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Der Zaubercode

Der Zaubercode

Titel: Der Zaubercode Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dima Zales
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war schon immer an allem interessiert gewesen, was mit dem menschlichen Verstand zu tun hatte.
    Sie ging zu einem der unbedeckten Stände hinüber und kaufte pralle Datteln. Das war Blaises Lieblingssnack, wenn er seine Geschmacksnerven mit etwas Süßem stimulieren wollte. Sie wären ein gutes Friedensangebot, vorausgesetzt Blaise würde überhaupt zustimmen, sie zu sehen. Glücklich mit ihrem Einkauf — und sich völlig im Klaren über die Sinnlosigkeit des Ganzen — hob sie wieder ab.
    Das Haus ihres ehemaligen Verlobten lag nicht weit vom Marktplatz entfernt, eigentlich hätte sie auch zu Fuß dorthin gehen können. Blaise war einer der wenigen Zauberer, die immer eine Unterkunft in Turingrad behalten hatten, anstatt ihre ganze Zeit im Turm zu verbringen. Er hatte das Haus von seinen Eltern geerbt und fand es beruhigend, Abends dorthin zu gehen, anstatt im Turm zu bleiben und mit den anderen zusammenzusitzen. Als sie und Blaise zusammen gewesen waren, hatte sie auch viel Zeit in diesem Haus verbracht — so viel sogar, dass sie dort ein eigenes Zimmer gehabt hatte.
    Der Gedanke an das Haus brachte wieder diese bittersüßen Erinnerungen zurück. Sie hatten manchmal Spaziergänge von seinem Haus zu diesem Marktplatz unternommen und sie erinnerte sich daran, wie sie dabei immer über ihre neuesten Projekte gesprochen hatten, sie detailliert miteinander durchgegangen waren. Das war eine dieser Sachen, die sie zurzeit am meisten vermisste — die intellektuellen Unterhaltungen, das Austauschen von Ideen. Obwohl Barson eine interessante Person war, könnte er ihr das niemals geben. Nur ein Zauberer von Blaises Kaliber konnte das — und so einen gab es nicht noch einmal, soweit Augusta das beurteilen konnte.
    Schließlich war sie da, stand vor Blaises Haus. Trotzdem es sich mitten in Turingrad befand, sah es aus wie ein Landhaus — ein beeindruckendes elfenbeinfarbenes Herrenhaus, welches von wundervollen Gärten umgeben war.
    Augusta näherte sich vorsichtig, ging die Stufen nach oben und klopfte höflich an die Tür. Dann hielt sie ihre Luft an und wartete auf eine Antwort.
    Es kam keine.
    Sie klopfte lauter.
    Immer noch keine Reaktion.
    Ihre Angst wuchs, während sie noch ein paar Minuten wartete und hoffte, Blaise sei einfach oben im Haus und könne ihr Klopfen nicht hören.
    Immer noch nichts. Es wurde Zeit für drastischere Maßnahmen.
    Sie rief einen verbalen Zauberspruch ab, den sie parat hatte und begann, seine Worte zu rezitieren. Allerdings ersetzte sie einige Variable, da sie vermeiden wollte, die ganze Stadt zu verängstigen. Dieser Spruch war dafür bestimmt, ein extrem lautes Geräusch zu produzieren — nur dass er mit den Änderungen, die sie vorgenommen hatte, nur m Haus zu hören wäre. Zum Glück war der Code für die Luftvibration relativ einfach nach Wunsch auf die richtige Stärke anzupassen. Nach den einfachen logischen Ketten folgte noch die Deutungslitanei und dann hielt sie ihre Hände über ihre Ohren, um den Lärm abzuschwächen, der aus dem Gebäude nach draußen drang.
    Das Geräusch war so stark, sie konnte quasi spüren, wie die Wände des Hauses vibrierten. Blaise konnte das auf gar keinen Fall ignorieren. Wenn jemand in dem Haus wäre, dann müsste er jetzt durch den Zauber halb taub — und ziemlich wütend sein. Es war wahrscheinlich nicht der beste Weg, ihre Unterhaltung zu beginnen, aber es war der einzige der ihr einfiel, um seine Aufmerksamkeit zu bekommen. Sie würde lieber mit einem wütenden Blaise zu tun haben als mit dem Abhängigen, von dem sie immer mehr befürchtete, ihn hier anzutreffen.
    Die Tatsache, dass er auf diesen Lärm nicht reagierte, sprach Bände. Nur jemand, der in eine Momentaufnahme vertieft war, würde diesem Zauber gegenüber immun sein. Die Alternative — dass er nach Monaten seines Einsiedlerdaseins endlich das Haus verlassen haben könnte — war höchst unwahrscheinlich, auch wenn Augusta sich trotzdem an diese kleine Hoffnung klammerte.
    Das Erschreckende an den Momentaufnahmen war, dass die von ihnen Abhängigen manchmal starben. Sie würden sich so in das Leben der anderen vertiefen, dass sie ihre Gesundheit vernachlässigten, vergaßen zu essen, zu schlafen und sogar zu trinken. Auch wenn Zauberer ihre Körper magisch versorgen konnten, mussten sie Zauber wirken, um den Energielevel konstant zu halten. Dieser Zauber musste regelmäßig erneuert werden, womit ein von Momentaufnahmen abhängiger Zauberer wahrscheinlich Schwierigkeiten hätte.

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