Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der zehnte Richter

Der zehnte Richter

Titel: Der zehnte Richter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brad Meltzer
Vom Netzwerk:
warum du so erstaunt darüber bist. Das hat er doch schon angekündigt, als er aus Boston zurückgekommen ist.«
    »Ich weiß schon«, sagte Ben. »Aber ich dachte, er würde es sich anders überlegen. Ich hab' mir vorgestellt -«
    »Was hast du dir vorgestellt?« unterbrach Lisa ihn. »Daß er vergißt, daß Ober tot ist? Daß er dir verzeiht, obwohl er wegen dir fast umgebracht worden wäre? Daß er irgendwann zurückblickt und über die ganze Sache lacht? Das war eine Riesengeschichte, Ben. Seit zwei Wochen wird in den Nachrichten darüber berichtet. Das ist nicht etwas, das einfach so verschwindet.«
    »Trotzdem darf ich ja wohl betroffen sein, wenn er auszieht. Er ist einer meiner besten Freunde, und er redet nicht einmal mehr mit mir.«
    »Betroffen solltest du auch sein«, sagte Lisa. »Aber du solltest ihm auch ein wenig Raum geben. Wenn ihr so eng befreundet seid, wird er vielleicht irgendwann wieder auf dich zukommen.«
    »Ich weiß nicht«, meinte Ben. »Ich glaube wirklich, daß ich ihn verloren habe.«
    »Das ist eben das Problem mit konkurrenzgeprägten Freundschaften - sie zerbrechen beim leisesten Aufprall.«
    »Der Aufprall war ja nicht gerade leise. Es war eher, wie von einem Güterzug überrollt zu werden.«
    »Jedenfalls wird es lange dauern, bis sich alles beruhigt hat«, sagte Lisa. »Und wie verhält sich Eric? Ergreift er Partei?«
    »Es ist ihm völlig schnuppe«, sagte Ben. »Du hast ja gesehen, was mit ihm passiert ist. Er ist im siebten Himmel. Nach Meinung seines Chefs hat er die Sache ja ans Tageslicht gebracht.«
    »Bist du noch immer wütend auf ihn, weil er dich zitiert hat?«
    »Natürlich paßt es mir nicht, daß er unser privates Gespräch verbraten hat, aber was soll ich machen? Außerdem, wenn Eric dem ersten Artikel nicht eine gewisse Richtung gegeben hätte, weiß ich gar nicht, ob alles sich so gut entwickelt hätte. Er war ja der erste, der mich den König des Gerichtshofs genannt hat.«
    »Der König des Gerichtshofs«, wiederholte Lisa erschauernd. »Ist das nicht das Dümmste, was du je gehört hast?«
    »Es stellt mich in ein edles und ehrenwertes Licht.« Ben wölbte seine Brust vor.
    »Es klingt eher, als seist du ein überdrehter Basketball-Star.«
    »Du kannst mich gern verspotten, aber dieser schmalzige Titel hat mir sehr genützt. Die Medien lieben ihn.«
    »Wie Ihr meint, Euer Hoheit.« Grinsend fragte Ben: »Wie läuft's am Gerichtshof?«
    »Wunderbar«, antwortete Lisa. »Nicht anders als vorher. Der neue Kollege ist das letzte. Er ist ungefähr so aufregend wie Sägemehl.«
    »So schlimm kann er doch nicht sein.«
    »Glaub mir, er ist so schlimm. Letzte Woche hab' ich ihm aus der Cafeteria einen Bagel mit Sesamstreusel mitgebracht, und er hat gemeint, er könnte ihn nicht essen, weil er eine Lücke hinten zwischen den Zähnen hat. Die Samen könnten sich darin festsetzen, sagte er.«
    »Kaum zu glauben. Und du hast ihm nicht augenblicklich in den Hintern getreten?«
    »Ehrlich, Ben. Versuch doch du mal, den Tag mit jemand zu verbringen, der allergisch gegen Käse ist. Der Typ ist ein Versager.«
    »Ist er intelligent?«
    »Akademisch gesehen, ja. Da ist er brillant. Aber in der realen Welt kann er nicht funktionieren. Selbst wenn ein kühner Gedanke sich in seinem Gebiß verfangen sollte, würde er ihn nicht erkennen.«
    »Wenn er so farblos ist, wieso hat Hollis ihn dann ausgesucht?«
    »Ich glaube, gerade deswegen. Nach dir konnten sie nicht noch so eine dynamische Persönlichkeit gebrauchen. Sie brauchten jemand Sicheren. Jemand, der allergisch gegen Käse ist.«
    »Na, wenigstens hat er den Job«, sagte Ben.
    »Jetzt hör mal auf. Wen interessiert denn dieser Job?«
    »Mich.« »Dir sollte das am wenigsten ausmachen. Der einzige Grund, warum du da gearbeitet hast, war der, um an die Stelle zu kommen, die du jetzt hast. Jeder von uns wünscht sich, in deinen Schuhen zu stecken. Die ganze Stadt spricht von dir, ganz zu schweigen von sämtlichen Juristen. Wayne and Portnoy haben dir weitere Zehntausend angeboten, obwohl du ihrem obersten Anwerber gesagt hast, er soll dir den Buckel runterrutschen. Jeder verdammte Anwalt in Amerika wünscht sich, den Durchblick von Ben Addison zu haben. Was am Gerichtshof kannst du da noch vermissen?«
    »Die Zusammenarbeit mit dir«, stellte Ben sachlich fest.
    Überrascht fragte Lisa: »Vermißt du mich wirklich?«
    »Natürlich vermisse ich dich«, erwiderte Ben. »Ich vermisse dich. Ich vermisse Ober. Ich vermisse seine

Weitere Kostenlose Bücher