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Der Zauber Von Avalon 02 - Im Schatten der Lichtertore

Titel: Der Zauber Von Avalon 02 - Im Schatten der Lichtertore Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas A. Barron , Irmela Brender
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zur Pforte vorstieß.
    Nebel von den Höhen sank tiefer und umgab ihn mit dicken, gazeartigen Schleiern. Immer näher wirbelten die Schwaden, bis Tamwyn ihre Kälte im Nacken spürte. Dannhörte er in der Nähe einen Schrei. Jemand war in Gefahr. Es war eine Stimme, die er nie zuvor gehört hatte. Trotzdem erkannte er sie sofort.
    »Vater!«, rief Tamwyn und sprang von seinem Platz am Felsblock auf. Er stolperte durch den dichter werdenden Nebel und rannte auf die Stimme zu. Plötzlich sah er seinen Vater oder was von ihm übrig war. Der Kopf des Mannes verschwand in einem Wirbel grauer Haare in den Felsen. Nichts von ihm blieb zurück – nur sein Gesicht, das sich rasch entfernte. Neben ihm auf den Boden lag seine Fackel, ihre Flamme flackerte schwach.
    Tamwyn blinzelte überrascht. Sein Vater wurde geschluckt, lebendig gefressen! Von dem großen Baum selbst.
    Krystallus versuchte zu sprechen, aber diesmal klang seine Stimme nicht menschlich, sondern mehr wie scharrende Steine. Er riss die Augen entsetzt auf, sie waren so schwarz wie die des Sohns. Tamwyn stürzte mit ausgestreckten Armen auf ihn zu –
    Aber er konnte sich nicht bewegen. Der Fels unter ihm zog an ihm und riss ihn zu sich. Auch Tamwyn wurde in den felsigen Kamm hineingesogen. Das scharrende Geräusch nahm zu, es schwoll ringsum an.
    Tamwyn schrie auf, hörte aber nur das knirschende Schaben von Stein an Stein. Es wurde lauter, immer lauter. Jetzt waren seine Beine im Stein, die Knie, die Schenkel, die Hüften. Dann seine Brust. Die Hände, die Handgelenke und bald, trotz seines Widerstands, die Schultern. Sein Hals.
    Er schaute hinüber zum Gesicht seines Vaters und sah zum letzten Mal die Augen des großen Forschungsreisenden.Sie glänzten hell und glühten durch den Nebel wie schwarze Feuerkohlen, voll von einem Gefühl, das nie ausgedrückt werden würde. Nie geteilt. Dann schluckte der Fels Krystallus völlig.
    Und die Fackel erlosch.
    »Nein!«, schrie Tamwyn über dem knirschenden Lärm. Felszähne nagten an seinem Nacken und zogen an den Haaren unten an seinem Schädel. »Nicht
. . .
«
    Plötzlich wachte er auf. Das Ganze war ein Traum gewesen!
    Er keuchte erleichtert, während kalter Schweiß ihm über die Stirn lief und er den kargen braunen Kamm um sich musterte. Es sah genauso aus wie zuvor. Kein Nebel, kein Vater, keine Fackel.
    Und doch schmerzte sein Nacken immer noch, sogar mit jeder Sekunde mehr. Zu sehr für einen Traum. Und was war das für ein knirschendes, nagendes Geräusch ganz in der Nähe?
    Er versuchte sich vorzubeugen – konnte aber den Kopf nicht bewegen. Der Felsklotz hinter ihm hielt ihn gefangen.
    Kein Felsklotz
, erkannte er mit plötzlichem Entsetzen.
Ein lebender Stein!
Auf seinen Reisen hatte er davon gehört und in den alten Geschichten vom versunkenen Fincayra, aber noch nie war er einem wirklich begegnet.
    Bis jetzt.
    Panik erfasste ihn und umklammerte sein Herz so heftig wie das offene Maul des Steins sein Nackenhaar. Tamwyn zog fester, er versuchte, sich loszureißen. Aber er kam nichtfrei. Langsam, unaufhaltsam schluckten die Lippen des Steins seinen Kopf.
    Meine Kräfte! Ich werde sie gebrauchen, wie ich es für Scree getan habe.
Er schloss die Augen und versuchte, sich mit aller Kraft zu konzentrieren, trotz des knirschenden Geräuschs dicht an seinen Ohren, das zum Gebrüll geworden war. Jetzt spürte er das Maul des Steins, es war ganz nah und begann, an seinem Fleisch zu reißen.
    Helft mir!
, rief er den geheimnisvollen Kräften in sich zu, er erinnerte sich, dass er sie nur durch seine tiefsten Gefühle steuern konnte. Aber welche Gefühle waren damit gemeint? Als es um Scree ging, waren es die Bande zwischen zwei Brüdern gewesen, doch jetzt spürte er nur seine eigene zunehmende Panik.
    Keine Zeit.
Seine Kräfte wichen immer noch aus, sie kamen ihm nicht zu Hilfe. Er würde hier und jetzt sterben, zermalmt von den Kiefern dieses Geschöpfs. Wenn nicht . . .
    Er zog den Dolch aus der Scheide, hob ihn über den Kopf, stieß die Klinge nach unten und schnitt sich Locken ab – sowie einen Hautfetzen. Dann schnellte er mit einem Ruck vor und riss sich dabei noch mehr Haare aus.
    Frei! Er rollte weg und hielt eine Armlänge unterhalb des Felsblocks bei dem Vorsprung an, den er so mühsam erklettert hatte. Blut rann ihm über den Nacken und im Hinterkopf spürte er scharfe Stiche. Aber er war entkommen.
    Er starrte auf den lebenden Stein. Die glatte graue Oberfläche war aufgerissen und zeigte einen

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