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Der Zeichner der Finsternis

Der Zeichner der Finsternis

Titel: Der Zeichner der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilsa J. Bick
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Normalerweise gab es Cornflakes. Schoko Smacks mochte ich früher am liebsten, aber Tante Jean hatte gemeint, da wäre zu viel Zucker drin. Deshalb hatte ich keine mehr gegessen, seit ich zehn war. Jetzt hatte mir Onkel Hank tatsächlich welche gekauft. Als ich die Schüssel anschaute, bekam ich einen fetten Kloß im Hals und hätte am liebsten losgeheult.
    »Kein Wunder.« Onkel Hank schob mir die Milch hin. »Setz dich und iss was.«
    Ich verdrückte meine Schoko Smacks. Erst dachte ich, ich kriege die Dinger gar nicht runter, aber ich gab mir Mühe, weil ich Onkel Hank nicht kränken wollte. Das Zeug schmeckte eklig, mir wurde richtig übel. Aber ich aß alles bis zum letzten Krümel auf und trank sogar den Rest Milch aus, so wie früher.
    Onkel Hank räusperte sich. »Du sollst am Freitag vor dem Jugendrichter erscheinen.«
    »Morgen schon? Das ging aber schnell.« Ich leckte mir den Milchschnurrbart ab. Anscheinend machten die Behörden kurzen Prozess, wenn sie einen erst mal am Arsch hatten.
    »Stimmt.« Onkel Hank hatte beim Rasieren ein Fleckchen mit Stoppeln übersehen und an seinem Kinn klebte getrocknetes Blut. Seine Augen waren gerötet. »Wahrscheinlich ist es so am besten. Je eher du die Sache hinter dir hast, desto besser. Und deswegen haben wir heute noch einiges zu erledigen.« Er zählte auf: Anwalt, Sozialarbeiter, psychologische Tests.
    Als er fertig war, fragte ich: »Was möchtest du gern?«
    »Was meinst du?«
    »Möchtest du, dass ich weggehe?«
    Er sah ehrlich erschrocken aus. »Unsinn, Christian! Wie kommst du denn auf die Idee?«
    Meine Lippen zitterten. »Na, ich hab doch wieder mal alles vermasselt. Alle sind sauer auf mich und bestimmt nimmt mich jetzt keine Uni mehr an und …«
    »Hör auf.« Onkel Hank klang ganz heiser, als wäre er erkältet. Er legte mir die Hand auf den Arm. »Du hast nichts getan, was deinen weiteren Werdegang gefährdet, da kann ich dich beruhigen.«
    »Das kannst du gar nicht wissen. Mr Eisenmann …«
    »Ist jetzt stinkig und daran gewöhnt, seinen Kopf durchzusetzen, aber schließlich hast du ja nicht seine Fabrik abgefackelt. Es geht um eine Scheune, und zwar um eine baufällige. Du kommst vor ein Jugendgericht. Deine Akte bleibt unter Verschluss, die bekommt keine Uni zu sehen. In ein paar Jahren lässt du die ganze Sache und überhaupt diese Stadt hinter dir – und das ist in Ordnung, Christian. Ich lebe nun mal hier in Winter, aber das heißt nicht, dass du dein ganzes Leben hier verbringen musst.«
    Mir ging es gleich besser. Dann fiel mir etwas ein. »Was hast du gestern gemeint, als du zu Mr Eisenmann gesagt hast, man hätte diese unselige Scheune längst abreißen sollen?«
    »Ach, das …« Onkel Hank sah verlegen aus. »Na ja, vor vielen Jahren, ich war noch gar nicht auf der Welt, wurde in der Scheune jemand umgebracht. Das war im Herbst 1945, damals war noch dein Urgroßvater Jasper der Sheriff hier am Ort. Das Opfer war ein hier ansässiger Fabrikarbeiter. Der Mörder wurde nie gefasst. Aber jeder wusste, wer es war, weil er gleich hinterher untergetaucht ist. Ein anderer Arbeiter aus der Fabrik, ein Einwanderer. Hat seine Frau und seine beiden Kinder zurückgelassen.«
    »Und er wurde nie geschnappt?«
    »Damals war zu viel anderes los. Der Brand zum Beispiel, von dem ich dir schon erzählt habe, bei dem dein Urgroßvater umgekommen ist – und mit ihm etliche Gewerkschafter und nicht organisierte Arbeiter. Das war nur eine Woche danach. Und dann … wahrscheinlich hatten die Leute andere Sorgen. Der Fall gilt zwar immer noch als ungelöst,aber …« Er zuckte die Achseln. »Die Sache wurde zu den Akten gelegt. Der Mörder lebt inzwischen sowieso nicht mehr, schätze ich.«
    »Was fängt Mr Eisenmann eigentlich mit der alten Scheune an?«
    »Nichts, aber Mr Eisenmanns Lieblingswort ist ›Haben‹. Nach dem Mordfall konnte der damalige Eigentümer – ich glaube, er hieß Anderson – die Felder nicht mehr bewirtschaften. Im Krieg waren Arbeitskräfte knapp, das galt sowohl für die Landwirtschaft als auch für die Fabrik. Und nach dem Mord behaupteten die Leute, dass es dort spuken würde. Damals hat sogar jemand das Bauernhaus angezündet.«
    »Echt? Aber wieso hat derjenige das Haus angezündet und nicht die Scheune?«
    »Keine Ahnung, das war vor meiner Zeit. Als ich noch klein war, sind wir an Halloween immer hingegangen und haben uns fürchterlich gegruselt. Natürlich ist nie etwas passiert.«
    Mein Mund war ganz klebrig, und ich holte

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