Der Zauber von Avalon 01 - Sieben Sterne und die dunkle Prophezeiung
einer großen Schlange glich als einer Landerhebung. Über eine Stunde gingen sie auf diesem Hügel, der nie ohne Bäume war, so dass sie keine größere Aussicht hatten. Dann sank der Boden zu Tamwyns Enttäu schung wieder, jetzt waren sie in einem noch dichteren Wald als zuvor.
Verschwitzt und enttäuscht überlegte Tamwyn, wohin er sich jetzt wenden sollte, da sah er eine Reihe von Weiden, deren spitzenähnliche Zweige in einem schwachen Wind wehten. Er wusste, dass Weiden oft am Wasser wuchsen, also ging er jetzt auf sie zu. Vielleicht war dort ein Bach? Die Dürre schien diesen Teil von Waldwurzel nicht erreicht zu haben – noch nicht jedenfalls. Also war vielleicht wirklich ein Bach unter diesen Ästen.
Ja – das Wasser einer kleinen silbrigen Quelle sprudelte durch die Weiden. Es glitzerte wie ein Band schimmernder Sterne, heller als jeder Bach, den Tamwyn je gesehen hatte. Er blieb stehen und schaute auf das leuchtende Wasser.
Elli, vom gleichen Anblick gefesselt, stand direkt hinter ihm. Plötzlich rief sie: »Schau nur!«
Während sie erstaunt zusahen, flog die ganze Oberfläche des Bachs auf – eine flüssige Halskette, die sich mit lautem Summen in die Luft hob. Dann erkannten die beiden Betrachter plötzlich ihren Irrtum.
»Schaumfeen«, sagten sie gleichzeitig, während Tausende der silbergeflügelten Geschöpfe – selbst für Feen dieser Art winzig – zum Himmel stiegen. In wenigen Sekunden schwebte der ganze Schwarm durch die Weidenblätter hinauf wie steigende Regentropfen und war gleich darauf verschwunden.
Tamwyn und Elli wechselten Blicke, sie waren zu verwundert, um an ihre alten Anfeindungen zu denken. Als Llynia, Henni und Fairlyn zu ihnen traten, wandten sie sich wieder dem Bach zu, der einladend gurgelte. Alle knieten nieder und tranken – außer Fairlyn, die einfach hineinwatete.
Nuic hüpfte inzwischen von Ellis Schulter. Der alte Geist rutschte das Ufer hinunter und setzte sich auf ein paar glatte Kiesel. Als das kühle Wasser ihm auf den Rücken spritzte, veränderte sich seine Farbe zu einem dunstigen Blau.
Tamwyn schöpfte Wasser mit den Händen und spritzte es sich ins Gesicht. »Ahh! Das ist noch besser als das Festmahl bei Belamir.«
Elli sah ihn zweifelnd an. »Findest du wirklich? Es sah aus, als würdest du es sehr genießen, dir den Bauch mit Melonen voll zu schlagen.«
Er wollte gerade antworten, da ließ ein jäher Schrei beide zusammenfahren. Er klang rau wie die Rufe der Adler – nur höher und krächzender. Sie schauten hinauf zu dem Himmelsstreifen über den von Weiden gesäumten Ufern. Wieder war der Schrei zu hören, diesmal lauter. Und in diesem Augenblick erinnerte sich Tamwyn an die beiden Male, bei denen er diesen Schrei schon gehört hatte: beim Tod seiner Mutter, und als er Scree verloren hatte.
»Ghoulacas!«, rief er. »Lauft!«
Doch es war zu spät. Flügel rauschten in der Luft – durchsichtige Flügel wie verwischte Flecken, die fast unsichtbare Körper trugen, halb so groß wie Tamwyn. Im Gegensatz zu den transparenten Flügeln und Körpern waren die blutroten Krallen und riesigen gebogenen Schnäbel der Ghoulacas leicht zu sehen. Und noch leichter zu spüren, wenn sie zerrten und schlitzten und versuchten ihre Beute entzweizureißen.
Weitere Schreie kamen wie ein Echo aus den Bäumen.Weidenäste, von grausamen Schnäbeln zerbrochen, platschten in den Bach. Fairlyn, die größer als die anderen war, versuchte sie durch wildes Zweigeschwingen zu schützen. Obwohl mehrere ihrer Glieder gebrochen und verbunden waren, kämpfte sie tapfer. Llynia, vor Angst erstarrt, kauerte zwischen Fairlyns Wurzeln. Tamwyn und Elli schnappten sich Weidenäste und versuchten die Angreifer abzuwehren. Aber Stöcke halfen wenig gegen diese messerscharfen Schnäbel und vernichtenden Krallen. Wenn Fairlyn ihnen nicht Deckung gegeben hätte, wären die beiden rasch in blutige Fetzen gerissen worden.
Henni erging es besser. Seine Schleuder, mit Bachkieseln bewaffnet, traf viele Ghoulacas – einen direkt ins Auge, so dass er krachend in die Weiden stürzte. Trotzdem waren gleich fünf weitere Mördervögel da, die nach seinem Blut dürsteten. So schnell er auch schoss, während er von Ufer zu Ufer hüpfte, um ihren Krallen zu entgehen, es war nicht schnell genug.
Von seinem Platz mitten im Bach überraschte Nuic einen Ghoulaca, indem er ihm einen seiner Fallschirme aus Silberfäden über den Kopf schoss. Der Vogel quakte wütend, durch die wirren Schnüre konnte
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