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Der Zeitdieb

Der Zeitdieb

Titel: Der Zeitdieb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Die letzten beiden Gedanken schienen nicht von ihm zu stammen.
    »Was hast du gesagt?«
    »Dort droht unsicherer Tod.«
    »Ist das schlimmer als sicherer Tod?«
    »Viel schlimmer. Ich zeig’s dir.« Susanne griff nach einem Hammer, der auf dem Boden lag, und schob ihn langsam der Uhr entgegen. Er vibrierte, während er ihr näher kam, und die junge Frau fluchte leise, als ihr der Hammer plötzlich aus der Hand gezogen wurde und verschwand.
    Unmittelbar vor dem Verschwinden sah Lobsang einen sich schließenden Ring, der die Uhr umgab und gewisse Ähnlichkeit mit einem Hammer hatte, der ganz flach gepresst und zu einem Kreis gebogen war.
    »Hast du eine Ahnung, warum das passiert ist?«, fragte Susanne.
    »Nein.«
    »Ich auch nicht. Stell dir vor, dir erginge es so wie dem Hammer. Unsicherer Tod, verstehst du?«
    Lobsang sah zu den beiden erstarrten Personen. Eine war mittelgroß und verfügte über alle notwendigen Gliedmaßen, um als ein Exemplar der Spezies Mensch definiert zu werden, was man zu ihren Gunsten auslegen sollte. Sie blickte zur Uhr. Ebenso die zweite Person: ein Mann in mittleren Jahren, der recht verwirrt wirkte, in der einen Hand eine Tasse Tee und in der anderen einen Keks hielt, soweit Lobsang das erkennen konnte.
    »Derjenige, der einen Schönheitswettbewerb nicht einmal als einziger Teilnehmer gewinnen würde, ist ein Igor«, sagte Susanne. »Der andere ist Dr. Hopkins von der hiesigen Uhrmachergilde.«
    »Also wissen wir endlich, wer die Uhr konstruiert hat«, meinte Lobsang.
    »Das glaube ich nicht. Hopkins’ Werkstatt befindet sich einige Straßen entfernt, und er stellt besondere Uhren für sehr besondere Kunden her. Das ist seine Spezialität.«
    »Dann… hat der Igor die Uhr gebaut?«
    »Meine Güte, nein! Igors sind Diener. Sie arbeiten nie für sich selbst.«
    »Du scheinst eine ganze Menge zu wissen«, sagte Lobsang, als Susanne um die Uhr herumging wie ein Ringer, der nach einem Ansatzpunkt suchte.
    »Ja«, bestätigte sie, ohne den Kopf zu drehen. »Ich weiß tatsächlich viel. Die erste Uhr dieser Art ging kaputt. Diese ist stabil. Sie wurde von einem Genie entwickelt.«
    »Von einem bösen Genie?«
    »Schwer zu sagen. Ich entdecke keine Hinweise.«
    »Was für Hinweise?«
    »Wenn an einer Seite ›Hahaha‹ geschrieben stünde – das wäre ein guter Hinweis«, erwiderte Susanne und rollte mit den Augen.
    »Ich bin eine Last für dich, nicht wahr?«, fragte Lobsang.
    »Nein, ganz und gar nicht.« Susanne richtete ihre Aufmerksamkeit auf die Werkbank. »Ansonsten scheint es hier nichts zu geben. Vielleicht hat er eine Art Schaltuhr verwendet, einen Wecker zum Beispiel…«
    Sie unterbrach sich und griff nach einem Gummischlauch, der neben den Gläsern zusammengerollt an einem Haken hing. Sie betrachtete ihn einige Sekunden, warf ihn dann in eine Ecke und starrte so darauf hinab, als hätte sie nie zuvor einen Schlauch gesehen.
    »Sei ganz still«, sagte sie leise. »Sie haben einige sehr scharfe Sinne. Weiche zu den großen Glasfässern hinter dir zurück und versuch, möglichst unauffällig zu sein. Jetzt sofort .«
    Das letzte Wort hatte einen sonderbaren Klang, und Lobsang spürte, wie sich seine Beine fast von ganz allein in Bewegung setzten.
    Die Tür bewegte sich, und ein Mann kam herein.
    Später wurde dem Novizen klar, wieso das Gesicht des Mannes so seltsam gewirkt hatte: Man konnte es sich kaum merken. Es war ein Gesicht, dem es vollkommen an besonderen Merkmalen fehlte. Es gab eine Nase, einen Mund und zwei Augen, und alles verdiente die Bezeichnung makellos, aber irgendwie ergab es kein Gesicht. Es waren Einzelteile, die kein einheitliches Ganzes bildeten. Wenn sie überhaupt zu etwas wurden, dann zum Gesicht einer Statue, das zwar gut aussah, aber ohne Leben blieb.
    So langsam wie jemand, der an seine Muskeln denken musste, drehte sich der Mann um und sah Lobsang an.
    Der Novize bereitete sich instinktiv darauf vor, die Zeit zu schneiden. Der Zauderer auf seinem Rücken ächzte eine Warnung.
    »Ich glaube, das reicht«, sagte Susanne und trat vor. Sie riss den Mann herum und rammte ihm den Ellenbogen in die Magengrube. Eine halbe Sekunde später traf ihn eine flache Hand mit solcher Wucht unterm Kinn, dass er den Boden unter den Füßen verlor und an die Wand prallte.
    Als er fiel, schmetterte ihm Susanne einen Schraubenschlüssel auf den Kopf.
    »Jetzt können wir gehen«, sagte sie, als hätte sie nur einige unordentlich herumliegende Papiere geordnet. »Hier gibt es

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