Der zehnte Richter
seine Sachen gepackt und ist abgefahren.«
»War er noch immer wütend?«
»Ich würde ihn nicht anrufen, bevor wir nach Boston kommen. Er ist ziemlich außer sich.«
»Ich verstehe.« Ben zog ein Fläschchen aus seiner Hosentasche und las die Gebrauchsanweisung seines Schmerzmittels. Er ließ noch etwas Wasser einlaufen und nahm eine der winzigen rosa Tabletten.
»Jetzt erzähl mir endlich, was passiert ist«, forderte Eric. »Ich hab' gerade was darüber in den Nachrichten gesehen.«
»Toll«, sagte Ben sarkastisch. »Hat man meinen Namen erwähnt?«
»Nein. Es war bloß ein kurzer Bericht. Es hieß, jemand namens ...«
»Mark Wexler«, ergänzte Ben, weil Eric Mühe hatte, sich an den Namen zu erinnern.
»Genau, Mark Wexler«, wiederholte Eric. »Er ist wegen Insider-Trading unter Verwendung vertraulichen, vom Obersten Gerichtshof stammenden Materials verhaftet worden. Viel wußte man allerdings nicht, deshalb war ich nicht sicher -«
»Mark Wexler ist Ricks richtiger Name.« Ben ging ins Wohnzimmer, um sich auf die große Couch zu legen. »Offenbar hat er in Seattle früher in einer hochkarätigen Kanzlei gearbeitet, die komplizierte rechtliche Aufträge für CMI und Charles Maxwell abwickelte. Vor ungefähr einem Jahr hat man ihn aus ethischen Gründen gefeuert - aufgrund der Vermutung, daß er in Verbindung mit einem seiner Fälle Aktien gekauft hatte.«
»Also ist er bereits vorbestraft.« Eric setzte sich auf das kleine Sofa.
»Nein, er hatte eine weiße Weste. Die Kanzlei konnte ihm nie etwas beweisen. Was er auch tat, er hat verstanden, es geheimzuhalten. Aber obwohl keine Beweise beizubringen waren, hat die Kanzlei ihn aufgefordert, zu kündigen. Danach ist er offenbar nach New York gezogen und hat seither dort gewohnt. Wenn er was hier in Washington zu tun hatte, brauchte er bloß in den Shuttle steigen.«
»Erstaunlich«, sagte Eric.
»Ich will jetzt wirklich nicht mehr über ihn reden«, sagte Ben. »Er war schon den ganzen Nachmittag das Gesprächsthema.«
»Dann sag mir wenigstens, was mit Hollis war.«
»Da gibt's nicht viel zu sagen. Da die ganze Sache publik gemacht werden muß, konnten sie nicht einfach darüber hinweggehen. Und wenn man mich behalten hätte, hätte das ein schlechtes Licht auf den Gerichtshof geworfen. Schließlich hab' ich den Ehrenkodex verletzt. Wenn man mich nicht aufgefordert hätte, zu kündigen, hätte den niemand mehr ernst genommen.«
»Immerhin hat man dich nicht gefeuert«, argumentierte Eric. »Man hat dich nur gebeten, zu kündigen.«
»Das macht keinen Unterschied.«
»War Hollis wenigstens nett zu dir?«
»Er hätte nicht netter sein können. Er hat mir gesagt, wie sehr er meine Arbeit für ihn schätzte, und daß wir hoffentlich in Kontakt bleiben. Er will mir eine Empfehlung für meine nächste Stelle schreiben. Er hat sogar behauptet, es habe ihn beeindruckt, wie wir Rick dingfest gemacht haben. All das hat seine Entscheidung aber nicht beeinflußt.«
»Was geschieht mit Lisa?«
»Gar nichts. Ich habe dafür gesorgt, sie aus dem Ganzen rauszuhalten. Wie die Dinge stehen, ist sie die Kollegin, die den Plan entwickelte und die mir half, die schwere Zeit durchzustehen. Mit meiner ersten Indiskretion hatte sie nichts zu tun.« Ben legte seinen Arm auf ein Sofakissen und fragte sich, wie lang es dauern würde, bis das Schmerzmittel endlich wirkte.
»Und was hat Osterman gesagt?« fragte Eric.
»Er war widerwärtig wie immer. Er hat mir einen großen Vortrag über die Ziele und Ideale des Gerichtshofs gehalten, die nie in Frage gestellt werden dürften. Ich hatte wirklich das Bedürfnis, die Hand auszustrecken und seine erbärmliche Frisur zu verwüsten. Mir ist ohnehin nicht klar, wieso man mich zu ihm geschleppt hat. Hollis hatte mich ja schon rausgeworfen. «
»Das mit seinen Haaren hättest du wirklich bringen sollen. Was hätte er dir schon antun können? Dich noch mal rauswerfen?«
»Kann sein«, sagte Ben zerstreut.
»Eine letzte Frage?« Eric konnte seinen Reporterinstinkt einfach nicht abschütteln. »Wie hat Burke Rick davon überzeugt, er sei Claremont?«
»Nach der Grinnell-Sache war Lisa und mir klar, daß Rick versuchen würde, sich sein Geld zurückzuholen. Also haben wir sämtliche anstehenden Fälle überprüft, mit denen man viel Geld machen konnte.«
»Wie viele waren das?« fragte Eric fasziniert.
»Nur vier, bei denen es wirklich um viel ging.«
»Und wie hat Burke Rick gefunden?«
»Er hat ihn nicht gefunden«,
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