Der Zauber von Avalon 01 - Sieben Sterne und die dunkle Prophezeiung
platschend in den Schlamm fiel. Henni griff nach der Waffe und betrachtete sie verwundert.
Elli öffnete die Augen. Sie blinzelte schwach und versuchte angestrengt ihren Blick auf etwas zu konzentrieren. Erstaunt beobachtete sie durch ihr zerrissenes Gewand, wiedie Wunde in ihrer Seite zusammenschrumpfte, sich schloss und verschwand.
Unsicher wandte sie sich an Nuic. »Was . . . was ist passiert?«
»Hmmmpff. Du hast mich so geängstigt, dass es mich ein paar Jahrhunderte Lebenszeit kosten wird, das ist alles.«
»Aber . . . die Wunde? Der Speer . . .«
»Tamwyn hat dir einen Trank gegeben«, sagte der alte Maryth. Dann fügte er in seinem liebenswürdigsten Brummen hinzu: »Nicht schlecht für einen Dummkopf.«
»Oder einen Tollpatsch«, sagte Henni.
Tamwyns Lippen bogen sich ganz leicht nach oben. Dann kam ihm ein Gedanke. Mit der Wasserflasche in der Hand trat er zu dem Hoolah und goss ihm ein paar Tropfen auf die verletzte Schulter. Es zischte, weiße Flüs sigkeit brodelte – und im nächsten Moment lächelte Henni übers ganze Gesicht. Seine Schulter war völlig verheilt.
Ungläubig klopfte er mit der großen Hand darauf. »Huuhuu, iihiihiihii. Du bist zu gut für mich, Tamwyn.«
»Nein, eigentlich nicht.« Tamwyn verschloss die Flasche. »Ich will dich nur am Leben halten, damit ich dich eines Tages selbst umbringen kann.«
Henni brach in heulendes Gelächter aus und wälzte sich im Schlamm. »Uuhuu, uuhuu, iihiihiihii! Das ist eine groß artige Idee.«
Elli setzte sich schließlich auf. Sie hielt den Atem an, als sie die Leiche des Gnoms mit drei Speeren in der Brust sah. »Wer hat ihn getötet?«
»Ich«, antwortete Tamwyn grimmig. »Mit ein bisschen Hilfe seiner Freunde.«
»Aber dieser Trank . . .«, sie schüttelte verwirrt den Lockenkopf. »Was war das?« Plötzlich wurde ihr bewusst, dass Geschöpfe im Kreis um sie standen, und sie versteifte sich. »Und wer sind sie?«
»Ich werde dir antworten«, flüsterte Aelonnia. Sie schwenkte zwei ihrer vier langen Arme. »Wir sind Lehmbildner aus dem Isenwyclan. Das untere Malóch ist unsere Heimat und war es von Anfang an.«
»Lehmbildner«, sagte Elli ehrfürchtig. »Jahrelang habe ich mit meinen Eltern in Lehmwurzel gewohnt und niemand von uns hat je einen von euch gesehen.«
Die hohen Gestalten ringsum murmelten miteinander und nickten mit den runden Köpfen.
»Schwer sind wir zu finden, ja, das stimmt«, flüsterte Aelonnia, wobei ihre tiefe Stimme vibrierte. »Genau wie das Wasser, das dich geheilt hat. Es wurde vor langer Zeit gefunden von Halaad, einer sehr jungen Tochter der Lehmbildner, die von Gnomen brutal angegriffen worden war. Zu schwer verwundet war sie, um als Sklavin zu dienen.«
Aelonnia brach ab, als sie sah, dass Elli plötzlich zusammenzuckte. Einen langen Moment betrachtete sie das Mädchen mit ihren großen braunen Augen, dann fuhr sie fort: »Zum Sterben zurückgelassen kroch Halaad ans Ufer eines sprudelnden Teichs mit Wasser – magischem Wasser mit der mächtigsten Substanz in ganz Avalon.«
»Élano«, sagten Elli und Tamwyn zugleich.
»Élano war es. Als Halaad davon trank, heilten ihre Wunden augenblicklich. Und über fünfhundert Jahre lang seit jenem Tag haben Lieder und Geschichten die geheime Quelle von Halaad gefeiert. Aber ihr Ort ist magisch verborgen, verstehst du, deshalb kann sie nur von Lehmbildnern gefunden werden.« Sie beugte sich zu Tamwyn und ihre Stimme wurde plötzlich ernst. »Oder von einem wahren Bildner, der in unser Reich kommt.«
36
Etwas Dummes
L angsam kam Tamwyn im Schlamm auf die Füße. Er fühlte sich jetzt merkwürdig unbeholfen, nachdem er ein Hirsch mit blitzenden Hufen und springenden Beinen gewesen war. Er schaute hinauf in Aelonnias Gesicht so hoch über ihm.
»Sag mir bitte: Was
ist
ein Bildner?«
Rings um Tamwyn, Elli, Nuic und Henni regten sich die hohen Gestalten der Lehmbildner. Sie hoben die langen Arme und streckten sie zum Himmel, während sie erregt miteinander flüsterten. Sie erinnerten Tamwyn an ein Gehölz uralter, hoher, dunkler Fichten, die vom selben Sturm geschüttelt wurden.
Aelonnias brauner Körper schwankte, während sie sich herunterbeugte. »Antworten werde ich dir«, sagte sie in ihrem wohlklingenden Flüsterton. »Aber anfangen muss ich beim Samen. Denn zuerst war das alles, was es gab – ein Ding und alle Dinge, Gegenwart und Zukunft.«
Sie schaute über die schlammige Ebene. »Im Anfang gab es Merlins magischen Samen. Wie ein Herz pulsierte
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