Der Zauberer von Linn
Hülle und durchforschten das Gebiet.
Trotz Jerrins Befehl, den Beibooten der Eindringlinge nicht zu nahe zu kommen, konnten zwei Zwischenfälle nicht vermieden werden. Sie geschahen an zwei verschiedenen Punkten, ähnelten sich jedoch verblüffend und hatten auch den gleichen Ausgang. Irdische Patrouillenboote näherten sich den feindlichen Scouts auf mehr als einen Kilometer. Augenzeugen berichteten von blauen Energiestrahlen. Die irdischen Boote gingen in Flammen auf und fielen zur Erde, ihre Insassen wurden getötet.
Diese Neuigkeiten erschütterten Jerrin. Aber sie bestärkten ihn in seinem Plan, der in ihm heranreifte. Er hatte auf den Bericht über den Ausgang des Kampfes auf dem Mars gewartet. (Er zweifelte nicht daran, daß das fremde Schiff mit dem identisch war, das auf dem Mars gesehen worden war, und daß es das Kurierschiff von dort überholt hatte.) Aber jetzt lag die Antwort klar auf der Hand.
Das fremde Schiff kam von einem fernen Stern, wohin es auch zweifellos zurückkehren würde. In der Zwischenzeit mußte Jerrin alle Anstrengungen unternehmen, die Verteidigungsbereitschaft von Linn zu erhöhen. Schnell entschlossen setzte er sich mit dem Oberbefehlshaber der Armee in Verbindung und gab entsprechende Anweisungen.
Der Offizier strich sich über den Bart.
»Was meinen Sie mit ›erhöhter Verteidigungsbereitschaft‹, mein Lord? Sollen mehr Pfeile und Bogen fabriziert werden?«
Jerrin zögerte mit der Antwort. Der Mann hatte recht. Sein Plan klang verworren. Endlich sagte er:
»Bleiben Sie wachsam. Und bereiten Sie sich darauf vor, Opfer zu bringen.«
Er wußte selbst nicht, wie er das meinte.
Der zweite Tag verging ohne besondere Ereignisse, aber Jerrins Erregung wuchs. Die Leute, die den Auftrag hatten, Lord Clane ständig zu überwachen, berichteten, der Mutant habe all sein Hab und Gut aus seiner Residenz in Linn fortbringen lassen. Jerrin war wütend. Wenn das bekannt wurde, konnte eine Panik ausbrechen.
Er kochte noch immer vor Wut, als ihn ein zweiter Brief seines Bruders erreichte.
»Lieber Jerrin!
Ich erhielt soeben die Nachricht von der Niederlage auf dem Mars und bitte Dich dringend, Linn und die anderen großen Städte zu evakuieren.
Das fremde Schiff muß unbedingt vernichtet werden, ehe es unser Sonnensystem verlassen kann.
Clane«
Das war kurz und bündig. Jerrin stieg die Röte ins Gesicht. Der knappe Ton seines Bruders ärgerte ihn. Erst nach einer vollen Minute kam ihm der Inhalt des Briefes zu Bewußtsein: Niederlage auf dem Mars.
Er behielt äußerlich seine Ruhe und schickte einen Boten zu dem Raumhafen, wo die Schiffe vom Mars stets zu landen pflegten. Der Mann kehrte mit leeren Händen zurück.
»Seit mehr als einer Woche ist kein Schiff vom Mars gelandet, Lordführer«, berichtete er.
Jerrin schritt in der Empfangshalle seines Palasts erregt auf und ab. Er war überrascht und betroffen von der Tatsache, daß Clane eine Nachricht erhalten hatte, von der die Regierung nichts wußte. Mit dieser indirekten Methode hatte sein Bruder ihn wissen lassen, daß er eine besser funktionierende Informationsquelle besaß als die offiziellen Stellen. Die Bereitschaft, dieses Geheimnis preiszugeben, schien gerade jetzt sehr bedeutsam zu sein.
Er dachte noch immer über das Problem nach, als Lilidel eintrat. Wie gewöhnlich, brachte sie eines ihrer Kinder mit.
Jerrin betrachtete sie geistesabwesend, während sie zu sprechen begann. Sie war nicht mehr die große Schönheit, die er einst geheiratet hatte, obwohl sich ihre ausdrucksvollen Züge kaum verändert hatten. Es war ihre Gestalt, die nicht zuletzt durch die Geburt von sieben Kindern ihre Jugendfrische verloren hatte. Doch das wäre Jerrin gleichgültig gewesen, wenn sich nicht der Charakter seiner Frau im gleichen Maße verändert hätte.
Er unterbrach ihren Redestrom und sagte geduldig:
»Ich möchte eine Sache klarstellen, meine Liebe. Ein Mann, der das Empire nicht zu schützen versteht, kann auch sein Amt niemals halten. Es ist jetzt nicht die Zeit, über die Nachfolge unseres Calaj nachzudenken. Wir haben ernstere Sorgen. Das fremde Schiff hat uns in eine verzweifelte Lage gebracht.«
In aller Eile berichtete er ihr von der Botschaft, die er von Clane erhalten hatte. Seine Frau wurde blaß.
»Das ist es, was ich befürchtete«, sagte sie in scharfem Ton. »Ich wußte, daß er etwas im Schilde führte.«
Diese egozentrische Beschuldigung verblüffte Jerrin. Er hielt ihr entgegen, daß sein Bruder
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