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Der Zauberhut

Der Zauberhut

Titel: Der Zauberhut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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nehmen wir damit auch Einfluß auf das menschliche Wesen. Stimmt’s, Brüder?«
    »Als Beispiel mag die Stadt angeführt werden«, sagte einer der anderen Zauberer. »Und ich habe mir ein Schloß geschaffen…«
    »Wir herrschen über Ankh-Morpork, aber wer herrscht über den Rest der Welt?« fragte Krempel. »Sicher gibt es dort draußen mindestens tausend aufgeblasene Könige und Kaiser und Stammesoberhäupter.«
    »Niemand von ihnen kann lesen, ohne die Lippen zu bewegen«, warf ein Thaumaturge ein.
»Der Patrizier konnte lesen«, sagte Spelzdinkel.
»Aber nicht ohne Zeigefinger«, murmelte Krempel. »Da fällt mir ein: Wo steckt die Eidechse? Nun, spielt keine Rolle. Wichtig ist nur eins: Die Welt sollte von klugen, weisen und philosophisch erfahrenen Männern regiert werden. Sie braucht jemanden, der sie führt. Jahrhundertelang haben wir uns gegenseitig bekämpft, aber wer weiß, wozu wir fähig sind, wenn wir zusammenhalten?«
    »Heute die Stadt und morgen die Welt«, meinte ein Zauberer, der weiter hinten stand.
Krempel nickte.
»Morgen die Welt und…« – er rechnete kurz –, »… und am Freitag das Universum!«
    Damit bleibt das Wochenende frei, dachte Spelzdinkel. Er erinnerte sich an die Hutschachtel und bot sie Münze an. Krempel trat mit einer fließenden Bewegung auf ihn zu, griff nach dem Behälter, reichte ihn dem Jungen und verbeugte sich erstaunlich tief.
    »Der Hut des Erzkanzlers«, sagte er. »Er gebührt dir, wie wir meinen.« Münze nahm die Schachtel entgegen, und zum erstenmal glaubte Spelzdinkel, in den kindlichen Zügen einen Hauch von Unsicherheit zu erkennen.
    »Sollte er nicht während einer feierlichen Zeremonie übergeben werden?« fragte der Knabe.
Krempel hüstelte.
    »Äh, nein«, entgegnete er. »Eigentlich, äh, nicht.« Er sah die anderen Zauberer an, die pflichtbewußt den Kopf schüttelten. »Nein. In diesem Zusammenhang wurde noch nie eine feierliche Zeremonie durchgeführt. Abgesehen von dem Festessen. Äh. Weißt du, die Ernennung des, äh, Erzkanzlers hat nichts mit einer Art, äh, Krönung gemein. Um es anders auszudrücken: Der Hut symbolisiert das Oberhaupt unserer magischen Bruderschaft, ja…« Der goldene Blick des Jungen verwirrte Krempels Stimmbänder. »Weißt du, der Erzkanzler ist, äh, der… Erste… unter… Gleichen…«
    Er trat unsicher zurück, als sich der Stab von ganz allein drehte und auf ihn zeigte. Einmal mehr schien Münze einer Stimme zu lauschen, die nur er vernahm.
    »Nein«, sagte der Knabe schließlich, und seine Stimme vibrierte eindrucksvoll. Um einen solchen Nachhall zu bewirken, sind entweder ausgeprägte okkulte Fähigkeiten erforderlich oder die teuren Geräte eines modern eingerichteten Audiostudios. »Es wird eine Zeremonie geben. Es muß ein Ritual stattfinden, damit die Bewohner der Scheibenwelt wissen, daß Zauberer die Herrschaft angetreten haben. Aber wir führen es nicht hier durch. Ich wähle einen geeigneten Ort. Und alle Zauberer, die jemals die Tore der Universität durchschritten haben, nehmen daran teil, verstanden?«
    »Einige von ihnen wohnen ziemlich weit entfernt«, gab Krempel zu bedenken. »Ihre Reise hierher dürfte einige Zeit in Anspruch nehmen, und deshalb schlage ich vor, wir gedulden uns eine Weile, während…«
    »Es sind Zauberer!« rief Münze. »Sie können von einem Augenblick zum anderen hier sein! Ich habe ihnen Macht gegeben. Außerdem…« Er senkte die Stimme und klang wieder einigermaßen normal. »Die Universität hat ihren Zweck erfüllt. Sie diente nie als wahres Heim für Magie, eher als ihr Kerker. Ich errichte ein neues Gebäude für uns.«
    Er hob den Hut aus der Schachtel und lächelte. Spelzdinkel und Krempel hielten unwillkürlich den Atem an.
»Aber…«
    Sie drehten sich um. Ovin Schmollwinkel, Hüter der magischen Gebote, hatte gesprochen. Verblüfft starrte er auf den Hut, und es dauerte einige Sekunden, bis er den offenen Mund wieder zuklappte.
    Münze sah ihn an und wölbte eine Braue.
»Du hast doch nicht etwa vor, die Universität zu schließen?« fragte der Zauberer entrüstet.
    »Wir brauchen sie nicht mehr«, erwiderte das Kind. »Hier gibt es nur Staub und alte Bücher. Solche Dinge haben wir inzwischen hinter uns. Stimmt das nicht… Brüder?«
    Die anderen Magier murmelten unsicher. Es fiel ihnen schwer, sich ein Leben ohne die Mauern der Unsichtbaren Universität vorzustellen. Andererseits, wenn sie genauer darüber nachdachten… Es mangelte tatsächlich nicht an Staub,

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