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Der Zeitdieb

Der Zeitdieb

Titel: Der Zeitdieb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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wo sein Atem in der kalten Luft kondensierte. Blitzblanke Milchkannen waren auf dem Boden aufgereiht. Fässer mit Butter und Sahne standen in eisverkrusteten Regalen. Von Rauhreif überzogene Gestelle enthielten zahllose Eier. Er hatte geplant, im nächsten Sommer nicht nur Milch zu verkaufen, sondern auch Eis – das war der nächste logische Schritt in seinem Geschäft. Außerdem musste er irgendwie die Kälte verbrauchen.
    In der Mitte des Raums stand ein Ofen. Ronnie Soak besorgte sich immer gute Kohle von den Zwergen, und die Eisenplatten glühten rot. Eigentlich hätte es recht warm sein sollen, aber ein leises Brutzeln erklang dort über dem Ofen, wo die Kälte mit der Hitze rang. Solange das Feuer im Ofen brannte, war es im Raum nur eiskalt. Ohne den Ofen…
    Ronnie öffnete die Tür eines Schranks und zerschlug mit der Faust das Eis darin. Dann streckte er die Hand aus.
    Als sie wieder zum Vorschein kam, hielt sie ein Schwert, an dem blaue Flammen knisterten.
    Es war ein Kunstwerk. Es verfügte über imaginäre Geschwindigkeit, negative Energie und positive Kälte – eine so kalte Kälte, dass sie die Hitze von der anderen Seite her traf und etwas von ihrer Natur beanspruchte. Brennende Kälte. Vor dem Beginn des Universums hatte nichts so Kaltes existiert. Kaos gewann den Eindruck, dass seitdem alles nur lauwarm gewesen war.
    »Ich bin zurück«, sagte er.
    Der fünfte Reiter der Apokalypse ritt los, und ein schwacher Käsegeruch folgte ihm.
     
    Unity sah zu ihren beiden Begleitern und dem blauen Glühen, das noch immer über ihnen hing. Sie waren hinter einem Obstkarren in Deckung gegangen.
    »Wenn ich etwas vorschlagen darf…«, sagte sie. »Wir… äh, die Revisoren kommen nicht gut mit Überraschungen zurecht. Ihre erste Reaktion besteht immer in dem Versuch zu diskutieren. Und sie gehen immer davon aus, dass es einen Plan geben wird.«
    »Und?«, fragte Susanne.
    »Ich halte völligen Wahnsinn für angebracht. Du und der… junge Mann… Ihr solltet zum Laden laufen, und ich lenke die Revisoren ab. Dieser Alte kann mir helfen, da er ohnehin bald sterben wird.«
    Stille schloss sich an.
    »Ein akkurater Hinweis, der jedoch nicht unbedingt nötig war«, sagte Lu-Tze.
    »Habe ich gegen die Etikette verstoßen?«, fragte Unity.
    »Du hättest etwas rücksichtsvoller sein können. Aber steht nicht geschrieben ›Wenn du gehen musst, so musst du gehen‹? Und auch ›Man sollte immer saubere Unterwäsche tragen, denn es könnte passieren, dass man von einem Karren überfahren wird‹?«
    »Hilft das?«, erkundigte sich Unity verwirrt.
    »Das ist eins der großen Geheimnisse des Weges«, sagte Lu-Tze und nickte weise. »Welche Pralinen haben wir übrig?«
    »Wir sind inzwischen beim Nougat angelangt«, erwiderte Unity. »Und ich finde es schrecklich, Nougat mit Schokolade zu überziehen, sodass er einen völlig unerwartet angreift. Susanne?«
    Susanne blickte über die Straße. »Mhm?«
    »Hast du noch Pralinen übrig?«
    Susanne schüttelte den Kopf. »Mhm-mhm.«
    »Du hattest die mit der Kirschcreme.«
    »Mhm?«
    Susanne schluckte und brachte mit einem kurzen Hüsteln auf sehr prägnante Weise Verlegenheit und Ärger zum Ausdruck.
    »Ich habe mir nur eine genehmigt!«, schnappte sie. »Ich brauche den Zucker.«
    »Niemand hat behauptet, dass du mehr als eine gegessen hast«, sagte Unity.
    »Wir haben überhaupt nicht mitgezählt«, fügte Lu-Tze hinzu.
    »Wenn du ein Taschentuch hast…«, meinte Unity noch immer in diplomatischem Tonfall, »…dann könnte ich die Schokolade von deinem Mund abwischen. Bestimmt ist sie während der letzten Konfrontation mit den Revisoren dorthin gelangt.«
    Susanne warf ihr einen kurzen Blick zu und benutzte ihren Handrücken.
    »Es ging nur um den Zucker«, behauptete sie. »Um nichts anderes. Zucker ist Treibstoff. Und jetzt will ich nichts mehr davon hören! Wir können dich nicht einfach so sterben lassen…«
    Doch, das können wir, sagte Lobsang.
    »Warum?«, fragte Susanne schockiert.
    Weil ich alles gesehen habe.
    »Wie wär’s, wenn du uns anderen davon erzählst?«, sagte Susanne mit typischem Klassenzimmer-Sarkasmus.
    Du verstehst die Bedeutung von ›alles‹ falsch.
    Lu-Tze kramte in seinem Munitionsbeutel, holte zwei Schokoladeneier und eine Papiertüte hervor. Unity erblasste, als sie die Tüte sah.
    »Ich wusste nicht, dass wir auch davon welche hatten!«
    »Sie sind gut, nicht wahr?«
    »Mit Schokolade überzogene Kaffeebohnen«, hauchte Susanne. »Sie

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