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Der Zeitdieb

Der Zeitdieb

Titel: Der Zeitdieb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Nun, es war allgemein bekannt,
    dass Kinder über eine lebhafte Fantasie verfügten.
    Trotzdem gab es da diesen Aufsatz von Richenda Higgs. Madame
    Frout suchte nach ihrer Brille – sie trug sie an einer Schnur um den Hals, weil sie zu eitel war, sie die ganze Zeit auf der Nase zu haben –, setzte sie auf und las:

    »Ein Mann aus Knochen kam zu uns er war gar nicht
    gruhselig und hatte ein großes weißes Ferd. Wir haben das Ferd
    gestreichelt. Er hatte eine Sennse. Er erzählte uns interessante Dinge und meinte wir sollen vorsichtig sein wenn wir über die
    Straße gehen.«

    Madame Frout reichte das Blatt Fräulein Susanne, die es ernst
    betrachtete. Sie korrigierte einige Wörter und gab das Blatt zurück.
    »Nun?«, fragte Madame Frout.
    »Ich fürchte, mit den Satzzeichen kommt sie noch nicht gut zurecht.
    Und die Rechtschreibfehler fallen in diesem Stadium noch nicht sehr ins Gewicht.«
    »Wer… Was hat es mit dem großen weißen Pferd im Klassenzimmer
    auf sich?«, brachte Madame Frout hervor.
    Fräulein Susanne musterte sie mitleidig. »Madame, wie könnte ein Pferd 74

    ins Klassenzimmer gelangen? Es müsste zwei Treppen emporklettern.«
    Diesmal wollte sich Madame Frout nicht geschlagen geben. Sie hob
    einen zweiten Aufsatz.

    »Heute hat Herr Schlampf zu uns gesprochen, er ist ein
    Schwarzer Mann aber ein guter. Er hat uns gesagt wie man die
    andere Art behandelt. Man kann sich die Decke über den Kopf
    ziehen aber besser ist es, wenn man sie dem Schwarzen Mann
    über den Kopf zieht denn dann denkt er das er gar nicht
    eksistiert und dann verschwindet er. Er erzählte uns
    Geschichten darüber wie er Leuten aufgelauert hat, und er
    meinte da Fräulein Susanne unsere Lehrerin ist glaubt er nicht
    das sich böse Schwarze Männer bei uns daheim ferbergen, denn
    kein böser Schwarzer Mann möchte von Fräulein Susanne
    gefunden werden.«

    »Schwarze Männer, Susanne?«, fragte Madame Frout.
    »Kinder haben erstaunlich viel Vorstellungskraft«, sagte Fräulein
    Susanne, ohne die Miene zu verziehen.
    »Machst du kleine Kinder mit dem Okkulten vertraut?«, fragte Madame
    Frout argwöhnisch. Sie wusste, dass sich daraus Probleme mit den Eltern ergeben konnten.
    »O ja.«
    »Was? Warum?«
    »Damit es später kein Schock wird«, erwiderte Fräulein Susanne ruhig.
    »Aber Frau Robertson hat mir gesagt, ihre Emma ginge durchs Haus
    und suchte in den Schränken nach Ungeheuern! Und bisher hatte sie
    immer Angst vor ihnen!«
    »Hatte sie einen Knüppel?«, fragte Susanne.
    »Sie nahm das Schwert ihres Vaters!«
    »Gut.«
    »Hör mal, Susanne… Ich glaube, ich weiß, worum es dir geht«, sagte
    Madame Frout, die es eigentlich nicht wusste. »Aber Eltern verstehen so 75

    etwas nicht.«
    »Ja«, entgegnete Fräulein Susanne. »Manchmal denke ich, dass Eltern
    eine richtige Prüfung bestehen müssten, bevor man ihnen erlauben kann, Eltern zu werden. Ich meine, nicht nur den praktischen Teil.«
    »Trotzdem müssen wir ihre Meinungen respektieren«, sagte Madame
    Frout, aber es fehlte ihren Worten an Nachdruck, da ihr gelegentlich ähnliche Gedanken durch den Kopf gingen.
    Und dann die Sache mit dem Elternabend. Madame Frout war zu
    angespannt gewesen, um darauf zu achten, was ihre neueste Lehrerin
    machte. Sie sah nur, dass Susanne dasaß und ruhig mit Paaren sprach, bis Jasons Mutter nach einem Stuhl griff und Jasons Vater damit aus dem
    Zimmer jagte. Am nächsten Tag traf von Jasons Mutter ein großer
    Blumenstrauß für Susanne ein, und von Jasons Vater bekam sie einen
    noch größeren.
    Andere Paare wirkten nach dem Gespräch mit Susanne beunruhigt
    oder von Sorgen gequält. Und als beim nächsten Mal das Schulgeld fällig wurde, stellte Madame Frout erstaunt fest, dass die Eltern bereitwillig zahlten.
    Und so geschah es wieder: Madame Frout, die ständig an Dinge wie
    Ruf, Kosten und Gebühren denken musste, hörte manchmal die leise
    Stimme von Fräulein Frout, die eine gute, wenn auch schüchterne
    Lehrerin gewesen war, und diese Stimme freute sich über Susanne.
    Jetzt wirkte Susanne besorgt. »Bist du mit meiner Arbeit nicht
    zufrieden, Madame?«
    Madame Frout wusste nicht, wie sie auf diese Frage antworten sollte.
    Sie war tatsächlich nicht zufrieden, aber aus den falschen Gründen. Und ihr wurde allmählich klar, dass sie es nicht wagte, Fräulein Susanne den Laufpass zu geben oder gar zuzulassen, dass sie von selbst ging. Wenn sie eine Schule gründete und sich die Sache herumsprach, so würde »Lernen

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