Der Zaubercode
Tiere, das zu machen?«, flüsterte sie Esther zu.
»Weil es Spaß macht, ihnen dabei zuzusehen«, flüsterte diese zurück.
»Ich mag es nicht«, murmelte Gala und war unglücklich, dass die Tiere gezwungen wurden, etwas zu tun, das ganz klar gegen ihre Natur ging.
»Wollen wir gehen?«, fragte Maya hoffnungsvoll.
»Nein.« Gala schüttelte ihren Kopf. »Ich möchte sehen, was als nächstes kommt.«
Nachdem die Bären die Arena verlassen hatten, war ein Mann an der Reihe, der Feuer schluckte. Ihm folgte eine Gruppe junger Frauen, die in bunten Kostümen tanzten. Gala amüsierte sich prächtig und war erleichtert, keine Tiere mehr in der Arena zu sehen.
Und gerade als sie anfing zu denken, die Spiele im Kolosseum seien die beste Unterhaltung, die sie sich vorstellen könnte, tönte eine Stimme durch die Arena und unterbrach das aufgeregte Geschnatter der Menge. »Meine Damen und Herren, jetzt ist der Moment gekommen, auf den sie alle gewartet haben.« Paukenschlag. »Ich präsentiere Ihnen ... die Löwen!«
Die Menge war still und ihre ganze Aufmerksamkeit war auf die Bühne gerichtet. Gala wartete, gespannt darauf zu sehen, was die Arena betreten würde. Eine unangenehme Vorahnung machte sich in ihrem Magen breit.
Das Tor öffnete sich wieder und ein Dutzend Männer in starker Rüstung, die Ketten hinter sich herzogen, traten hinaus. Am anderen Ende der Ketten waren Löwen — die schönsten Kreaturen, die Gala jemals gesehen hatte.
Die Ketten waren mit engen, stachelbesetzten Halsbändern verbunden, welche sich tief in den Hals der Tiere bohrten. Die Löwen, die offensichtlich vor Schmerzen brüllten und fauchten, wurden gezwungen, bis in die Mitte der Arena zu gehen. Sobald sich dort mehr als ein Dutzend Löwen befanden, befestigten die Männer in den Rüstungen die Ketten an Haken, die in den Boden eingelassen waren. Gleichzeitig stachen sie mit langen Speeren auf die Tiere ein, um sie davon abzuhalten, anzugreifen. Das schien die Bestien nur noch wütender zu machen und ihr Gebrüll wurde lauter, was einige Frauen in der Menge dazu veranlasste, vor Aufregung zu Kreischen.
Ihr Grauen und Ekel wuchsen sekündlich und Gala schaute dabei zu, wie die Tore sich wieder öffneten und eine andere Gruppe Männer die Arena betraten. Im Gegensatz zu den Wachen von vorher trugen diese Männer keine weiteren Waffen, als kurze, rostig aussehende Schwerter. Sie stolperten in das Kolosseum und einige von ihnen fielen über ihre eigenen Füße. Gala realisierte, dass sie heraus geschubst worden waren — dass sie nicht mehr Lust hatten dort zu sein, als die armen Löwen. Die Gesichtsausdrücke der Männer spiegelten Angst und Panik wider.
Galas Herz machte einen Satz, als zwei der Löwen begannen, einen der Männer langsam zu verfolgen. Er wich zurück, schwang sein Schwert mit verzweifelten und ungeschickten Bewegungen gegen sie — und Gala wurde klar, diese Konfrontation sollte ihre Unterhaltung sein.
Die Löwen und die Menschen sollten um ihr Leben kämpfen.
Eine Wut, so mächtig wie sie sie noch niemals zuvor gefühlt hatte, begann sich in Gala aufzubauen. Sie füllte sie immer weiter aus, bis sie sich nur noch auf die erschreckende Szene konzentrieren konnte, die sich gleich vor ihren Augen abspielen würde.
»Aufhören«, flüsterte sie und war sich kaum bewusst, etwas zu sagen. Aus ihren Augenwinkeln konnte sie sehen, wie Maya und Esther besorgt zu ihr herüber schauten und sie fühlte, wie sie sie am Tuch zogen und versuchten, sie wegzuführen. Galas Füße fühlten sich an, als würden sie Wurzeln schlagen, sie stand wie versteinert an ihrem Platz und konnte nichts anderes tun, als das abscheuliche Spektakel zu beobachten.
Ein lautes Gebrüll, dann ein gelber Nebel ... Ein Löwe stürzte sich auf den Mann, riss ihn zu Boden und Gala spürte das mittlerweile vertraute Gefühl, ihre Kontrolle zu verlieren, ihren anderen Teil übernehmen zu lassen. Sie bekam kaum mit, wie etwas in ihr die Entfernung von ihrem Sitz bis zur Mitte der Arena berechnete — und dann hatte sie ihren Sitz auch schon verlassen und flog zu ihrem Ziel.
Auf einmal schien es totenstill zu sein. Selbst die Löwen hörten auf zu brüllen und drehten ihre Köpfe, um dem Mädchen dabei zuzusehen, wie es durch die Luft flog. Es war so still, dass Gala das Geräusch der Ketten hören konnte, als die Löwen sich zur Mitte der Arena bewegten, wo sie landen wollte, und ihre Beute achtlos zurück ließen.
Dann war Gala auch schon zwischen
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