Der Zauber von Avalon 01 - Sieben Sterne und die dunkle Prophezeiung
schlau genug – und schnell genug –, gerade dann einen zweiten Schuss abzugeben, als Scree wendete, um dem ersten zu entkommen. Und Scree geriet direkt in die Flugbahn des Pfeils.
Der Pfeil traf seinen Flügel gerade über dem Gelenk und Screes Ruf verwandelte sich in einen qualvollen Schmerzensschrei. Er schwenkte ab und versuchte aus seinem Sturzflug herauszukommen. Aber der ganze rechte Flügel brannte. Scree konnte ihn nicht heben. Konnte sich nicht rechtzeitig abfangen!
Felsentürme drehten sich vor ihm. Und gezackte Klippen – zu nah, zu nah! In diesem letzten Moment wusste er, dass er schwer aufschlagen würde. Zu fest, um zu über leben .
***
Scree öffnete die Augen. Er sah nur finsteren Himmel – nachtdunkel, mit Rauch bedeckt. Er lag also auf dem Rü cken . Noch in Feuerwurzel . . . und noch am Leben. Fehler des anderen! Wer auf ihn geschossen hatte, hätte ihn töten sollen, als er die Möglichkeit dazu hatte. Scree wollte dafür sorgen, dass der andere bereute, was er getan hatte.
Blitzschnell wurde ihm klar, dass er seine menschliche Gestalt wieder angenommen hatte. Das musste geschehen sein, nachdem er aufgeschlagen war. Er spürte Arme an den Seiten, nicht Flügel.
Und Beine, nicht Klauen.
Klauen! Ganz plötzlich fiel ihm der Stab ein. Er hatte ihn verloren!
Er verhielt sich still, um die Angreifer nicht auf sich aufmerksam zu machen, und versuchte herumzurollen. Aber sowie er seinen rechten Arm bewegte, durchfuhr ihn ein brennender Schmerz. Dass er nicht laut aufschrie, war alles, was er tun konnte. Dann bemerkte er den blutigen Streifen Rinde, der über seinen Ellbogen gebunden war. Seltsam! Warum sollten ihn Eindringlinge aus der Luft herunterschießen und sich dann Zeit nehmen, seine Wunde zu verbinden?
Und wenn schon. Er musste seinen Stab finden. Er biss die Zähne zusammen gegen den Schmerz und setzte sich entschlossen auf.
»Du bist also wach.«
Das sagte eine hoch gewachsene Frau, schlank und kräf tig : Sie hatte auf ihn geschossen! Sie saß bei einem Feuerschlot und wärmte sich die Hände in der kalten Nachtluft. Ihre Augen, weder feurig orange noch in den Winkeln nach oben gebogen wie bei den Flamelons, spiegelten das Flammenlicht in einem hellen Grün.
Scree zuckte beim nächsten jähen Schmerz wieder zusammen, während er sich aufrichtete. Eine Schwindelwelle überspülte ihn. Aber er hielt stand und schaute sich um auf der Suche nach dem Stab. Seinem Stab.
Da sah er ihre Ohren. Sie liefen oben spitz zu. Elfenohren! Nie zuvor hatte er Elfen gesehen; sie lebten nicht in Feuerwurzel. Aber er hatte Geschichten gehört über einige, die herkamen, um die Vulkane und die Höhlen mit den Edelsteinen zu erkunden. Er verfluchte sich, weil er nicht damit gerechnet hatte, dass der Eindringling eine Elfe sein könnte – und eine hervorragende Bogenschützin.
Dann sah er den Stab. Er lag auf dem aschebedeckten Boden neben den Beinen der Elfe, nur eine Körperlänge entfernt. So nah, dass er durch eine schnelle Bewegung vielleicht . . .
»Versuch es erst gar nicht«, sagte sie streng. Im nächsten Augenblick stand sie auf, sie bewegte sich mit einer Geschwindigkeit und Anmut, die er bei Flamelons nie gesehen hatte. Kaum war sie auf den Füßen, hatte sie denLangbogen von der Schulter genommen und einen neuen Pfeil aufgelegt, mit dem sie direkt auf seine Brust zielte. »Irgendwelche unfreundlichen Regungen und ich muss noch einen Pfeil an dich verschwenden, Adlermann.«
»Besserlich du gehorchen, was sie auch wollen«, mahnte eine andere Stimme.
Scree drehte sich um und sah so etwas wie einen über gewichtigen Zwerg auf sich zuwatscheln. Die Nase, die hervorquoll wie ein Knorren an einem Eisenbaum, glitzerte, weil sie mit etwas glänzendem Gelben bedeckt war – das fast aussah wie getrockneter Honig. »Sie sein gemeinlich, wenn sie sein müssen! Ehrlich, wahrhaftiglich, schrecklich.«
Scree schüttelte den Kopf – sowohl über dieses Idiotengeschwätz wie über den Schwindel, der ihn wieder befiel. Er wandte sich erneut der Elfe zu. »Was willst du mit meinem Stab machen, du Miststück?«
Ihre grünen Augen blitzten. »Ihn nehmen.«
»Nein!«, rief Scree, Arm und Kopf taten ihm höllisch weh. »Ich habe ihn nicht so lange bewacht, damit du ihn stiehlst.«
»Dann muss ich dich wirklich erschießen.« Sie zog die Bogensehne zurück.
Mit aller Kraft zwang sich Scree aufzustehen. Er stellte sich vor sie und schaute direkt und herausfordernd auf die Pfeilspitze. Obwohl es
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