Der Zauber von Savannah Winds
lauschte der Stille. Fleur war im Fitnesscenter und würde frühestens in zwei Stunden wieder zurück sein, aber in den Räumen hing ihr Duft wie eine schöne, aber traurige Erinnerung an alles, was er womöglich verlieren würde.
Er kam sich vor wie ein Dieb, als er seine beiden Lieblingsgitarren neben die Aufzugtür stellte. Doch trotz der heilsamen Sitzungen bei Carla wusste er, dass er noch nicht stark genug war, Fleur gegenüberzutreten. Der Gedanke an Carla und die Freundschaft, die sich allmählich zwischen ihnen entwickelte, vertiefte sein Unbehagen. Ihm war, als betrüge er Fleur allein mit dem Bedürfnis nach der Gesellschaft einer anderen Frau und als vergrößere er die Kluft, die sich zwischen ihnen aufgetan hatte, dadurch nur noch. Wenn ich nicht bald etwas unternehme, dachte er, ist es vielleicht zu spät.
Er zog einen Brief aus der Tasche und heftete ihn mit einem Magneten an die Kühlschranktür. Er hatte lange gebraucht, um die richtigen Worte zu finden, die den Abgrund vielleicht überbrücken könnten. Noch ein letzter, zögernder Blick – dann nahm er die Gitarren und ging.
Als Fleur sich dem Apartmenthaus näherte, brauste Gregs Porsche aus der Tiefgarage und hielt mit quietschenden Reifen vor der Ampel. Mit wild klopfendem Herzen rannte sie darauf zu und rief seinen Namen. Sie war jedoch noch zu weit entfernt, die Ampel sprang auf Grün, und der schnelle Wagen bog um die Ecke und war nicht mehr zu sehen.
Fleur blieb stehen, schaute in die Ferne und versuchte, das Geräusch des Motors aus all den anderen herauszuhören. Dann lief sie hinauf ins Apartment. Ängstlich fragte sie sich, was sie dort erwarten mochte.
Ein Großteil seiner Kleidung sowie seine beiden Lieblingsgitarren waren verschwunden. Dadurch wurde es noch schwerer für Fleur, Gregs Auszug hinzunehmen. Seine restlichen Sachen wirkten so verloren, wie sie sich fühlte – aufgegeben.
Sie tapste in die Küche und fand den Umschlag. Er roch nach seinem Rasierwasser, und sie hielt ihn unter die Nase, schloss die Augen und atmete den Duft ein, der all die vertrauten Momente ihrer gemeinsamen Zeit wachrief. Mit zitternden Fingern öffnete sie den Brief.
Geliebte Fleur,
Worte können nicht ausdrücken, wie sehr Du mir fehlst. Das Leben scheint ohne Sinn, Farbe und Freude zu sein – leer – , weil Du nicht an meiner Seite bist. Trotzdem ist meine Einsamkeit selbst verschuldet, und ich übernehme die volle Verantwortung dafür, aber der Schmerz, den ich Dir zugefügt habe, ist unverzeihlich. Ich bitte Dich um Verständnis und Vergebung, obwohl ich beides nicht verdient habe, und flehe Dich an, Deinen Glauben an mich und an unsere Ehe nicht zu verlieren. Ich suche Hilfe und habe eine Therapie angefangen, weil mir bewusst geworden ist, dass ich mich meiner Vergangenheit stellen muss, damit ich in die Zukunft schauen kann. Und diese Zukunft möchte ich mit Dir verbringen, falls Du mich noch haben willst.
Glaube nicht, dass dies ein Abschied ist, weil ich ein paar Sachen aus dem Apartment geholt habe. Das hatte allein praktische Gründe. Mir sind die Klamotten ausgegangen!
Ich wünsche Dir alles, was Du Dir für Deinen Rückzug in die Kingfisher Bay auch wünschst.
Ich liebe Dich. Ich werde Dich immer lieben.
Greg
Der Brief war sehr schön, und Fleur faltete ihn sorgfältig zusammen, steckte ihn wieder in den Umschlag und ging ins Schlafzimmer. Sie kroch ins Bett, zog sich die Decke über den Kopf und brach in Tränen aus, während sie Gregs kostbare Worte behutsam an die Brust drückte.
7
E s dauerte noch vier weitere lange, anstrengende Wochen, bis Fleurs Vater sich gezwungen sah, das Angebot von zwei jährlichen Raten zu akzeptieren. Schließlich wurde das Testament gerichtlich bestätigt. Fleur plünderte ihr Sparkonto und verkaufte die Hälfte ihrer Aktien und Wertpapieranlagen, um das geliehene Geld für ihr Apartment aufzubringen und es ihm zurückzuzahlen. Endlich war sie frei und freute sich auf den nächsten Tag.
Sie saß mit Jason auf der Terrasse ihres Lieblingsweinlokals und beobachtete die Wassertaxis und Touristenboote. Fleur lächelte und hob ihr Champagnerglas zum Toast. »Auf Birdsong.«
»Cheers! Aber bleib nicht allzu lange fort. Ohne dich wird es hier schrecklich langweilig.«
Fleurs Handy klingelte, und sie warf Jason einen bedauernden Blick zu, bevor sie die Nummer prüfte. Es war ihr Vater. »Ja?«, meldete sie sich kühl.
»Fleur, ich möchte dir versichern, dass die Anfechtung des Testaments nicht
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