Nun«, sagte Elli, »das ist ein großartiger Anfang.«
Er setzte sich auf und wischte sich Moos vom Mund. »Möchtest du vorausgehen?«
»Nein, nein«, antwortete sie lachend. »Mit dir ist es viel unterhaltsamer.«
Nuic, immer noch ziemlich rot gefärbt, veränderte seine Stellung auf ihrer Schulter. »Und nach unserem Gespräch mit diesem
einfachen Gärtner
könnten wir ein bisschen Unterhaltung brauchen.«
Tamwyn schnitt eine Grimasse, dann stand er auf, wobei die kleine Glocke an seiner Hüfte läutete. Tamwyn dachte an Flederwisch, der gerade zurückgekommen war, als sie das Dorf verließen, und schaute in seine Tasche. »Alles in Ordnung da drin?«, fragte er. Ein dünnes pfeifendes Schnarchen war die einzige Antwort. Tamwyn schloss die Tasche und wandte sich wieder dem Wald zu; er wollte Elli keinen weiteren Anlass geben, ihn auszulachen!
Bald fand er den schmalen Pfad einer Fuchsspur. Sie führte durch dornige Büsche und dann, wie er gehofft hatte, höher hinauf – zu einem schmalen, gewundenen Hügel, der mehr dem Rücken
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