Der Zauber von Avalon 01 - Sieben Sterne und die dunkle Prophezeiung
schnalzte mit der Zunge. »So, so, Elfenmädchen. Du bist hübsch . . . aber ein bisschen mehr Respekt könnte dir nicht schaden. Dieser kleine Keiler hat mir heute viel geholfen. So viel, dass ich meinem Ghoulaca, der ihn brachte, befohlen habe den Rest seiner Gruppe zu finden und zu mir zu bringen. Denn mit allem, was ich weiß, brauche ich jetzt nicht länger zu warten – weder auf das Kind noch auf sonst etwas.« Er stieß ein kehliges Lachen aus. »Hmmja, du willst also, dass der alte Elf am Leben bleibt?«
Sie drückte das Gesicht an die Stirn ihres Großvaters. »Kannst du ihn . . . wirklich retten? Hast du so viel Macht?«
Ein scharfer Windstoß heulte über den Rand des Cañons. Ein Stück vom Steinblock brach hoch über dem Kopf des Zauberers ab und fiel auf den Boden. Dann drehte sich der Wind plötzlich und blies einen Wasserschleier vom See hoch. Die Tropfen fielen auf das Sims herab und zwangen den Mann im Umhang seine Kapuze festzuhalten.
Als sich der Wind legte, ertönte die Stimme wieder, diesmal klang sie wütend. »Ich habe diese Macht, hmmja. Und bald, das versichere ich dir, werde ich mehr haben. Viel mehr. Genug, um den Wind beiseite zu schieben!«
Er schwieg ein paar Sekunden und sagte dann ruhiger: »Deshalb habe ich diesen Damm gebaut, der so viel kostbares Wasser staut, und . . . nun, mehr brauchst du nicht zu hören. Du musst nur wissen . . .«
»Dass du den Damm
nicht
gebaut hast«, unterbrach sie ihn, sie konnte ihren Zorn nicht zurückhalten. »Sklaven haben ihn gebaut! Freie Geschöpfe – in Ketten gelegt, gepeitscht und geschlagen, um deine Arbeit zu tun! Was du auch zu tun planst mit all dem Wasser, das du gestohlen hast, das ist es nicht wert.«
Wieder kam Gelächter aus dem Schatten. »Ist es das Leben deines Großvaters wert?«
Sie richtete sich auf. Als Elfe hatte man sie seit ihrer Geburt gelehrt alles Leben zu schätzen – von den unermesslich riesigen, alles umfassenden Ästen des großen Baums bis zum winzigsten Insekt. Und doch gab es ein Leben, eine Person, die sie mehr als alles andere schätzte. »Ja«, flüsterte sie heiser. »Das ist es.«
»Gut. Dann sage mir, wie du heißt.«
»Brionna.« Sie streichelte Großvaters blutige Lippe. Nur ein Hauch von Atem streifte warm ihre Hand und sagte ihr, dass er noch lebte. »Bitte, wer du auch sein magst. Bitte rette ihn!«
»Gewiss, Brionna. Ich werde ihn retten, hmmja. Du musst mir nur einen kleinen Dienst erweisen.«
Sie schluckte. »Was für einen Dienst?«
»Ich brauche dich, damit du etwas holst. Etwas, hmmja, das ich schon lange haben will.«
9
Eine gefährliche Reise
D as Holztor des Thermalbads flog auf und schlug gegen ein hohes Regal. Fläschchen mit Öl und Kräutern schwankten und fielen – manche in dichte Farne, andere mit klirrenden Scherben auf den Boden. Feen flogen ängst lich auf, flatterten aufgeregt mit ihren Flügeln und flitzten durch die dicken Dampfwolken. Fairlyn wirbelte herum und schwang alle Arme, jetzt roch sie nach einer Mischung aus verwesenden Rattenkadavern und zerbrochenen Kondoreiern.
Llynia setzte sich abrupt auf und verspritzte dabei in alle Richtungen Wasser, Sprudelblasen und Lehmpastenklumpen. Ein wenig Lehm fiel in den wirbelnden Teich, dessen Wasser sich einen Augenblick lang dunkelgrün färbte, bevor es wieder rosa wurde. Was man von Llynias Wangen und Stirn sah (sowie von ihrem zuvor blonden Haar), leuchtete in einem hellen Grün, das mit jeder Sekunde dunkler wurde. Und auch wenn sie nichts von ihrer neuen Hautfarbe wusste, hatte sie doch gemerkt, dass jemand grob ihr Bad störte.
»Bei Elen der Gründerin!«, schrie sie und die Adern an ihren grünlichen Schläfen klopften vor Zorn. »Wer wagt es, das Bad der nächsten Hohepriesterin zu unterbrechen?«
»Nur eine von Elens Anhängerinnen«, antwortete eine ruhige Stimme aus dem wabernden Nebel.
Llynia erkannte die Stimme und schrie überrascht auf. Sie fiel zurück und spritzte noch mehr Wasser über das üppige Moos am Rand. Ihre Lehmmaske bröckelte weiter ab, so dass sie jetzt nur noch Kleckse davon im Gesicht hatte, unter anderem einen großen Klumpen, der wie ein schütterer Bart an ihrem Kinn hing.
»Hohepriesterin Coerria«, sagte sie entschuldigend.
»Das stimmt«, erklärte die ältere Frau, der die langen weißen Haare über die Schultern fielen. »Die
gegenwärtige
Hohepriesterin.«
Hastig versuchte Llynia aufzustehen, rutschte aber aus und fiel mit lautem Platschen in den Teich zurück. Wieder
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