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Der Zeitdieb

Der Zeitdieb

Titel: Der Zeitdieb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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hatten aber keinen Status. Sie erledigten alle langweiligen und schmutzigen Arbeiten. Man sah sie immer im…
    Hintergrund: Sie beschnitten die Kirschbäume, wischten den Boden,
    reinigten die Karpfenteiche und fegten dauernd. Niemand von ihnen
    besaß einen Namen. Ein nachdenklicher Novize wäre vermutlich zu dem
    Schluss gelangt, dass die Kehrer Namen haben mussten, damit sie von anderen Kehrern unterschieden werden konnten, aber zumindest auf
    dem Tempelgelände gab es für sie keine Namen, nur Anweisungen.
    Niemand wusste, welchen Ort sie in der Nacht aufsuchten. Es waren
    einfach nur Kehrer. Aber auch Lu-Tze fegte.
    Eines Tages traten drei ältere Novizen, die Unfug im Kopf hatten, den kleinen Schrein um, der neben Lu-Tzes Schlafmatte stand.
    Am nächsten Morgen erschienen die Kehrer nicht zur Arbeit. Sie
    blieben in ihren Hütten, hinter verriegelten Türen. Der Abt - damals war er wieder fünfzig Jahre alt gewesen – stellte einige Nachforschungen an und rief die drei Novizen zu sich. Drei Besen lehnten an der Wand. Und der Abt sprach:
    »Wisst ihr, dass die schreckliche Schlacht der fünf Städte nicht
    stattfand, weil der Kurier rechtzeitig eintraf?«
    Das wussten sie. Sie hatten zu Beginn ihrer Ausbildung davon
    erfahren. Und sie verbeugten sich nervös, denn immerhin sprach der Abt zu ihnen.
    »Und wisst ihr auch, dass das Pferd des Kuriers unterwegs ein
    Hufeisen verlor und der Reiter plötzlich einen Mann sah, der mit einer tragbaren Esse neben der Straße ging und eine Schubkarre mit einem
    Amboss schob?«
    Sie wussten es.
    »Und wisst ihr, dass dieser Mann Lu-Tze hieß?«
    Sie wussten es.
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    »Wisst ihr auch, dass Janda Trapp, Großmeister des Okidoki, Toro-fu und Chang-fu nur einem Mann unterlag?«
    Sie wussten es.
    »Und wisst ihr, dass dieser Mann Lu-Tze hieß?«
    Sie wussten es.
    »Erinnert ihr euch an den Schrein, den ihr gestern Abend umgestoßen
    habt?«
    Sie erinnerten sich daran.
    »Und wisst ihr, dass er einen Eigentümer hat?«
    Stille folgte. Der Klügste der drei Novizen sah den Abt entsetzt an, schluckte, nahm einen der drei Besen und verließ das Zimmer.
    Die anderen beiden waren schwerer von Begriff und mussten auch den
    Rest der Geschichte hören, bis sie verstanden.
    Dann sagte einer von ihnen: »Aber es war doch nur der Schrein eines
    Kehrers!«
    »Nehmt die Besen und fegt«, befahl der Abt. »Von jetzt an werdet ihr jeden Tag fegen, bis ihr Lu-Tze findet und ihm zu sagen wagt: ›Kehrer, ich war es, der deinen Schrein umstieß, und jetzt werde ich dir voller Demut zum Dojo des Zehnten Djim folgen, um den Richtigen Weg zu lernen.‹ Erst danach dürft ihr hier eure Studien fortsetzen – wenn ihr es dann noch könnt. Verstanden?«*

    * Und die Geschichte ging so weiter: Der Novize, der gesagt hatte, es sei doch nur der Schrein eines Kehrers gewesen, lief fort vom Tempel. Der andere Schüler, der geschwiegen hatte, blieb für den Rest seines Lebens ein Kehrer. Der Novize, der den Ausgang der Geschichte geahnt hatte, verbrachte einige Monate damit, sorgfältig zu fegen und zu leiden. Schließlich trat er Lu-Tze gegenüber und bat ihn, dass er ihm den Richtigen Weg zeigte. Woraufhin der Kehrer ihn zum Dojo des Zehnten Djim führte, wo es schreckliche, mit vielen Klingen ausgestattete Kampfmaschinen und grässliche Waffen mit Sägemessern gab, zum Beispiel das Klong-klong und das Uppsi. Dort öffnete der Kehrer einen Schrank an der Rückwand, holte einen Besen hervor und sprach: »Die eine Hand hier und die andere hier, verstanden? Die Leute machen es nie richtig. Fege gleichmäßig und überlass dem Besen den größten Teil der Arbeit. Versuche nie, einen großen Haufen zusammenzufegen, denn das bedeutet, jedes Staubkorn zweimal zu 80

    Ältere Mönche beklagten sich manchmal, aber es gab immer jemanden,
    der auf Folgendes hinwies: »Denkt daran, dass Lu-Tzes Weg nicht unser Weg ist. Denkt daran, dass er alles lernte, während er unbeachtet fegte und hier Schüler unterrichtet wurden. Denkt daran, dass er überall
    gewesen ist und viele Dinge vollbracht hat. Er mag ein wenig… seltsam sein, aber denkt daran: Einst betrat er eine Zitadelle voller bewaffneter Männer und Fallen, aber trotzdem erstickte der Pascha von Muntab an
    einer Gräte. Kein Mönch versteht es besser als Lu-Tze, die Zeit und den Ort zu finden.«
    Und jemand, der es nicht besser wusste, fragte vielleicht: »Welcher
    Weg verleiht ihm solche Macht?«
    Und die Antwort lautete: »Es ist der Weg von Frau

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