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Der Zeitdieb

Der Zeitdieb

Titel: Der Zeitdieb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Schmerz empfunden. Und sie wollten nie wieder Schmerz empfinden, nicht einmal in Milliarden von Jahren. Wer den Schmerz kennen gelernt hatte, legte keinen Wert darauf, ihm noch einmal zu begegnen.
    »In Ordnung«, sagte Herr Weiß. »Und jetzt kehrt zurück zu…«
    Ein Schokoladenei kam aus dem Nichts und zerplatzte auf dem Boden. Die Menge der Revisoren drängte nach vorn, aber Herr Weiß ließ die Axt einige Male hin und her schwingen.
    »Zurück! Zurück mit euch!«, heulte er. »Ihr Drei! Findet heraus, wer das geworfen hat! Es kam von dem Stand dort drüben! Niemand rührt das braune Material an!«
    Er bückte sich vorsichtig und griff nach einem großen Stück Schokolade, auf dem gelber Zuckerguss eine lächelnde Ente formte. Seine Hand zitterte und Schweiß perlte auf seiner Stirn, als er das Stück hochhob und es triumphierend den anderen Revisoren zeigte. Die Menge stieß einen kollektiven Seufzer aus.
    »Seht ihr?«, rief er. »Der Körper kann beherrscht werden! Seht ihr? Wir können eine Möglichkeit finden zu leben! Wenn ihr gehorcht, gibt es vielleicht braunes Material für euch! Wenn ihr ungehorsam seid, bekommt ihr die scharfe Schneide zu spüren! Ah…« Er ließ die Arme sinken, als man ihm eine zappelnde Unity brachte.
    »Der Wegbereiter«, sagte er. »Der Renegat…«
    Er näherte sich der Gefangenen. »Was soll es für dich sein?«, fragte er. »Die Axt oder das braune Material?«
    »Es heißt Schokolade«, erwiderte Unity scharf. »Und ich esse es nicht.«
    »Wir werden sehen«, sagte Herr Weiß. »Dein Begleiter hat die Axt vorgezogen!«
    Er deutete zum Leichnam von Lu-Tze.
    Besser gesagt: Er zeigte dorthin, wo Lu-Tze auf dem Kopfsteinpflaster gelegen hatte.
    Eine Hand klopfte ihm auf die Schulter.
    »Ich frage mich, warum die Regel Eins immer wieder missachtet wird«, erklang eine Stimme an seinem Ohr.
    Oben begann der Himmel blau zu brennen.
     
    Susanne sprintete über die Straße zum Laden mit der Uhr.
    Sie blickte kurz zur Seite und sah Lobsang neben ihr laufen. Er wirkte… menschlich, auch wenn nicht viele Menschen von einem blauen Glühen umgeben waren.
    »Graue Leute sind bei der Uhr!«, rief Lobsang.
    »Wollen sie herausfinden, was die Uhr ticken lässt?«
    »Ha! Ja!«
    »Was hast du vor?«
    »Ich werde die Uhr zerstören!«
    »Aber damit zerstörst du auch die Geschichte!«
    »Na und?«
    Er griff nach Susannes Hand, und sie spürte fast so etwas wie einen elektrischen Schlag durch ihren Arm zucken.
    »Du brauchst die Tür nicht zu öffnen!«, sagte er. »Du brauchst nicht stehen zu bleiben! Lauf einfach weiter, bis zur Uhr!«
    »Aber…«
    »Sprich nicht mit mir! Ich muss mich erinnern!«
    »Erinnern? An was?«
    »An alles!«
     
    Herr Weiß hob bereits die Axt, als er sich umdrehte. Aber einem Körper kann man nicht trauen, weil er für sich selbst denkt. Wenn man ihn überrascht, zeigt er mehrere Reaktionen, noch bevor das Gehirn informiert wird.
    Zum Beispiel klappt der Mund auf.
    »Ah, gut«, sagte Lu-Tze und hob die gewölbte Hand. »Lass es dir schmecken!«
     
    Die Tür war so substanzlos wie Dunst. Es hielten sich tatsächlich Revisoren in der Werkstatt auf, aber wie ein Phantom glitt Susanne einfach durch sie hindurch.
    Die Uhr glühte. Und sie wich zurück, als Susanne versuchte, sie zu erreichen. Vor Tods Enkelin entrollte sich der Boden und schob sie zurück. Die Uhr wurde schneller, strebte einem fernen Ereignishorizont entgegen. Gleichzeitig wurde sie größer, verlor dabei aber an Substanz – die gleiche Menge an Uhr schien mehr Platz zu beanspruchen.
    Andere Dinge geschahen. Susanne blinzelte, nahm jedoch nicht das Flackern kurzer Dunkelheit wahr.
    »Ah«, sagte sie zu sich selbst, »ich sehe also nicht mit den Augen. Was sonst noch? Was passiert mit mir ? Meine Hand… sieht normal aus, aber bedeutet das auch, dass sie tatsächlich normal ist? Werde ich kleiner oder größer? Was…«
    »Bist du immer so?«, erklang Lobsangs Stimme.
    »Wie so ? Ich fühle deine Hand, und ich höre deine Stimme… Ich glaube zumindest, deine Stimme zu hören, aber vielleicht ertönt sie in meinem Kopf, und ich spüre nicht, dass ich laufe…«
    »So… analytisch .«
    »Natürlich. Was soll ich denn sonst denken? ›Potzblitz und Donnerwetter‹? Außerdem ist alles ziemlich klar. Die Dinge haben vor allem metaphorische Bedeutung. Meine Sinne erzählen mir eine Geschichte, weil sie von den wirklichen Ereignissen überfordert sind…«
    »Lass meine Hand nicht los.«
    »Keine Sorge,

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