Der zehnte Richter
Nathan kannst du dich später kümmern. Jetzt sollten wir feiern. Schließlich haben wir einen großen Sieg errungen.«
»Aber ehrlich.« Ober zog Bens Schreibtischschubladen auf. »Ich muß einfach einen Job hier in diesem Laden bekommen. Heute ist der aufregendste Tag meines Lebens. Wo kann ich mir Bewerbungsformulare besorgen?«
»Die Messingpolierer haben eine eigene Gewerkschaft«, sagte Lisa trocken. »Ich glaube, um die wirst du nicht herumkommen.«
Ohne auf ihre Bemerkung zu achten, fragte Ober Eric: »Sag mal, wie war es eigentlich, den Doppelagenten zu spielen? Dein Leben zu riskieren, hinter jeder Ecke die Gefahr lauern zu sehen, und dich dennoch weiter vorzukämpfen, weil du wußtest, daß ... Moment mal«, unterbrach er sich unvermittelt, »was ist eigentlich mit dem ganzen Geld passiert, das du bekommen hast?«
»Es liegt auf irgendeiner Schweizer Bank und sollte an mich ausgezahlt werden, sobald das Urteil verkündet ist. Ich hab' gleich danach angerufen, hatte aber immer noch kein Verfügungsrecht über das Konto. Wir werden das Geld also nie zu Gesicht bekommen, schätze ich.«
»Ist dir eigentlich klar, was wir mit eineinhalb Millionen Dollar alles hätten machen können?« stöhnte Ober. »Wir hätten ein kleines Land aufkaufen können. Die Herren von Guam werden! Oder das größte belegte Baguette der Welt als Denkmal für die Sandwich-Götter errichten!«
»Verdammt«, bemerkte Eric sarkastisch, »an das Sandwich-Denkmal hab' ich einfach nicht gedacht. Aber vielleicht kann ich das Geld ja doch noch loseisen.« Er wandte sich an Ben. »Sag mal, ich wundere mich, daß du noch nichts von Rick gehört hast. Ich hätte gedacht, daß er bestimmt -«
»Er hat schon angerufen«, sagte Ben.
»Tatsächlich? Wann denn?«
»Ungefähr eine Minute, nachdem wir wieder hier oben waren. Er war total fertig.«
»Das hättest du hören sollen«, ergänzte Ober. »Ben hat ihn geradezu zerlegt! Wenn wir bloß ein Bildtelefon gehabt hätten, um seinen Gesichtsausdruck zu sehen.«
»Ich weiß nicht, ob es klug war, ihn so fertigzumachen.« Lisa setzte sich auf ihren Stuhl.
»Ehrlich gesagt«, stellte Ben fest, »ist mir das momentan scheißegal. Ich bin nur froh, daß ich mein Leben wieder habe.«
»Wie du meinst«, sagte Lisa. »Ich würde dir trotzdem raten, dir den Rücken freizuhalten. Rick wird nämlich nicht einfach so verschwinden.«
Eric sah auf seine Armbanduhr. »Ich will natürlich haarklein wissen, was du zu ihm gesagt hast, aber jetzt muß ich wirklich wieder in die Redaktion. Machen wir später weiter?«
»Klar«, sagte Ben grinsend. »Aber glaub bloß nicht, daß ich nicht mehr sauer wegen des Artikels bin, nur weil du mir jetzt aus dem Dreck geholfen hast.«
»Ja, ja, das wirst du mir nie verzeihen.« Eric ging zur Tür. »Nicht, daß ich's nicht schon tausendmal gehört hätte.«
»Moment mal«, sagte Ober zu Eric. »Bist du mit dem Auto gekommen?«
»Ja, warum?«
»Weil du mich dann am Büro abliefern mußt.« Ober griff nach seinem Mantel und folgte Eric zur Tür. »Übrigens, Ben, vielen Dank, daß ich dich heute besuchen durfte. Es war nicht so aufregend, wie du gesagt hast, aber trotzdem gar nicht übel.«
»Bis später dann«, rief Ben.
Als sich die Tür hinter den beiden geschlossen hatte, sah Lisa ihren Kollegen an. »Na, wie fühlst du dich? Wieder obenauf, was?«
»Ich fühle mich unbeschreiblich!« Ben schlug auf seinen Tisch. »Du hättest Rick am Telefon hören sollen. Er war derart am Boden ...«
»Ich bin immer noch der Meinung, du hättest ihn nicht so -«
»Lisa, ich will's einfach nicht hören. Schließlich will ich mir meine gute Stimmung nicht verderben lassen. Ich fühle mich riesig. Ich fühle mich allmächtig. Ich fühle mich, als könnte ich eine kleine Armee von Rebellen auf der Suche nach dem perfekten Grillplatz anführen.«
»Der kleine Ego-Zuwachs steht dir, daß muß ich schon zugeben. So selig hab' ich dich nicht mehr gesehen, seit ich dir erlaubt hab', mich ins Bett zu zerren.«
»Komisch«, erwiderte Ben, »denn soweit ich mich erinnere, warst du diejenige, die gezerrt hat. Oder war's vielleicht ein Betteln?«
»Richtig, ich hab' ja ganz vergessen, daß dein Hauptfach im College die Geschichte des Revisionismus war. Daran hätte ich natürlich denken sollen.«
»Glaub mir, die Fakten haben sich nicht verändert.« Ben schlenderte zum Sofa. »Du warst diejenige, die darum gebettelt hat. Da gibt's sogar noch ein Zitat, an das ich mich
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