Der Zaubercode
möchte hinausgehen«, sagte sie und drehte ihren Kopf herum, um ihn anzusehen. »Ich möchte mehr von dieser Welt sehen.«
Blaise versuchte, seine Enttäuschung zu verbergen. »Willst du nicht weiter versuchen, zu zaubern?«
»Nein«, antwortete Gala ihm entschlossen. »Das möchte ich nicht. Ich möchte hinausgehen und die Welt erforschen.«
Blaise atmete tief ein. »Vielleicht noch einen einzigen Versuch?«
Ihr Gesichtsausdruck verdunkelte sich und eine Falte bildete sich auf ihrer glatten Stirn. »Blaise«, sagte sie ruhig, »ich fühle mich gerade ganz schlecht durch dich.«
»Bitte?« Blaise konnte das Entsetzen nicht aus seiner Stimme streichen. »Warum?«
»Weil ich mich jetzt benutzt fühle, wie der Gegenstand, den du eigentlich erschaffen wolltest«, antwortete sie ihm und hörte sich wütend an. »Was willst du von mir? Bin ich ein Werkzeug, damit die Menschen zaubern können? Ist das der Sinn meines Lebens?«
»Nein, natürlich nicht!«, protestierte Blaise und drückte ein unwillkommenes Schuldgefühl weg. Eigentlich war es genau das, was er ursprünglich mit Gala vorgehabt hatte, aber sie hatte auch keine Person sein sollen, mit den Gefühlen und Empfindungen eines Menschen. Er hatte eine Intelligenz erschaffen wollen, ja, aber sie sollte doch nicht so aussehen. Sie hatte ein Mittel sein sollen, um gegen die größte Ungerechtigkeit in ihrer Gesellschaft vorzugehen und ihr ein Ende zu setzen. Alles, an das er gedacht hatte war, ein Objekt zu erschaffen, welches die normale menschliche Sprache verstehen konnte, und er hatte nicht daran gedacht, etwas mit diesem Intelligenzniveau könne auch seine — oder ihre — eigenen Gedanken und Meinungen haben.
Und jetzt war er das Opfer seines eigenen Erfolges geworden. Gala verstand mit Sicherheit ihre Sprache — vielleicht sogar besser als Blaise, wenn man sich ansah, was sie schon alles gelesen hatte. Sie war trotzdem eher ein Gegenstand, den man benutzen konnte, als er das war. Sein ursprünglicher Plan, genügend magische Objekte für alle zu erschaffen, war vollkommen verrückt gewesen. Falls er damit Erfolg gehabt hätte, würde er den Druck der Ungleichheit nur von einer Gruppe denkender Individuen auf eine Andere verschieben — vorausgesetzt Gala oder die anderen ihrer Art würden bei so etwas überhaupt mitmachen.
Außerdem konnte sie ja, zumindest bis jetzt, nicht einmal zaubern. Oder vielleicht wollte sie auch nicht, dachte Blaise trocken. Wenn er in ihrer Situation wäre, würde er auch zurückhaltend damit sein, magische Fähigkeiten aufzuzeigen.
Sie sah immer noch wütend aus, also versuchte er, sie zu beruhigen: »Gala, hör mir zu. Ich wollte nicht, dass du dich wie ein Gegenstand fühlst. Was ich dir über meine ursprünglichen Absichten erzählt habe, kommt jetzt natürlich nicht mehr in Frage. Ich weiß, du bist kein Objekt, welches einfach so benutzt werden kann. Es tut mir leid. Es war gedankenlos von mir, nicht zu bemerken, wie du dich fühlst.« Er hoffte, sie konnte erkennen, wie ernst er das meinte. Er wollte auf gar keinen Fall, dass Gala Angst vor ihm hatte oder wütend auf ihn war.
Sie sah einen Augenblick lang weg und drehte sich dann wieder um, damit sie ihm in die Augen schauen konnte. »Jetzt weißt du es ja«, sagte sie sanft. »Alles, was ich gerade gerne machen möchte ist, mehr über diese Welt zu erfahren. Ich will alles von ihr erleben, selber das alles sehen, worüber ich in den Büchern gelesen habe, die Ungerechtigkeit erleben, die du beheben willst. Ich würde gerne wie ein Mensch leben, Blaise. Kannst du das verstehen?
8. Kapitel: Gala
Gala sah die Gefühle, die sich auf dem Gesicht ihres Schöpfers widerspiegelten. Sie konnte sehen, dass er enttäuscht war, und das schmerzte sie, aber er musste verstehen, dass sie eine Person war, mit ihren eigenen Bedürfnissen und Wünschen. Sie war nichts, das einfach dazu benutzt werden konnte, das Leben von Menschen zu verbessern, die sie nicht kannte und die ihr egal waren.
Sie konnte seinen inneren Kampf sehen und er schien zu einem Entschluss zu kommen. »Gala, sagte er ruhig und schaute sie an, »ich verstehe, was du sagst, aber du weißt nicht, worum du mich da bittest. Wenn irgendjemand von deiner Existenz erfährt — darüber, was du bist — weiß ich nicht, was geschehen wird. Menschen haben Angst vor dem, was sie nicht verstehen — und selbst ich weiß nicht genau, was du bist und wozu du alles fähig bist. Ich kann dich nicht hinaus lassen,
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