Der Zauber von Savannah Winds
langgestreckten Wellblechdachs sowie einen Kamin aus Sandstein.
Mit klopfendem Herzen lenkte sie den Jeep den steilen, gewundenen Pfad hinunter, bis der an einem weißen Tor endete, das von einem Brett mit dem Namen »Birdsong« gekrönt war. Sie stieg aus dem Wagen, stellte sich neben den Briefkasten in Form eines Kookaburra, eines Rieseneisvogels, und nahm die Umgebung in sich auf.
Der Name, den Annie für ihr Anwesen gewählt hatte, passte, denn im üppigen Grün des Waldes sangen tatsächlich Vögel. Unzählige Insekten surrten, und exotische Blüten in grellen Rot- und Gelbtönen lugten aus dem dichten Unterholz hervor. Wandelröschen rankten sich wie dicke Arterien an Baumstämmen empor, Riesenfarne ließen die Wedel fast bis auf den Waldboden hängen. Das Aufgebot an Vögeln in allen Farben des Regenbogens war atemberaubend. Sie riefen und zwitscherten, schossen und hüpften zwischen den Bäumen hin und her, schlugen mit scharlachroten, blauen, gelben und grünen Flügeln.
Fleur schob das Tor auf und fuhr in ein großes, mit Kies bestreutes Areal. Verwundert bemerkte sie, dass dort bereits ein ziemlich ramponierter Geländewagen parkte. Stirnrunzelnd stieg sie aus und umrundete ihn. Im Inventarverzeichnis war von Fahrzeugen nicht die Rede gewesen. Sie konnte das Baujahr nicht erkennen, da das Kennzeichen bereits zu verblasst war. Die Reifen waren prall und kaum abgefahren, und auf dem Sitz lag so etwas wie eine Jacke aus Leder und Wolle.
Fleur tat das Rätsel mit einem Schulterzucken ab, holte ihr Gepäck aus dem Jeep und ging den überwucherten Pfad hinunter, begleitet von den Aromen der Pflanzen und dem Summen der Bienen. Annie hatte ihren Garten offensichtlich geliebt, was sich schon allein darin zeigte, dass sie die wohlriechenden Kräuter nahe am Weg gepflanzt hatte, sodass sie ihren Duft verbreiteten, sobald man daran entlangstreifte. Rosen und Bougainvilleen überwucherten alles, und Geißblatt und Frangipani rundeten das Bild mit weißen Blüten ab.
Das elegante Queenslander-Haus schien aus dem Berg aufzuragen, als habe die Natur bei der Planung mitgewirkt. Das Holzgebäude stand auf Steinsäulen, deren unterschiedliche Länge der Hangneigung angepasst war.
Fleur blieb staunend stehen, bezaubert von der makellosen Schönheit des alten Hauses und der Privatbucht, auf die sie durch die Bäume einen Blick erhaschen konnte. Rings um das Gebäude führte eine Veranda, die zweifellos einen noch besseren Blick auf die Bucht gewähren, mit ihren Schutzwänden und Korbmöbeln jedoch auch Schatten und Bequemlichkeit bieten würde.
Aufgeregt stieg Fleur die zwei Stufen zur Veranda hoch und schob das Fliegengitter auf, den Hausschlüssel in der Hand. Die Eingangstür ließ sich leicht öffnen, und Fleur trat in die einladenden Schatten von Annies Heim.
Die Längsseite des Hauses verlief parallel zur Bucht. Die Tür öffnete sich zu einer quadratischen Diele, von der Abzweigungen nach links und rechts zu Schlafräumen und einem Badezimmer führten. Die Wohnräume lagen geradeaus und gingen wahrscheinlich zur Bucht hinaus, doch Fleur beschloss, sich diese betörende Szenerie für später aufzuheben und zunächst ausgiebig die Schlafzimmer zu erforschen.
Sie ließ ihre Taschen in der Diele stehen. Ihre Sandalen klapperten auf den gebohnerten Holzdielen, während sie jeden schön ausgestatteten Schlafraum besichtigte. Die schmiedeeisernen Betten waren mit gestärktem Leinen bezogen, die Nachttischlampen mit Fransen und Perlen geschmückt. Die Kissenbezüge und Tagesdecken waren mit Bändern und Spitze verziert, die Frisierkommoden mit versilberten Bürsten und Kämmen, Kristallflakons, Tabletts und niedlichen Häkeldeckchen ausgestattet. Offenbar hatte Amy Parsons das Haus für Fleur hergerichtet und es lag ihr am Herzen.
An den weiß getünchten Wänden hingen sepiabraune Fotos aus einem vergangenen Zeitalter. Die Rahmen waren sichtlich ebenso altertümlich wie die stark verzierten Krüge und Schalen, die auf den bemalten Kommoden standen. Hauchzarte Schals waren auf den Rückenlehnen tiefer, bequemer Sessel drapiert, die am Fenster standen und einen Ausblick auf den Regenwald boten. Hinter jeder Tür hing außerdem ein erlesenes Nachthemd aus feiner weicher Baumwolle, das mit Rüschen und Bändern verziert war.
Fleur hörte förmlich die Stimmen der Menschen, die einst hier übernachtet hatten, vernahm ihr Gelächter und ihre Musik. Ihr war, als spaziere sie in die Vergangenheit, und das Gefühl verließ
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