Der Zaubercode
zu sein und andersherum.« Er machte eine Pause, um Luft zu holen. »Mein Bruder war ganz klar ein Idealist. Er hat die Konsequenzen seines Handelns nicht vorhergesehen — weder für sich, noch für die Menschen, denen er helfen wollte.«
»Was ist passiert?«, wollte Gala wissen und ihr Herz schlug schneller als sie fühlte, dass diese Geschichte wahrscheinlich kein glückliches Ende nehmen würde.
»Louie schaffte es, heimlich eine große Anzahl Momentaufnahmen-Sphären zu erschaffen, sie aus Turingrad herauszuschmuggeln und im ganzen Land zu verteilen. Er dachte, es könnte dabei helfen, Wissen zu verbreiten und unsere Gesellschaft zu verbessern. Das ist allerdings nicht passiert.« Blaise Stimme wurde hart und gefühllos. »Sobald der Rat von Louies Handlungen erfuhr, erließ er Gesetze, welche den Besitz und die Verbreitung der Momentaufnahmen für Nichtzauberer verboten, was zur Entstehung eines Schwarzmarktes dafür führte. Außerdem entstand eine neue Gruppe Krimineller, die sich auf den Verkauf dieser Objekte spezialisierten — was völlig gegen den ursprünglichen Zweck ging.«
»Und was passierte mit Louie?«
»Er wurde bestraft«, antwortete ihr Blaise und sie konnte die unterschwellige Wut spüren. »Es wurde über ihn gerichtet und das Urteil war: schuldig. Er bezahlte mit seinem Leben dafür, den normalen Menschen die Momentaufnahmen zugänglich gemacht zu haben.«
»Sie haben ihn umgebracht?« Gala zog hörbar Luft ein, völlig entsetzt von der Idee, jemand könne sein Leben so schnell verlieren. Sie genoss das Leben so sehr, sie konnte sich gar nicht vorstellen, es könne aufhören. Wie können Menschen so etwas machen? Wie können sie sich gegenseitig das Recht auf etwas so Aufregendes verwehren?
»Ja. Sie haben ihn hingerichtet. Ich habe den Rat kurz nach seinem Tode verlassen Ich konnte es nicht länger ertragen, ein Teil von ihm zu sein.«
Gala schluckte und spürte ein schmerzhaftes Gefühl in ihrer Brust. Es war, als ob Blaises Schmerz ihr eigener sei. Das musste Mitgefühl sein, erkannte sie.
»Könnte ich mehr Momentaufnahmen ausprobieren, Blaise?«, fragte sie vorsichtig und hoffte, durch das weitere Ansprechen dieses Themas keinen zusätzlichen Schmerz bei ihm hervorzurufen. »Ich würde sie gerne hier erleben, in der physischen Dimension.«
Zu ihrer Überraschung erhellte sich sein Gesicht, als ob das, was sie gesagt hatte, ihn glücklich machte. »Das ist eine großartige Idee«, antwortete er ihr und lächelte sie warm an. »Es ist eine hervorragende Möglichkeit für dich, mehr von dieser Welt zu erfahren.«
»Ja«, stimmte ihm Gala zu. »Das denke ich auch.«
Sie hatte außerdem vor, die Welt persönlich zu erkunden, aber im Moment reichten Momentaufnahmen.
9. Kapitel: Augusta
Augusta sah ihrem Liebhaber dabei zu, wie er sich auf den bevorstehenden Kampf vorbereitete. Die weiche Ledertunika umschmeichelte seine breite Gestalt und die Rüstung, die er darüber anlegte, sah so schwer aus, als würde sie einen kleineren Mann umwerfen. Für Barson fühlte sie sich jedoch leicht wie Luft an. Nicht, weil er so stark war — obwohl das auch zutraf — sondern weil die Rüstung der Garde der Zauberer speziell war. Sie besaß einen Zauber, der sie für denjenigen, der sie trug fast federleicht machte und war außerdem nahezu undurchdringlich. Das war einer der Vorteile, ein Soldat im Koldun der modernen Zeit zu sein: der Zugang zu Waffen und einer Ausrüstung, die zauberverstärkt waren.
Als Augusta bemerkte, dass Barson fast fertig war, stand sie auf, griff nach ihrer Tasche und schlang sie sich um die Schulter. Ihre rote Chaise wartete schon draußen auf sie. Die Zauberin hatte vor, über dem Schlachtfeld zu fliegen, damit sie alles von einem sicheren Platz aus beobachten konnte.
»Wir werden sie dort drüben auf dem Hügel treffen«, erklärte Barson ihr während sie aus dem Zelt gingen. »Das ist ein guter Platz. Unsere Bogenschützen werden eine freie Schussbahn auf jeden, der sich nähert, haben. Außerdem gibt es nur eine Straße, die dort entlang führt, weshalb sich niemand unbemerkt an uns anschleichen kann.
Augusta lächelte ihn an. »Das hört sich gut an.« Ihr Liebhaber war genauso besessen von militärischen Strategien, wie sie selbst von Magie und verschlang deshalb in seiner freien Zeit alte Bücher über Kriegsführung.
»Ich sehe dich in ein paar Stunden.« Er beugte sich hinunter und gab ihr einen kurzen, harten Kuss, bevor er zu seinen Soldaten
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